Hochbegabung bei Kindern erkennen und fördern

Katharina Looks

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Kinder mit einem IQ ab 130 gelten als hochbegabt. Das trifft auf nur 2 Prozent der Bevölkerung zu. Sie sollten besonders gefördert werden. Doch wie erkennen Eltern, ob ihr Kind hochbegabt ist? Wir geben Antworten und Tipps.

Ein Gastbeitrag von Sabine Wedemeyer, Karg-Stiftung.

Hochbegabung erkennen – Anzeichen und Merkmale

Merkmale und Fähigkeiten, die eng mit der Intelligenz zusammenhängen, können durchaus Hinweise auf eine vorliegende Hochbegabung bei Kindern sein. Diese Anzeichen sind zum Beispiel:

  • eine besonders ausgeprägte Merkfähigkeit und ein herausragend gutes Gedächtnis;
  • die Fähigkeit, komplexe Probleme schnell und gut zu lösen sowie Dinge zu ordnen und eine Struktur zu schaffen;
  • ein für das Alter ungewöhnlicher Wortschatz und ein besonders gutes sprachliches Ausdrucksvermögen sowie eine frühe, weitgehend selbstgesteuerte Aneignung von Fertigkeiten im Lesen, Schreiben und Rechnen auf einem altersuntypisch hohen Niveau.

Die genannten Merkmale können ein Hinweis auf eine Hochbegabung sein und als Anlass für eine psychodiagnostische Überprüfung genommen werden. Jedoch bedeutet das Auftreten dieser Besonderheiten bei einem Kind noch nicht zwingend, dass es tatsächlich hochbegabt ist. Vielmehr kann in einem solchen Fall davon ausgegangen werden, dass die Wahrscheinlichkeit für eine Hochbegabung erhöht ist. Eine verlässliche Diagnose können dann Intelligenztests liefern.

Mehr Informationen zu Merkmalen und Anzeichen von Hochbegabung finden Sie hier:

Hochbegabung Test: Wie und wo kann ich mein Kind testen lassen?

Sowohl auf Internetplattformen als auch in Ratgeberbüchern stehen „Checklisten“ zur Verfügung, anhand derer man ein hochbegabtes Kind erkennen können soll. Diese Checklisten liefern jedoch keine verlässliche oder gültige Information über die intellektuelle Begabung eines Kindes, sondern können allenfalls dabei helfen, auf Besonderheiten im Verhalten und Denken eines Kindes aufmerksam zu werden.

Eine Begabungsdiagnose kann aus folgenden Gründen anhand der Checklisten-Merkmale nicht vorgenommen werden: Zum einen sind die Merkmale nicht spezifisch genug (auch viele nicht hochbegabte Kinder zeigen einzelne oder mehrere dieser Merkmale!). Zum anderen können die meisten der Merkmale im Alltag oder in der Schule nicht genau und zuverlässig genug beobachtet werden. Auch lassen die Merkmalsbeschreibungen offen, ab welchen Leistungen zum Beispiel die Merkfähigkeit oder der Wortschatz als hinreichend außergewöhnlich einzuschätzen sind.

Eltern sollten sich auch genau überlegen, warum sie einen Test durchführen lassen wollen. Zudem ist darauf zu achten, dass in der frühen Entwicklungsphase noch keine validen Ergebnisse ermittelt werden können, ab einem Alter von ca. 6 – 7 Jahren kann verlässlicher auf eine eventuell vorliegende Hochbegabung getestet werden.

Hier finden Sie geeignete Tests und Beratungsstellen für Hochbegabung:

Hochbegabung fördern – Tipps für Eltern 

Ist eine Hochbegabung festgestellt worden, sollte die Förderung an den Bedürfnissen des Kindes ausgerichtet sein und nicht per se gefördert werden. Dabei sollte das Kind in seiner gesamten Persönlichkeit, mit all seinen Schwächen und Stärken, betrachtet werden. So sollte eine Förderung trotz der Orientierung an den individuellen Fähigkeiten des Kindes ganzheitlich ausgerichtet sein und auch in Bereichen wie Sport, Musik und Kunst angeboten werden.

Für Anregungen und zur Interessensentwicklung ist die Beobachtung des Kindes eine wichtige Quelle. So können Impulse des Kindes aufgegriffen und es darin unterstützt werden, selbstständig Antworten auf seine Fragen zu finden – beispielsweise über Bücher, Zeitungen, das Internet oder Besuche von Museen. Das Kind lernt so, sich auch selbst Zugang zu Informationen zu beschaffen – eine wichtige Kompetenz für späteres selbstreguliertes Lernen. Pädagogen und Eltern sollten dem Kind ein aufmerksamer, herausfordernder Gesprächspartner sein, der dem Kind authentisches Interesse entgegenbringt, seine Perspektiven ernst nimmt und sensibel erweitert.

Das Ziel einer Förderung sollte also nicht primär Wissenserwerb sein, sondern die Freude an der intellektuellen Herausforderung und – gegebenenfalls – auch die Kompensation von Defiziten. Es geht sowohl um das Fördern der Stärken als auch den Abbau individueller Schwächen. Eine Hochbegabung ist auch nicht gleichzusetzen mit einer gelingenden Bildungsbiografie: Trotz hohem IQ kann die Schule eine Herausforderung darstellen, auch hier kann eine psychologische Beratung sinnvoll sein.  

Bildungsangebote für hochbegabte Kinder und Jugendliche werden von unterschiedlichen Institutionen angeboten: Verschiedene staatliche und freie Träger bieten beispielsweise Sommer- bzw. Ferienakademien oder Nachmittagskurse zu breit gefächerten Themengebieten an. Weiterhin haben verschiedene bundesweit aktive oder auch regionale Elterninitiativen häufig ein spezielles Kursangebot für besonders begabte Kinder und Jugendliche. Das Internet bietet auch ein breites Repertoire an außerschulischen Fördermöglichkeiten, wie zum Beispiel Informationen zu Wettbewerben, Chatrooms zum Austausch mit anderen besonders begabten Kindern und Jugendlichen oder Internetseiten mit Knobelaufgaben, an.

Mehr Informationen finden Sie hier:

Vorhandene Interessen aufgreifen

Wie bereits erwähnt, ist die Beobachtung des Kindes ein wichtiges Mittel, um Talente und Neigungen zu erkennen und zu fördern. So schaffen Sie es auch ein hochbegabtes Kind zu motivieren, denn Hochbegabung bedeutet noch lange nicht, dass jedes Thema enthusiastisch verfolgt wird. Elemente wie Gamification, also das einbringen von spielerischen Elementen in den Lernprozess,  können besonders am Anfang das Arbeiten mit dem Lernstoff so ansprechend gestalten, dass der Wissensdurst geweckt wird und irgendwann auch härtere Kost behandelt werden kann. Die scoyo Lernwelt vereint den Reiz des Spielens, digitale Medien und ansprechenden Schulstoff aus vielen Fächern. Vielleicht interessiert sich Ihr Kind schon jetzt für digitale Medien, so können sie das Interesse noch zusätzlich positiv unterstützen. Sie können die Lernwelt jetzt kostenlos testen:

Schule für Hochbegabte – worauf achten bei der Schulwahl?

Die Frage nach der idealen Schule stellt sich nicht nur Eltern von hochbegabten Kindern – die Antwort ist allerdings identisch. In der idealen Schule fühlt sich ihr Kind wohl und wird, gemessen an seinen individuellen Lernbedürfnissen, entsprechend gefördert.Es gibt Schulen mit Begabtenklassen und es gibt auch Schulen, die sich auf die Förderung Hochbegabter spezialisiert haben. Welche Schulform die richtige ist, müssen Eltern, vor allem aber das Kind selbst entscheiden. Daher spricht die Karg-Stiftung keine Schulempfehlung aus, da sie die individuelle Passung nicht abgleichen kann.

Die Basis schulischer Förderung ist eine innere Differenzierung des Unterrichts nach Arbeits- und Lernniveau der einzelnen Schüler. Allgemein werden schulische Fördermöglichkeiten für besonders begabte Kinder in beschleunigende (Akzeleration) und vertiefende (Enrichment) Maßnahmen unterteilt.Eine spezielle Form der Hochbegabtenförderung stellen Begabtenklassen an Gymnasien oder eigene Schulen für die Hochbegabtenförderung (zum Beispiel das Landesgymnasium St. Afra in Meißen oder das Landesgymnasium für Hochbegabte in Schwäbisch-Gmünd) dar.

Im Grundschulbereich erfolgt die Förderung besonders und hochbegabter Schüler überwiegend in integrierter Form, also im Rahmen des gemeinsamen Unterrichts für alle Kinder. Hierbei stellt eine binnendifferenzierende Unterrichtsgestaltung unter Anwendung möglichst einer Vielfalt von Methoden der individuellen Förderung eine wesentliche Gelingensbedingung für eine erfolgreiche Förderung der Kinder dar. Einige Grundschulen bieten zudem sogenannte »pull-out« Programme an. Hier werden begabte Schülerinnen und Schüler an zumeist einem Tag der Woche vom regulären Unterricht freigestellt und in besonderen Begabtengruppen unterrichtet. Diese Form der Förderung setzt in der Regel die Kooperation mehrerer Schulen voraus.

Mehr Informationen rund um Schulen für Hochbegabte finden Sie hier:

Dies ist ein Gastbeitrag von Sabine Wedemeyer, Karg-Stiftung.

Über die Karg-Stiftung

© Sabine Wedemeyer, Karg-Stiftung Hochbegabte Kinder und Jugendliche sind ihr Thema – die Gestaltung des deutschen Bildungssystems in der Hochbegabtenförderung ist ihr Auftrag. Nah an den Bedürfnissen des hochbegabten Kindes und dem Bildungsalltag sucht sie professionell und partnerschaftlich bessere Wege für die Förderung Hochbegabter. Sie begleitet Kita, Schule und Beratung wirksam auf diesen.

Dabei folgt sie ihrem Leitstern: Ein begabungsgerechtes Bildungssystem, das auch Hochbegabten auf der Grundlage ihrer besonderen Stärken die Entwicklung ihrer Persönlichkeit ermöglicht. Die Karg-Stiftung, errichtet 1989 von dem Unternehmer Hans-Georg Karg und seiner Frau Adelheid, ist die größte in der Hochbegabtenförderung tätige deutsche Stiftung.

Karg-Stiftung im Netz: 

Katharina Looks

Katharina Looks ist Brand Manager und Redakteurin bei scoyo. Ihr Herzensthema ist es, mehr Leichtigkeit in den Familien-Schul-Alltag zu bringen und Impulse für eine entspannte Lernatmosphäre zu setzen.