Urlaub: ein Spaß für die ganze Familie. Oder doch nicht?

Katharina Looks

Ich will aber nicht aus dem Pool rauskommen! Ich! Will! Ein! Eis! Sofort! Urlaub mit Kindern. So schön.
© Johan Bos/Pexels.com

Familienurlaub: endlich Zeit gemeinsam verbringen! Klingt theoretisch gut. Doch praktisch gibt es einige tückische Fallstricke. Kolumnist Christian Hanne verrät seine geheimsten Geheimtipps für einen perfekten Familienurlaub.

“Hooray, hooray, it’s a holi-holiday,
What a world of fun for everyone, holi-holiday,
Hooray, hooray, it’s a holi-holiday,
Sing a summer song, skip along, holi-holiday,
It’s a holi-holiday!”

Mit diesen gleichermaßen fröhlichen wie schlichten Zeilen huldigte die notorische Disco-Combo Boney M. 1979 dem Konzept des Urlaubs. Insbesondere die Zeile “What a world of fun for everyone”, die der Urlaub angeblich ist, lässt vermuten, dass die Band-Mitglieder allesamt kinderlos waren. (Und die Einstiegszeile “Digge ding ding ding digge digge ding ding” lässt vermuten, dass der Texter ein wenig zu häufig am Klebstoff geschnüffelt hat. Aber das nur am Rande.)

Als Eltern kennen Sie das bestimmt: Am Anfang des Urlaubs denken Sie, wie schön es doch ist, abseits der Alltagshektik den ganzen Tag viel Zeit mit den Kindern verbringen zu können. Irgendwann – und wahrscheinlich sehr schnell – merken Sie, dass die Kinder ganz eigene Vorstellungen davon haben, was Erholung, Entspannung und Freizeitgestaltung im Urlaub angeht und dass es ziemlich stressig ist, den ganzen Tag viel Zeit mit den Kindern verbringen zu müssen.

Deshalb sollten Sie ganz genau überlegen, wohin Sie mit der Familie verreisen, wie Sie dort hinkommen und wo Sie wohnen werden. Alles Faktoren, die einen sehr großen Einfluss darauf haben, wie harmonisch Ihr Familienurlaub verlaufen wird. Hilfsbereit wie ich bin, gebe ich Ihnen gerne ein paar Hinweise, was Sie da alles bedenken sollten.

Das Urlaubsziel

Chillfaktor am Meer = Null

Gib mir die Hand, ich bau dir ein Schloss aus Sand: Relaxen am Meer mit Kindern? Guter Witz. Stattdessen im Ferienprogramm: Buddeln, Graben, Wasserschleppen.
© Michael Baird/Unsplash

Kleine Kinder beschäftigen sich beispielsweise allenfalls für eine Zeitspanne von 2,7 Sekunden alleine. Danach verlangen sie geradezu herrisch von Ihnen, dass Sie stundenlang gemeinsam Sandburgen bauen, in kleinen Eimern Wasser aus dem Meer holen oder Muscheln und anderen Unrat am Strand sammeln. Am Ende des Urlaubs stehen Sie kurz vorm Burn-out und sehnen sich nach 12-Stunden-Arbeitstagen im Büro.

Sind Ihre Kinder schon im Teenager-Alter, werden diese Sie am Strand tatsächlich in Ruhe lassen. In erster Linie, weil sie von Ihnen in Ruhe gelassen werden wollen. Freuen Sie sich darüber aber nicht zu früh, denn Sie sollten ständig ein Auge auf Ihre pubertäre, mit Hormonen vollgepumpte Brut haben, damit sie nicht mit der örtlichen Strandjugend anbandelt, es zum zwanglosen und ungeschützten Austausch von Körperflüssigkeiten kommt (“And what else we’ll do is up to you – heydiheydihoh!”) und Sie neun Monate später ein bleibendes Urlaubs-Souvenir haben.

Der Berg ruft. Hören Sie weg!

Hänsel und Gretel reloaded: Die Kinder sind schon mal vorgelaufen, die Eltern haben es nicht mehr bis zur Unterkunft geschafft.
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Das ist natürlich ein totaler Irrglaube, denn Ihre Kinder haben selbstverständlich viel mehr Energie als Sie. Die einzigen, die von der vielen frischen Luft kaputt sein werden, sind Sie. Im schlimmsten Fall legen die Kinder um 17 Uhr einen kleinen Power-Nap ein und dann gibt es bis um 2 Uhr morgens Rambazamba. “On a carousel the dingdong bell – heydiheydihoh!” Schönen Dank auch, Boney M.!

Summer in the city. Really?

Möglicherweise halten Sie es für eine bessere Idee, einen Städteurlaub zu machen. Da gibt es auch ein wenig Kultur und Bildung und Sie können mit Ihren Kindern Ausstellungen und Museen besuchen. Das ist aber eigentlich nur empfehlenswert, wenn Sie besondere Freude an missgelaunten und bockigen Kindern haben. Dann könnten Sie aber auch gleich zuhause bleiben und mit Ihren Kindern unregelmäßige französische Verben üben.

Ohnehin können Ausstellungs- und Museumsbesuche ein recht kostspieliges Vergnügen sein. Damit meine ich nicht die horrenden Eintrittspreise, sondern das Risiko, dass Ihre Kinder irgendeinen sündhaft teuren Ausstellungsgegenstand kaputt machen. Ganz nach dem Boney-M.-Motto: “Fun is the thing I’m after, now let’s a’live it up today!” Wenn Sie das jetzt als zu weit hergeholt und übervorsichtige Bedenkenträgerei abtun, googeln Sie einfach mal “Junge zerstört Skulptur”. Danach kommen Sie sicherlich zu dem Schluss, dass es daheim doch am schönsten ist.

 

Sie haben inzwischen bestimmt verstanden, dass die Wahl der richtigen Urlaubsdestination wie die Wahl zwischen Pest, Cholera und spanischer Grippe ist.

Die Anreise

Wir steh’n, steh’n, steh’n auf der Autobahn

Bei Reisen mit dem Auto unbedingt einpacken: starke Nerven, Tonnen an Proviant und Akkuladegeräte für alle elektronischen Bespaßungs-Devices. Unbedingt Zuhause lassen: die Lieblings-Conni-CD.
© Steinar Engeland/Unsplash

Mit Kindern stundenlang im Auto eingepfercht zu sein, ist selbst für tiefenentspannte Zen-Mönche eine Tortur, wenn aber irgendwann der Proviant – und insbesondere Süßigkeiten und zuckerhaltige Brausegetränke – ausgeht und die Akkus der mobilen Endgeräte und des elektronischen Unterhaltungsspielzeugs unter die kritische 5%-Grenze rutschen, dann hat Mordor Wandertag und Sie wünschen sich, Sie hätten die Urlaubsfahrt nie angetreten.

Ich habe an anderer Stelle einmal kurz zusammengeschrieben, was Sie konkret noch dazu beitragen können, um die Autofahrt zur Reise im Harmony-Express zu verwandeln.

Eine Zugfahrt, die ist lustig!??

Alles einsteigen bitte: Wer auch gerne Engtanz mit schwitzenden Fremden mag, für den ist eine Reise mit der Bahn während der Sommerferienzeit vielleicht genau das Richtige.
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Ohnehin sollten Sie sich nur für eine Zugfahrt entscheiden, wenn Sie gerne in die finnische Dampfsauna gehen und Ihnen ausgefallene Klimaanlagen bei 35-Grad-Außentemperatur nichts ausmachen. Und Sie gerne mit Soziopathen und Menschen, deren Hygienevorstellungen stark von der sozial akzeptierten Norm abweichen, reisen. Aber wenn Sie Kinder im Teenager-Alter haben, sind Sie das ja gewohnt.

Über den Wolken, muss die Flugangst wohl grenzenlos sein

Gehören Sie auch zu denen, die leicht panisch werden, wenn Ihr Sitznachbar sein Handy während des Fluges nicht ausschaltet? OBWOHL die Flugbegleiterin es GERADE bei der Sicherheitseinweisung gesagt hat?!!1!
© Stephen Leonardi/Unsplash

Nach diesem Fragefeuerwerk laufen in Ihrem Kopf unentwegt Horrorszenarien à la „Katastrophenflug 232“ ab und selbst als Mensch, der nicht unter panischer Flugangst leidet, werden Sie den Flug nur überstehen, indem Sie sämtlichen Alkohol aus dem Servier-Trolley der Flugbegleiterinnen in sich hineinschütten, bis in Ihrem Kopf Boney M. singen: “On the loop di loop we swing and swoop – heydiheydihoh!”

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Sie haben inzwischen bestimmt verstanden, dass die Wahl des richtigen Urlaubstransportmittels wie die Wahl zwischen Kuhdung, Pferdeäpfeln und Hundekacke ist.

Die Unterkunft

Campen. Wenn Ihnen alles egal ist

Doof, wenn es jetzt anfängt, zu regnen.
© Foad Manghouly/Unsplash

Die Ferienwohnung. Wanderdüne mit vier Wänden

Da erscheint es möglicherweise ratsamer, eine Ferienwohnung zu buchen, die mehr Komfort verspricht. Dann müssen Sie auch nicht andauernd auf andere Camper Rücksicht nehmen, sondern können die ganze Zeit tun und lassen, was Sie wollen. Also, abgesehen von der Zeit, in der Sie kochen, putzen, aufräumen und Wäsche waschen müssen. Und Sand aus der Wohnung fegen. Bei einem Urlaub mit Kindern wird das gut 90 Prozent Ihres Tages in Anspruch nehmen. „What a world of fun for everyone, holi-holiday!“

All-inclusive Hotel. Die tägliche Kinderdisco-Hölle

Hacke, Spitze, hoch das Bein: Um sich auf den All-Inclusive-Urlaub vorzubereiten, sollten Sie zumindest den örtlichen Club-Tanz vorher einstudieren.
© Artsy Bee/Pixabay

Wenn Sie die permanenten Essensdiskussionen nicht abschrecken können, sollten Sie daran denken, dass der tägliche Höhepunkt in Club-Urlauben die abendliche Kinderdisco ist. Und weil die Kinder so schüchtern sind, müssen Sie immer gemeinsam mit ihnen auf die Tanzfläche gehen. Dass es den anderen Eltern genauso ergeht, macht es auch nicht besser, führt es Ihnen doch gnadenlos vor Augen, dass Sie sich gerade ebenfalls wie ein hüftsteifes Rhinozeros mit Sonnenbrand zu Kinderlied-Klassikern wie Das rote Pferd, Veo Veo und Aramsamsam bewegen.

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Sie haben inzwischen bestimmt verstanden, dass die Wahl der richtigen Urlaubsunterkunft wie die Wahl zwischen Helene Fischer, Wolfgang Petry und den Flippers ist.

Die Lösung

Weil es das Beste für alle Beteiligten ist: Vielleicht sollten jeder seinen eigenen Urlaub machen.
© Ksenia Makagonova/Unsplash

Weitere Kolumnen von Christian Hanne hier im ELTERN! Magazin:

Über den Autor

Christian Hanne, Jahrgang 1975, ist im Westerwald aufgewachsen und hat als Kind zu viel Ephraim Kishon gelesen und ‘Nackte Kanone’ geschaut. Inzwischen lebt er mit seiner Frau und ihren beiden Kindern in Berlin-Moabit. Auf seinem Blog ‘Familienbetrieb’, auf Twitter und Facebook schreibt er über den ganz normalen Alltagswahnsinn. Kulinarisch pflegt er eine obsessive Leidenschaft für Käsekuchen. Sogar mit Rosinen. Ansonsten ist er mental einigermaßen stabil.

Im September 2016 ist sein Buch “Wenn’s ein Junge wird, nennen wir ihn Judith” im Seitenstraßenverlag erschienen. In zwölf gar nicht mal so kurzen Kurzgeschichten sinniert er darüber, wie Schwangerschaft, Marathongeburten und nachtaktive Babys eine moderne, gleichberechtigte Partnerschaft auf die Probe stellen.

Im Netz

Katharina Looks

Katharina Looks ist Brand Manager und Redakteurin bei scoyo. Ihr Herzensthema ist es, mehr Leichtigkeit in den Familien-Schul-Alltag zu bringen und Impulse für eine entspannte Lernatmosphäre zu setzen.