Eins vorweg: Machen Sie sich keine Sorgen! Viele Eltern bekommen Angst, dass ihre Sprösslinge dem Grundschulalltag noch nicht gewachsen sind. Tatsächlich lernen die Kleinen im Kindergarten schon fast alles, was sie für den Schulstart brauchen. Ein paar Kompetenzen für die Schule kann der Kindergarten aber nicht ganz allein vermitteln. Sie als Eltern können diese jedoch mit ein paar Tricks fördern. Wir verraten Ihnen, wie.
Fit für die Grundschule: So ist Ihr Kind gut für die Schule vorbereitet
Zu einem erfolgreichen Schulstart gehört auch, den Kindern die “innere” Ausstattung mitzugeben und nicht nur an Ranzen, Schulhefte und Co. zu denken. Kann der ABC-Schütze seine eigene Meinung äußern? Hält er Situationen aus, die nicht ganz nach seinem Kopf gehen? Traut er sich, Fragen zu stellen? Hat er Spaß am Lernen? Diese sozialen Kompetenzen sind laut Pädagogen wichtiger für die Grundschüler in spe, als schon Lesen, Schreiben oder Rechnen zu können. Eltern können ihren Kindern hierbei aber ganz leicht helfen:
1. Koordination fördern: Körperbeherrschung und Feinmotorik sind wichtig
Ein gutes Körpergefühl benötigt Ihr Sprössling nicht nur, wenn er sich durch die Schulräume bewegt. Auch beim Spielen in der Gruppe und beim Basteln ist die Koordination von Augen, Händen und Füßen gefragt. Und die Feinmotorik ist eine wichtige Voraussetzung, um Schreiben zu lernen.
So können Eltern unterstützen:
Einfache Aufgaben im Alltag stärken die motorische Koordination. Zähne putzen, Schleifen binden, Bilder ausmalen (ohne über den Rand zu gelangen) und Papier falten – kleine Übungen, die der Hand-Augen-Koordination zugutekommen und Kinderhände auf das Schreiben in der Schule vorbereiten. Über Baumstämme balancieren, Hüpfspiele und Radfahren sorgen für eine gute Ganzkörper-Koordination. Draußen zu spielen, ist also nicht nur gesund, sondern macht auch fit für die Grundschule.
2. Verantwortung übernehmen: Du bist ja jetzt schon groß!
Kinder in der Grundschule müssen ihre Aufgaben selbständig erledigen und sich Ansagen der Lehrer merken und ggf. den Eltern mitteilen. Außerdem ist es nicht schlecht, wenn ABC-Schützen auch mal freiwillig eine Aufgabe für die Klassengemeinschaft übernehmen. Nicht zuletzt haben Schüler die Verantwortung für ihre Materialien, wie Stifte, Bücher, Brotdose und Turnbeutel.
So können Eltern unterstützen:
Geben Sie ihren Kindern ruhig schon früh leichte Aufgaben im Haushalt, wie Blumengießen oder den Tisch wischen. Beim Einkaufen könnte Ihr Kind sich zum Beispiel drei Dinge auf der Einkaufsliste merken, diese selbst suchen und in den Einkaufswagen legen. Das ist eine gute Vorbereitung auf die Schule, die natürlich auch die Eltern entlastet. Gleichzeitig vermittelt es den Kindern das Gefühl “Ich kann das schon allein. Ich schaffe das. Ich bin ja jetzt schon groß!” – die Basis dafür, motiviert an Aufgaben heranzugehen.
Apropos motiviert und allein: Kinder, die Vertrauen in ihre eigenen Fähigkeiten haben, kommen mit Herausforderungen, die der Schulalltag mit sich bringt, besser zurecht. Mit spielerischen Lernapps, wie Schlaukopf oder scoyo, entdecken Vorschulkinder ersten Schulstoff und starten von Anfang an gestärkt in den Unterricht. Hier entlang, um scoyo für die Vorschule kennenzulernen.
3. Geduld üben: Unterrichtsstunden sind manchmal lang
Sich längere Zeit einer Aufgabe zu widmen und nicht aus “Null-Bock-Gründen” aufzuhören, muss gerade am Anfang noch ein bisschen mehr geübt werden, um fit für die Grundschule zu werden.
So können Eltern unterstützen:
Stillsitzen bei gemeinsamen Mahlzeiten, Bastelarbeiten wie Perlenauffädeln oder Spiele wie Puzzle oder Memory erhöhen das Durchhaltevermögen. Auch einer Geschichte zu lauschen, ohne dazwischen zu reden, ist eine gute Vorbereitung. Lassen Sie Ihr Kind doch beim Vorlesen mit ins Buch schauen und verfolgen Sie gleichzeitig den Text mit Ihrem Finger, dann merkt sich Ihr ABC-Schütze die Schreibrichtung von links nach rechts. Auf diese Weise können Sie die Aufmerksamkeitsspanne Ihres Kindes nach und nach verlängern.
Extratipp: Auch hier helfen Lernapps wie scoyo Ihr Kind gut auf die Grundschule vorzubereiten. In von Pädagogen geprüften Aufgaben “trainieren” die Kids spielerisch für die Schule. Dank 30 verschiedener Aufgabentypen und vielen Motivationselementen werden Spaß und Neugierde aufs Lernen extra befeuert.
4. Gut vorbereitet sein: Ordnung im Ranzen und Kinderzimmer
In der Schule ist es wichtig, dass Ihr Kind seine Unterlagen ordentlich führt und immer alles dabei hat.
So können Eltern unterstützen:
Um Ihr Kind fit für den Grundschulalltag zu machen, ist es gut, wenn es lernt, wie man Ordnung hält. Damit der Nachwuchs auch nach der Einschulung den Überblick über seine Arbeitsmaterialien behält, können Sie zum Beispiel gemeinsam Fächer für die Schulsachen einrichten und diese nach Themen sortieren. Eine Checkliste, auf der steht, welche Dinge Ihr Kind an welchem Tag einpacken muss, hilft, nichts mehr zu vergessen.
Mehr Informationen zum Thema Schulstart gibt es hier! Jetzt gleich reinhören:
5. Mit Unterrichtsinhalten vertraut werden: Lass uns Schule spielen!
Lesen, Rechnen und Schreiben lernen die ABC-Schützen in der Grundschule. Es besteht also kein Grund zur Sorge, wenn Kinder das zum Schulstart noch nicht können. Den eigenen Namen zu schreiben und bis zehn zu zählen, reicht vollkommen aus. Es ist natürlich nicht verboten, Ihr Kind schon ein bisschen auf den Schulstoff vorzubereiten und so fit(ter) für die Grundschule zu machen; solange dies ohne Druck und mit Spaß passiert. So können Sie zum Beispiel regelmäßig vorlesen und dem Kind so Lust auf das Lesenlernen machen.
So können Eltern zusätzlich unterstützen:
Spielen Sie doch gemeinsam Schule. Sie brauchen einen Wecker als Pausenglocke (ca. 15 Minuten pro Unterrichtsblock), einen Tisch, an dem der Schüler Platz nehmen kann, und eine Tafel (am besten ein größeres, an die Wand gepinntes Papier).
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Ihr Kind könnte zum Beispiel Buchstaben und Zahlen aus Pappe ausschneiden oder Schablonen nachmalen, damit es sich die Form dieser Symbole einprägt. (Dabei können Sie auch darauf achten, ob Ihr Sprössling die Schere und den Stift richtig hält. Kinder sollten das von Anfang an richtig machen. Wenn sie sich einmal an eine Haltung gewöhnt haben, ist es schwer diese wieder zu ändern.)
- Verteilen Sie anschließend die Zahlen und Buchstaben durchmischt auf einem Tisch. Rufen Sie ein Symbol auf und Ihr Kind soll so schnell wie möglich darauf zeigen. Auf diese Weise verknüpft Ihr Nachwuchs die Formen mit ihren Namen.
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Eine tolle Übung, die die Fantasie Ihres Kindes anregt und ihm ein Gefühl für Laute verleiht, ist es, gemeinsam zu reimen. Sie denken sich einem Reim aus, den Ihr Kind beenden soll. “Es ist heute sehr heiß, deshalb esse ich ein …”
- Zuletzt können Sie den Spieß auch umdrehen und sich von Ihrem Kind unterrichten lassen. Das macht Spaß und nimmt der Übung den Ernst. Außerdem muss Ihr Sprössling das neu erlangte Wissen gleich anwenden, um Ihnen Aufgaben zu stellen. So wird Ihr Nachwuchs garantiert fit für die Grundschule.
- Mit spielerischen Übungen an die Anforderungen in der Grundschule heranführen geht auch mit digitalen Angeboten, wie der scoyo Lernapp. Verschiedene Fragetypen und viele Motivationselemente befeuern die Lust aufs Lernen und die Vorfreude auf die Schule. Dank der Vorlesefunktion und sicheren Lernumgebung können Kinder ganz eigenständig Schule “spielen”. Eltern behalten in einem eigenen Bereich immer die Übersicht über die Lernerfolge.
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6. Kritik annehmen können: Aus Fehlern lernt man!
Viele Kinder erleben Kritik zum ersten Mal in der Schule. Das ist nicht immer einfach. Doch Schulkinder müssen auch mal verlieren können und dürfen sich von einem Rückschlag nicht gleich entmutigen lassen. Schließlich wird das während der Schullaufbahn und im späteren Leben noch öfter vorkommen.
So können Eltern unterstützen:
Sagen Sie Ihrem Sohn bzw. Ihrer Tochter auch mal, wenn er bzw. sie etwas nicht so gut gemacht hat (der Ton spielt die Musik!). Bei einem Wettrennen oder anderen gemeinsamen Spielen “darf” Ihr Sprössling ruhig mal verlieren. Wichtig ist, zu betonen, dass eine “Niederlage” nichts Schlimmes ist, man mit dieser gelassen umgehen und auch aus ihr lernen kann. Eine wichtige Lektion, die Kinder fit für die Grundschule macht.
7. Lernen sich mitzuteilen: “Ich fühle mich gut, weil …”
Da Eltern nicht Mäuschen im Klassenzimmer spielen können, ist es wichtig, dass Kinder erzählen, wie sie sich in der Schule fühlen. Zu einer guten Vorbereitung gehört deshalb auch, den ABC-Schützen beizubringen, über die eigenen Gefühle zu sprechen und zu sagen, wenn einem etwas nicht gefällt.
So können Eltern unterstützen:
Sprechen auch Sie offen über Ihre Gefühle: “Ich bin heute sehr glücklich, weil…” oder “…, das hat mich heute sehr geärgert.” Wenn Sie sich nach den Empfindungen Ihres Kindes erkundigen, benutzen Sie Fragen, die es nicht nur mit ja/nein oder gut/schlecht beantworten kann. Das sind Fragen wie “Was hat dir heute in der Schule gefallen?” oder “Worüber hast du am meisten gelacht?”. Akzeptieren Sie aber auch, wenn Ihr Nachwuchs nicht immer sofort ausführlich von seinem Tag erzählt. Nutzen Sie einfach eine spätere Gelegenheit. Fit für die Grundschule zu werden, bedeutet auch, selbstbewusst zu sein und zu wissen, dass man ernst genommen wird.
8. Begeisterung fördern: Mit guter Laune in die Grundschule starten
Manche Kinder stehen der Einschulung mit gemischten Gefühlen gegenüber. Einerseits ist da die Freude, endlich zu den Großen zu gehören. Andererseits quält die zukünftigen Schulkinder der Abschied von liebgewonnenen Kindergartenfreunden. Ihr Nachwuchs soll natürlich mit einem guten Gefühl in die Schulzeit starten, damit keine Schulängste entstehen.
So können Eltern unterstützen:
Fördern Sie die Vorfreude auf den Schuleintritt, indem Sie gemeinsam Schulsachen kaufen und Ihr Kind alles aussuchen lassen, vom Schulranzen über den Turnbeutel bis hin zur Federmappe.
Auch der Kontakt zu Kindergartenfreunden tut den Kleinen meist sehr gut und hilft über die räumliche Trennung hinweg. Außerdem freuen sich die meisten Kinder ganz besonders, wenn zur Einschulung eine kleine Feier veranstaltet wird.
Zunächst einmal findet am Vormittag meist die offizielle Einschulungsfeier an der Grundschule statt. Nach der Begrüßung, einigen Reden, Aufführungen älterer Schüler usw. gehen die Kinder in der Regel für kurze Zeit gemeinsam mit der Lehrerin und den neuen Klassenkameraden in ihr Klassenzimmer. Danach steht eventuell noch ein Fototermin an. Insgesamt dauert dieser Teil der Einschulung in der Regel etwa zwei bis drei Stunden.
Damit ist der erste Schultag schon geschafft – und Sie haben Zeit, den Beginn dieses neuen Lebensabschnittes gebührend zu feiern. Dabei steht es Ihnen vollkommen frei, in welcher Form das passieren soll, ob ein schönes Essen nur im engsten Kreis der Familie oder eine große Feier mit Verwandten und Freunden. Natürlich können Sie diesen besonderen Tag auch ganz ohne weitere Gäste verbringen und sich nur gemeinsam mit Ihrem Kind einen schönen Tag machen.
Einschulungsparty planen: Ein paar Wochen vorher
Wie und wo soll gefeiert werden?
Kaffee und Kuchen zu Hause, Grillen im Park oder ein Besuch im Zoo? Überlegen Sie gemeinsam mit Ihrem Kind, wie Sie den Tag begehen möchten. Falls Sie nicht zu Hause feiern möchten oder können, reservieren Sie rechtzeitig einen Veranstaltungsort bzw. einen Tisch im gewünschten Restaurant. Wenn Sie planen, draußen zu feiern, zum Beispiel im Garten oder Park, lohnt es sich auch eine Alternative für schlechtes Wetter in der Hinterhand haben.
Wer soll kommen? Einladungen zur Einschulung verschicken
Der Tag der Einschulung fällt in vielen Bundesländern auf einen Wochentag. Daher ist es wichtig, den Menschen, mit denen Sie diesen Tag begehen möchten, rechtzeitig Bescheid zu geben. Überlegen Sie vorher, wen Sie bereits zum offiziellen Teil einladen möchten und wen “nur” zur Einschulungsparty im Anschluss. Fragen Sie auch Ihr Kind, wen es einladen möchte, zum Beispiel andere Kinder.
Eine Schultüte kaufen
Die Schul- bzw. Zuckertüte ist für die meisten Kinder ein wichtiger Bestandteil der Einschulungsfeier. Wollen Sie eine fertige Schultüte kaufen oder doch lieber selbst eine basteln? Für Bastelwillige gibt es zum Beispiel Schultüten-Rohlinge, die sich dann individuell gestalten lassen.
Falls das angehende Schulkind Geschwister hat, freuen diese sich sicher auch über eine kleinere Geschwister-Schultüte. Besonders jüngere Kinder können so leichter akzeptieren, dass sich am Einschulungstag alles um das Schulkind dreht und sie noch etwas warten müssen, bis sie selbst in die Schule kommen.
Geschenke zur Einschulung: Ideen für die Schultüte
Natürlich will die Schultüte dann auch bestückt werden oder Freunde und Verwandte möchten dem ABC-Schützen ein kleines Geschenk mitbringen. Hier einige Ideen für kleine Geschenke zum Schulanfang:
Mehr Informationen zum Thema Schulstart gibt es hier! Jetzt gleich reinhören:
Einschulungsparty planen: Eine Woche vorher
Deko für die Einschulungsfeier
Damit es richtig festlich wird, darf die passende Deko natürlich nicht fehlen. Mini-Schultüten, Zahlen- oder Buchstabenkonfetti, Girlanden oder kleine Täfelchen gibt es kurz vor Schulanfang in vielen Geschäften zu kaufen. Auch viele Online-Shops bieten tolle Deko an. Natürlich können Sie auch selbst Hand anlegen, tolle Ideen gibt es zum Beispiel auch zu Hauf bei Pinterest.
Einschulungsoutfit
Überlegen Sie rechtzeitig mit ihrem Kind zusammen, was es zur Einschulung anziehen möchte. Wenn Sie wollen, können Sie mit Ihrem Sprössling natürlich ein neues Outfit für die Einschulung besorgen. Oft haben die Kleinen aber auch ein Lieblingskleidungsstück, in welchem sie sich besonders wohl fühlen. Dann sollte die entsprechende Klamotte natürlich sauber sein und bis zum großen Tag im Schrank warten.
Schultüte packen und verstecken
Verpacken Sie eventuelle Geschenke und füllen Sie diese in die Schultüte. Achten Sie darauf, dass die schweren Sachen nach unten gepackt werden und die leichteren oben drauf kommen. Und dann verstecken Sie die Schultüte sehr sehr gut, sodass auch ein neugieriger kleiner Zwerg sie nicht zufällig findet.
Einschulungsparty planen: Am Tag vorher
Damit der Tag der Einschulung selbst möglichst entspannt abläuft, lohnt es sich, einige Dinge schon vorher zu erledigen. Außerdem fällt so rechtzeitig auf, wenn doch noch etwas fehlt.
Einkäufe erledigen und Essen vorbereiten
Kuchen, Kekse und Co. lassen sich prima vorbereiten. Auch andere Speisen wie Nudel- oder Kartoffelsalat können schon am Abend vorher zubereitet und dann kalt gestellt werden. Das spart eine Menge Stress. Eine tolle Idee für die Kaffeetafel bei der Einschulungsparty ist zum Beispiel eine Torte in Schultüten-Form.
Reservierungen bestätigen
Falls nach der Einschulungsfeier in der Schule ein Besuch in einem Restaurant ansteht, bestätigen Sie die Reservierung am Besten noch einmal am Tag vorher.
Deko anbringen
Schmücken Sie den Raum, in dem Sie feiern, bereits am Abend vorher. Vielleicht möchte Ihr baldiges Schulkind auch dabei helfen? Das stimmt schon mal auf den Schulanfang ein und steigert die Vorfreude auf den kommenden Tag.
Alles für den großen Tag zurechtlegen
Bevor es ins Bett geht, legen Sie alles für den nächsten Tag zurecht, dann gibt es am Morgen keine Hektik und Sie können entspannt in den Tag starten. Legen Sie die Outfits für alle heraus und packen Sie Ihre Tasche. Denken Sie zum Beispiel an Taschentücher (Freudentränen-Alarm!) und etwas zu trinken. Prüfen Sie außerdem, ob sie genug Speicherplatz auf Handy oder Kamera für Fotos und Videos haben und laden Sie ggf. den Akku auf. Ist alles für die Party vorbereitet, kann die Einschulung kommen.
Am Tag der Einschulung
Wecken Sie die Familie rechtzeitig und frühstücken Sie in Ruhe zusammen. Machen Sie sich dann gemeinsam schick, atmen noch einmal tief durch – und dann kann es losgehen!
In diesem Artikel
Schule ist Ländersache
Für unser Schulwesen sind in erster Linie die Bundesländer verantwortlich. Sie kümmern sich um das Lehrpersonal und legen gemeinsam mit den Schulleitungen Ziele und Inhalte für den Unterricht fest. Da wir in Deutschland 16 Bundesländer haben, kann das Schulsystem von Land zu Land ziemlich unterschiedlich ausgerichtet sein. So haben die Lehrpläne verschiedene Schwerpunkte und Fächerangebote, die Abschlussprüfungen unterscheiden sich stark und auch der Übergang auf eine weiterführende Schule ist überall anders geregelt – ganz zu schweigen von der Umstellung auf das achtjährige Gymnasium (G8).
Etwas Einheitlichkeit gibt es dann aber doch: Alle Schulformen stützen sich auf die Bereiche Primarstufe, Sekundarstufe I und Sekundarstufe II.
Grundschulen in Deutschland
In Deutschland herrscht Schulpflicht. Das bedeutet, dass alle Kinder ab einem Alter zwischen 5 und 7 Jahren und mindestens bis zur 9. Klasse zur Schule gehen müssen.
Die Schulzeit beginnt mit dem Primarbereich, also dem Besuch der Grundschule bis zur 4. Klasse (bzw. bis zur 6. Klasse in Berlin und Brandenburg). Sinn der Grundschule ist es, die Kleinen auf das Lernen im Sekundarbereich (weiterführende Schulformen) vorzubereiten. Das spielerische Lernen, das wir aus dem Kindergarten kennen, wird in Fächer wie Mathematik, Deutsch, Sachkunde und Sport strukturiert.
Außer in Nordrhein-Westfalen weisen sogenannten Schulbezirke Grundschülern entsprechende Schulen in der Nähe ihres Wohnortes zu. Gefällt Eltern die Schule nicht, bleibt meist nur der Besuch einer Privatschule (oder der Umzug in einen anderen Schulbezirk). In begründeten Fällen ist es möglich, beim zuständigen Schulamt einen Umschulungsantrag zu stellen. Mehr dazu: Der Schulbezirk und seine Ausnahmen von Rüdiger Schmidt (PDF, 5 Seiten)
Weiterführende Schulformen auf einen Blick
Auf den Primarbereich folgt die Sekundarstufe I, die alle weiterführenden Schulen ab der 5./7. bis zur 9./10. Klasse umfasst.
Wer sich fragt, welche Schulformen es in Deutschland gibt, sollte zunächst einmal wissen, dass Schülerinnen und Schüler grundsätzlich drei Abschlüsse erlangen können:
- Hauptschulabschluss
- Realschulabschluss (Mittlere Reife)
- Abitur (allgemeine Hochschulreife)
Welche weiterführende Schule Ihr Kind besuchen darf, liegt dabei nicht immer vollständig in Ihrem eigenen Ermessen, sondern wird in einigen Bundesländern von einer bindenden Lehrerempfehlung vorgegeben.
Hauptschule
Als niedrigster Bildungsabschluss leidet die Hauptschule als Schulform in Deutschland unter einem schlechten Ruf. Dabei geben sich viele Einrichtungen Mühe, Kontakte zu Unternehmen zu pflegen und einen direkten Berufseinstieg zu ermöglichen. Vor allem praxisbezogener Unterricht und Praktika sollen die Schüler fit für den Beruf machen. Fächer wie Mathe oder Fremdsprachen werden nicht selten in leistungsdifferenzierten Gruppen unterrichtet.
Nach dem Abschluss können die Schüler eine Berufsausbildung beginnen oder, bei guten Leistungen, einen höheren Schulabschluss ansteuern.
Realschule
Laut des Hamburger Abkommen der Kultusministerkonferenz 1964 müssen Realschüler praktische Erfahrungen sammeln, die über den Pflichtlehrstoff hinausgehen. Das geschieht in Form von Praktika und Wahlpflichtkursen. Außerdem können sie eine zweite Fremdsprache belegen (meist Französisch).
Nach dem Realschulabschluss in der 10. Klasse können die Schüler eine Berufsausbildung beginnen, ihr Fachabitur an der Fachoberschule erlangen oder auch ihr Abi am Aufbaugymnasium nachholen.
Tipp Fachoberschule: Als Alternative zur gymnasialen Oberstufe könnte auch die Fachoberschule als Schulform für Ihr Kind infrage kommen. Diese weiterführende Schulform ist in berufliche Fachrichtungen untergliedert und schließt nach der 12. Klasse mit der sogenannten Fachhochschulreife ab. Absolventen können damit an Fachhochschulen studieren.
Gymnasium
Diese Schulform ermöglicht es Schülern, den höchsten allgemeinbildenden Abschluss, das Abitur, zu erlangen. In Deutschland ist dies nach der 12. (G8) oder der 13. Klasse (G9) erreicht. Gymnasiasten können die Oberstufe um ein Jahr verkürzen und die Fachhochschulreife erlangen.
Bis zur Oberstufe werden die Pflichtfächer am Gymnasium im Klassenverband unterrichtet. Ab der 7. Klasse (beziehungsweise 6. bei G8) können die Schüler erste Schwerpunkte und eine zweite Fremdsprache wählen. In der Oberstufe lösen sich die Klassen gänzlich auf und die Jugendlichen werden in Kursen unterrichtet, die sie selbst wählen.
Gut zu wissen: Manche Gymnasien haben sich auf bestimmte Fächer spezialisiert und bieten zum Beispiel wirtschaftliche, naturwissenschaftliche oder künstlerische Schwerpunkte an.
Gesamtschule
Das ursprüngliche dreigliedrige Schulsystem (Hauptschule, Realschule, Gymnasium) gibt es nur noch in Baden-Württemberg, Bayern, Hessen. In den anderen Bundesländern existieren Hauptschule und Realschule mittlerweile beinahe ausschließlich in Kombination, in einigen Bundesländern wie Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen bestehen die verschiedenen Systeme (noch) parallel.
Die Bezeichnungen für die kombinierte Schulform variieren – Gesamtschulen, Regelschulen, Mittelstufenschulen, Stadtteilschulen oder Sekundarschulen sind nur einige davon.
Auch die Organisation an einer Gesamtschule kann ganz unterschiedlich sein.
Fast alle Schulformen in Deutschland werden auch als Ganztagsschule angeboten. Hier geht das Betreuungsangebot an mindestens drei Tagen die Woche über den Vormittag hinaus, was berufstätige Eltern entlasten soll. An einigen Schulen ist das Nachmittagsangebot verpflichtend, an anderen ist die Teilnahme freiwillig.
Förderschulen
In Förderschulen geht es um die optimale Unterstützung von Kindern mit körperlichen, geistigen oder emotionalen Beeinträchtigungen und/oder Lernschwächen.
Alternativ haben viele Schulen integrative Klassen eingerichtet, in denen förderbedürftige Kinder in einem “normalen” Umfeld mit gesunden Kindern aufwachsen. Diese sind allerdings technisch und pädagogisch nicht so gut ausgestattet wie spezialisierte Förderschulen und auch das Thema Mobbing ist an diesen Schulen keine Seltenheit.
Inklusionsdebatte
Aktuell herrscht eine hitzige Debatte um die Inklusion. Einige Aktivisten sind der Überzeugung, dass es gegen die UN-Behindertenrechtskonvention spricht, förderbedürftige Kinder getrennt zu unterrichten. Manche Inklusionsgegner wiederum glauben nicht, dass diese Kinder in einer Regelschule optimal gefördert werden können. Pro- und Kontra-Argumente finden Sie zum Beispiel auf stuttgarter-zeitung.de.
Die Sekundarstufe II umfasst sowohl den Besuch der gymnasialen Oberstufe, die mit dem Abitur abschließt, als auch den berufsbildenden Bereich inklusive Berufskollegs, Fachoberschulen oder Berufsoberschulen.
Berufsbildende Schulformen, wie zum Beispiel Wirtschaftsgymnasien, bieten meist bestimmte Schwerpunkte an und bereiten stärker auf das Berufsleben vor als viele Gymnasien, die auf ein Studium abzielen.
Gymnasiasten können die Oberstufe (Sekundarstufe II) um ein Jahr verkürzen und die Fachhochschulreife erlangen, die zum Studium an Fachhochschulen befähigt.
Gut zu Wissen: Es führen mehrere Wege zum Abi. Viele ehemalige Schüler holen nach der Berufsausbildung auf dem zweiten Bildungsweg einen höheren Schulabschluss nach (Abendschulen, Kollegs).
Die G8/G9-Debatte
Bis vor einiger Zeit war das Abitur nach 13 Jahren (G9) gängig. Die Verkürzung auf 12 Jahre (G8) sollte unser Schulsystem internationalen Standards anpassen. Im Bildungsmonitor 2014 stellte das Institut der deutschen Wirtschaft Köln keine negativen Auswirkungen der Schulzeitverkürzung auf Jugendliche fest. Laut einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung aus 2015 allerdings hat sich die Zahl der Klassenwiederholungen erhöht. Trotzdem ist die Zahl der Abiturienten insgesamt gleich geblieben.
Viele Eltern und Pädagogen sind dazu der Meinung, dass G8 zu Lernstress führt und den Kindern nicht genügend Zeit gibt, sich auf das Berufsleben vorzubereiten. Als erstes Bundesland stellte Niedersachsen ab 2015 wieder auf G9 um, weitere Länder folgten, in einigen existieren derzeit Mischformen, Modellschulen oder Wahlfreiheit. In einigen Ländern führt an Gesamtschulen eine 13-jährige Schullaufbahn zum Abitur, auch wenn diese am Gymnasium nur 12 Jahre dauert. Eltern und ihre Kindern sollten sich also rechtzeitig darüber informieren, welche Regelungen es an den Schulen in ihrem Wohnort gibt und welche Möglichkeiten, die Schulzeit zu verängern oder zu verkürzen.
Alternative Schulformen
Legen Sie Wert auf besondere pädagogische Konzepte, die von den oben genannten abweichen und Ihrem Kind vor allem freies und selbstständiges Lernen ermöglichen? Hier erhalten Sie einen Überblick über alternative Schulformen in Deutschland.
Oder interessieren Sie sich schon für eine besondere Schulform? Dann werden Sie vielleicht in folgenden Artikeln Antworten auf Ihre Fragen finden:
Internate
In einem Internat findet Lernen und Leben am selben Ort statt. Es gibt verschiedene Formen dieser Schulen in Deutschland, am häufigsten sind dabei konfessionelle, sportliche und musikalische Schwerpunkte. Das Leistungsangebot geht weit über den staatlichen Lehrplan hinaus und umfasst eine breit gefächerte Freizeitgestaltung. Die Bandbreite an Angeboten hat ihren Preis: Zwischen 1.000 und 3.000 Euro im Monat kostet die Unterbringung in einem privaten Internat. Staatliche und konfessionelle Internate sind etwas preiswerter.
Internationale Schulen
An internationalen Schulen findet der Unterricht in einer anderen Sprache oder zweisprachig statt. Der Stoff orientiert sich meist nicht am deutschen Schulsystem und die Kinder erhalten keine deutschen Abschlüsse. Trotzdem verläuft die Anerkennung meist problemlos. Der Besuch solch einer Schule ist von der Grundschule an möglich. Die Kosten belaufen sich auf 500-1.600 Euro pro Monat.
Konfessionelle Schulen
Konfessionelle Schulen sind an eine Glaubensrichtung gebunden. In Deutschland sind das vor allem die katholische und die evangelische Kirche. Das monatliche Schulgeld schwankt zwischen 30 und 140 Euro je nach Schule.
Welche Schule passt zu meinem Kind?
Nun haben Sie einen ersten Überblick über das deutsche Schulsystem erhalten. Wir hoffen, Sie können jetzt etwas einfacher herausfinden, welche Schulform für Ihr Kind die passende ist.
Falls nicht, haben wir in diesem Artikel “Welche Schulform für mein Kind?” alle Schulformen in Deutschland noch einmal ausführlich unter die Lupe genommen.
Haben Sie bereits eine Vorstellung davon, welcher Schultyp in Frage kommen könnte? Dann ist als nächstes der Schulbesuch an der Reihe.
Unsere Checkliste Schulwahl hilft, sich als Familie klar darüber zu werden, welche Ansprüche man an die zukünfige Schule stellt – und diese dann mit der Realität beim Schulbesuch zu vergleichen.
Bildung ist Ländersache und damit auch das Schulsystem. Was als Reaktion auf den ideologischen Missbrauch durch das nationalsozialistische Regime entstand, entwickelte sich zu einem undurchsichtigen System. Die Bundesländer etablierten über die Jahre hinweg 16 teilweise sehr unterschiedliche Lösungen für die Bildungspolitik: So haben die Lehrpläne unterschiedliche Schwerpunkte und Fächerangebote, die Abschlussprüfungen unterscheiden sich stark und auch der Übergang auf eine weiterführende Schule ist überall anders geregelt – ganz zu schweigen von der Umstellung auf das achtjährige Gymnasium (G8).
Das hat, vor allem seit dem Pisa-Schock im Jahr 2000/2001, einen regelrechten Schulformen-Dschungel in Deutschland hinterlassen: Die Zahl der weiterführenden Schultypen hat sich mehr als verdreifacht – und zu allem Überfluss haben sie alle unterschiedliche Bezeichnungen. Die Verwirrung ist perfekt.
Wir haben Ihnen eine Übersicht erstellt, mit der Sie auf einen Blick sehen, welche der weiterführenden Schulformen in Ihrem Bundesland angesiedelt sind (Stand: 11/2014):
Schleswig-Holstein
- Regionalschule (5.-9./10. Klasse)
- Gemeinschaftsschule (5. – 9./10./13. Klasse)
- Gymnasium (5.-12./13. Klasse)
Mecklenburg-Vorpommern
- Orientierungsstufe (5. und 6. Klasse)
- Regionale Schule (5. – 9./10. Klasse)
- Gesamtschule (5.-9./10./12. Klasse)
- Gymnasium (7.-12. Klasse)
Bremen
- Oberschule (5.-9./10./13. Klasse)
- Gymnasium (5.-12. Klasse)
Hamburg
- Stadtteilschule (5.-9./10./13. Klasse)
- Gymnasium (5.-12. Klasse)
Berlin
- Integrierte Sekundarschule (7.-9./10./12./13. Klasse)
- Gymnasium (7.-12. Klasse)
Niedersachsen
- Hauptschule (5.-9./10. Klasse)
- Realschule (5.-9./10. Klasse)
- Gesamtschule (5.-9./10./12. Klasse)
- Oberstufe (5.-9./10. Klasse)
- Gymnasium (5.-12. Klasse)
Sachsen-Anhalt
- Sekundarschule (5.-9./10. Klasse)
- Gesamtschule (5.-9./10./12./13. Klasse)
- Gemeinschaftschule (5.-9./10./12./13. Klasse)
- Gymnasium (5.-12. Klasse)
Brandenburg
- Oberschule (7.-10. Klasse)
- Gesamtschule (7.-9./10./13. Klasse)
- Gymnasium (7.-12. Klasse)
Nordrhein-Westfalen
- Hauptschule (5.-9./10. Klasse)
- Realschule (5.-9./10. Klasse)
- Sekundarschule (5.-9./10. Klasse)
- Gesamtschule (5.-9./10./13. Klasse)
- Gymnasium (5.-12./13. Klasse)
Thüringen
- Realschule (5.-9./10. Klasse)
- Gesamtschule (5.-9./10./13. Klasse)
- Gemeinschaftsschule (5.-9./10./12. Klasse)
- Gymnasium (5.-12. Klasse)
Sachsen
- Oberschule (5.-9./10. Klasse)
- Gymnasium(5.-12. Klasse)
Rheinland-Pfalz
- Kooperative Realschule (5.-9./10. Klasse)
- Integrative Realschule (5.-10. Klasse)
- Integrierte Gesamtschule (5.-9./10./13. Klasse)
- Gymnasium (5.-12. Klasse)
Hessen
- Hauptschule (5.-9./10. Klasse)
- Realschule (5.-9./10. Klasse)
- Mittelstufenschule (5.-9./10. Klasse)
- Gesamtschule (5.-9./10./12./13. Klasse)
- Gymnasium (5.-12. Klasse)
Bayern
- Mittelschule (5.-9./10. Klasse)
- Realschule (5.-10. Klasse)
- Gymnasium (5.-12. Klasse)
Saarland
- Gemeinschaftsschule (5.-9./10./13. Klasse)
- Gymnasium (5.-12. Klasse)
Baden-Württemberg
- Hauptschule (5.-9. Klasse)
- Werkrealschule (5.-9./10. Klasse)
- Realschule (5.-10. Klasse)
- Gymnasium (5.-12./13. Klasse)
- Gemeinschaftsschule (5.-9./10./12./13. Klasse)
scoyo: Einer Studie der LBS zufolge leidet jeder dritte Schüler unter Mobbing. Hat Mobbing aus Ihrer Sicht in den letzten Jahren zugenommen?
Dr. Gebauer: Ob es eine Zunahme gegeben hat, lässt sich schwer beurteilen, weil die Vergleichszahlen fehlen. Auch die aktuellen Zahlen über die Häufigkeit des Auftretens von Mobbing schwanken. Das hängt unter anderem davon ab, was man unter Mobbing versteht. Ich gehe davon aus, dass etwa sechs Prozent der Schülerinnen und Schüler von Mobbing betroffen sind. Für diese Kinder ist es allerdings wichtig, dass sie von ihren Lehrerinnen und Lehrern Hilfe erfahren. Diese müssen Ausgrenzungen wahrnehmen und als Machtdemonstrationen begreifen, die sich Schüler oder Schülerinnen vor ihren Augen erlauben.
scoyo: Wo hört normales, ungestümes Kinderverhalten auf und fängt Mobbing an?
Dr. Gebauer: Mobbing ist ein aggressiver Akt und bedeutet, dass eine Schülerin oder ein Schüler über einen längeren Zeitraum belästigt, schikaniert oder ausgegrenzt wird. In der Regel geht die Aggression von einer Person aus. Ein Mobber wählt einen Schüler oder eine Schülerin als Opfer aus. Der Mobber – es kann auch eine Mobberin sein – schart andere um sich, die ihn bei seinen erniedrigenden Handlungen aktiv oder passiv unterstützen. Bei Mobbing gerät eine Schülerin / ein Schüler in eine absolut hilflose Situation. Dabei spielt das Gefühl der Angst eine große Rolle. Die Mitläufer spielen das grausame Spiel mit, weil sie Angst haben, sonst selbst Opfer zu werden. Das Opfer versteht in der Regel nicht, warum es beleidigt, gequält und gedemütigt wird.
scoyo: Welche Formen des Mobbings gibt es?
Dr. Gebauer: Mobbing kann sich andeuten, wenn z.B., Hefte und andere Materialien verschwinden, wenn Schulsachen beschädigt werden oder Gerüchte verbreitet werden. Es kommt vor, dass ein Schüler oder eine Schülerin von Gruppenarbeiten ausgeschlossen wird. In manchen Fällen darf sich ein Opfer nicht aktiv am Unterricht beteiligen. Demütigungen erfolgen mit Worten und Zeichnungen auf Zetteln, in Schülerzeitungen und in Briefen. Oft werden Opfer in demütigende Situationen gebracht und dabei mit dem Handy fotografiert. Anschließend werden die Szenen gemeinsam angeschaut, als E-Mail verschickt oder gar ins Internet gestellt. Unter Jugendlichen kommt es zu sexuellen Diffamierungen.
scoyo: Was macht Kinder zu Mobbing-Tätern?
Dr. Gebauer: Die Lebenssituation von Mobbern zeichnet sich durch große Unsicherheit aus. Oft haben spätere Täter während ihrer Kindheit nicht die Zuwendung und Beachtung erfahren, die zu einem gesunden Selbstwertgefühl führt. Manchmal sind sie selbst Opfer von Demütigungen und Gewalt gewesen. Das innere Muster eines Mobbers kann man als Versuch ansehen, eigene Ohnmachtserfahrungen zu überwinden, indem er gegenüber Schwächeren Macht ausübt. Es geht um den untauglichen Versuch, eigene Unsicherheit und Angst in ein Gefühl von Sicherheit zu verwandeln. Ein Kind, das über ein gutes Selbstwertgefühl verfügt, muss andere nicht demütigen.
scoyo: Aus Schamgefühl oder Einschüchterungen seitens der Peiniger verschweigen einige Kinder, dass Sie Opfer von Mobbing geworden sind. Woran erkenne ich als Elternteil, dass mein Kind unter Mobbing leidet?
Dr. Gebauer: Eltern und Lehrer sollten auf ganz alltägliche Dinge achten. Wenn zum Beispiel ein bisher guter Schüler in seinen Leistungen plötzlich stark nachlässt, wenn er morgens nicht aufstehen mag, keine Lust mehr auf die Schule hat, sich ständig unwohl fühlt, über Kopf- und / oder Bauchschmerzen klagt, können das Hinweise auf Mobbing sein.
scoyo: Welchen Rat geben Sie Eltern von Mobbing-Opfern?
Dr. Gebauer: Wenn Eltern davon erfahren, dass ihr Kind gemobbt wird, haben sie keine wichtigere Aufgabe als sich in den kommenden Wochen und Monaten auf die Seite ihres Kindes zu stellen und es bei allen weiteren Auseinandersetzungen zu unterstützen. Ein grober Fehler wäre es, dem Opfer eine Mitschuld zu geben. Dabei sollten sie nichts untenehmen, ohne vorher mit ihrem Kind darüber gesprochen zu haben. Sie sollten im Verwandten- und Freundeskreis nach Personen ihres Vertrauens Ausschau halten und diese in den Klärungsprozess mit einbeziehen. Oft machen sich Erwachsene nicht klar, dass ein Mobbingopfer – vor allem, wenn es lange geschwiegen hat – sein Selbstvertrauen völlig verloren hat. Es muss daher zunächst ein Netz von Beziehungen aufgebaut werden, in dem sich das Opfer sicher und geborgen fühlen kann. Eltern sollten möglichst schon im Vorfeld mit der Schule Kontakt aufnehmen und mit dafür sorgen, dass Mobbing professionell bearbeitet werden kann. Hilfreich ist es, wenn Lehrkräfte eine gute Beziehung zu ihren Schülern aufbauen und das Klären von Konflikten zu einem zentralen Anliegen ihrer Unterrichtsarbeit machen. So entsteht Vertrauen. Darin liegt der wirksamste Schutz gegenüber Mobbing. Wenn durch die Schule keine Unterstützung erfolgt, ist ein Schulwechsel dringend zu empfehlen.
Dr. Karl Gebauer
| © Dr. Karl Gebauer
Dr. Karl Gebauer, Autor
Dr. Karl Gebauer war 35 Jahre als Lehrer tätig, 25 davon als Rektor an der Leinebergschule in Göttingen. Seit vielen Jahren hält er Vorträge zu aktuellen Erziehungs- fragen und leitet Workshops für Eltern, Lehrer und Erzieherinnen. Karl Gebauer hat zahlreiche Aufsätze geschrieben und insgesamt 16 Bücher publiziert.
Schwerpunkte seiner intellektuellen Auseinadersetzung sind die Bedeutung der Emotionalität in Erziehungsprozessen, Gewalt in der Schule, konstruktiver Umgang mit Stresssituationen, Chancen der Teamarbeit, Sozialisationsprozesse in der Grundschule und Verhaltensauffälligkeiten im Kindesalter.
Weitere Informationen finden Sie auf seiner Homepage.
Eine Kolumne von Christian Hanne, Blog Familienbetrieb.
In den nächsten Wochen gibt es in ganz Deutschland die Halbjahreszeugnisse. Mein Schwager pflegte als Kind einen sehr entspannten Umgang mit seinem Zeugnis. Er brachte es in der 1. Klasse zerknüllt in der Hosentasche von der Schule mit. Ein Verhalten, das vielleicht nicht unbedingt zur Nachahmung empfohlen sei, aber zumindest sollten Kinder keine Angst haben, mit ihrem Zeugnis nach Hause zu kommen. Auch wenn der Notendurchschnitt darauf hindeutet, dass sie im letzten halben Jahr mehr Zeit mit Snapchat, Netflix und Chillen als mit unregelmäßigen englischen Verben, chemischen Reaktionsgleichungen und dem Satz des Pythagoras verbracht haben. Trotzdem sollte der Zeugnistag nicht zum Tag des Zorns werden. Vielleicht inspirieren Sie die folgenden Gedanken und Tipps, wie Sie mit den Zeugnissen Ihrer Kinder möglichst gelassen umgehen können.
Es müssen nicht immer Noten sein
Die beste Möglichkeit, sich nicht mehr über Noten aufzuregen, besteht darin, sie abzuschaffen. Allerdings wollen Sie auch nicht in jedem Fach seitenweise Bewertungsprosa über die schulischen Leistungen und Verfehlungen Ihres Kindes lesen müssen. (Und Lehrerinnen und Lehrern möchten Sie nicht zumuten, diese schreiben zu müssen.)
Schlagen Sie der Schule Ihres Kindes daher doch ein alternatives Bewertungsschema vor, das nicht auf harten, kalten Zahlen basiert, sondern an der Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler anknüpft. Emojis!
Sie müssen zugeben, dass es die Stimmung am Abendbrottisch erheblich auflockert, wenn Ihr Kind auf die Frage „Was hattest du eigentlich in der Französischarbeit?“ fröhlich sagen kann: “Einen Kackhaufen!”
Noten sind relativ
Wenn Sie sich über das vermeintlich schlechte Zeugnis Ihrer Kinder aufregen, denken Sie immer daran: Ein Zeugnis ist letztlich auch nur ein Blatt Papier mit Zahlen. (Unter Umständen recht hohen Zahlen).
Irgendwann hat sich jemand die Notenskala ausgedacht, um die Leistung von Schülerinnen und Schülern zu bewerten. Dabei ist die Bedeutung der Noten vollkommen willkürlich. Während in Deutschland beispielsweise die Eins für eine sehr gute und die Sechs für eine ungenügende Leistung steht, ist es in der Schweiz genau umgekehrt. Dort ist die Sechs die beste und die Eins die schlechteste Note.
Hat Ihr Kind auf dem Zeugnis mehr Fünfen als bei einem Fünfer-Kniffel, mag das in einer deutschen Schule besorgniserregend sein, aber in der Schweiz würde es zu den Klassenbesten zählen. Zugegebenermaßen eine Sichtweise, deren psychologischer Effekt aufbauend wirken mag, Ihrem Kind aber auch nicht weiterhilft, wenn es sich später für ein Medizin- oder Jurastudium bewirbt. Nicht einmal in der Schweiz.
Schlecht ist nicht gleich schlecht und gut ist nicht gleich gut
Aber auch im deutschen Notensystem sind schlechte Noten immer nur relativ schlecht. Eine Vier in Latein kann zum Beispiel ein Grund zu großer Freude sein. Schließlich ist es keine Fünf! Eine, trotz ihrer Schlichtheit, sehr weise Aussage, wie ich finde. Allerdings bin ich da wohl etwas voreingenommen, denn sie stammt ja von mir.
Umgekehrt müssen Sie sich nicht allzu viel darauf einbilden, wenn Ihre Kinder mit einem 1er-Zeugnis nach Hause kommen. Selbst bei einem 1,0-Schnitt. Irgendwo auf der Welt gibt es immer einen 10-jährigen, der gerade seine Promotion in theoretischer Physik mit ‚Summa cum Laude‘ abgeschlossen hat. Dagegen wirkt ihr vermeintlich ach so schlaues Kind dann nur noch wie ein tumber Nullchecker.
Mut zur Lücke
Insbesondere Kinder, die eine weiteführende Schule besuchen, sehen sich täglich mit einer sehr breiten Fächerpalette konfrontiert und müssen sich im 45-Minuten-Takt mit ganz unterschiedlichen Themen beschäftigen. In der einen Stunde werden komplizierte Kurvendiskussionen mittels binomischer Formeln geführt, in der nächsten analysieren sie die Sonette Shakespeares, anschließend müssen sie biochemische Stoffwechselprozesse parat haben und danach geht es im Erdkunde-Unterricht um Vulkanismus und Plattentektonik.
Bei so einem diversen Lernstoff wäre es selbst Leonardo da Vinci einfach unmöglich, in allen Fächern mit hervorragenden Noten zu brillieren. Seien Sie also nachsichtig, wenn Ihr Kind ein paar Dreien oder gar Vieren auf dem Zeugnis hat. Oder arbeiten Sie halbtags als Medizinbiologe am Max-Planck-Institut für molekulare Genetik, haben gleichzeitig eine Teilzeitprofessur in romanischer Philologie, komponieren abends sinfonische Konzerte, die in der Hamburger Elbphilharmonie aufgeführt werden, und gelten darüber hinaus als aussichtsreicher Goldmedaillen-Kandidat im 50 Kilometer-Langlauf bei den anstehenden olympischen Spielen? Nein? Dann müssen Sie es ja auch nicht von Ihrem Kind erwarten.
Lob dem Mittelmaß
Es ist außerdem gar nicht immer erstrebenswert, eine 1er-Schülerin oder ein 1er-Schüler zu sein. Dagegen ist es viel nützlicher, eher durchschnittliche Leistungen abzuliefern. Nach einer geradezu brillanten Grundschulkarriere war ich auf dem Gymnasium ein ziemlich mittelmäßiger Schüler. (Ich war sogar ein solch mittelmäßiger Schüler, dass sich die meisten meiner Lehrer schon kurz nach meinem Abitur nicht mehr daran erinnern konnten, mich jemals unterrichtet zu haben.)
Dies hat heute den unschätzbaren Vorteil, dass ich, wenn ich meine Eltern besuche, vollkommen unbehelligt durch das Städtchen schlendern kann, ohne Gefahr zu laufen, dass mich ein ehemaliger Lehrer oder eine ehemalige Lehrerin erkennt und mir ein Gespräch über alte Schulzeiten, meine berufliche Laufbahn und meine familiäre Situation aufzwängt. Gönnen Sie Ihren Kindern auch diese Freiheit und schicken Sie sie nicht sofort zur Nachhilfe, nur weil es mal eine Vier in Mathematik oder Biologie hat. Dann steigt außerdem die Wahrscheinlichkeit, dass es Sie später besuchen wird.
Es gibt genügend schlechte Vorbilder
Möglicherweise zählt Ihr Kind aber nicht mehr zum Durchschnitt der Klasse, sondern ist stark versetzungsgefährdet. Das ist jedoch kein Grund in Panik zu verfallen und soziale Ächtung zu befürchten. Schließlich gibt es unzählige prominente Persönlichkeiten, die sehr schlecht in der Schule waren, später aber dennoch erfolgreiche Karrieren hingelegt haben.
Thomas Gottschalk ist beispielsweise einmal sitzen geblieben, genauso wie Otto oder Mehmet Scholl. Sogar Harald Schmidt, Ulrich Wickert und Roger Willemsen hat es mal erwischt und sie mussten ihre Schulzeit unfreiwillig verlängern. Thomas Mann hat gar zwei Ehrenrunden gedreht und nie Abitur gemacht, was augenscheinlich kein Hinderungsgrund war, ihm später den Literaturnobelpreis zu verleihen. Wenn Ihr Kind also eine Klasse wiederholen muss, ist das möglicherweise nicht Ausdruck von mangelnder Intelligenz, sondern ein untrügliches Zeichen für eine unentdeckte Hochbegabung.
Motivieren, aber richtig
Vielleicht möchten Sie ihre Kinder durch Belohnungen zu schulischen Bestleistungen anspornen. Wenn Sie Ihre Familie wie einen kapitalistischen Großkonzern führen, der auf Gewinnmaximierung ausgerichtet ist, können Sie sich beispielsweise ein finanzielles Anreizsystem ausdenken, bei dem Ihr Kind für Einsen und Zweien mit abgestuften Geldbeträgen belohnt wird. Ein System, dass allerdings seine Schwächen hat. Wenn es funktioniert, ist es äußerst kostspielig, was dann wiederum Ihren Gewinnmaximierungsabsichten entgegenwirkt.
Am humanistischen Bildungsideal orientierte Eltern lehnen Belohnungssysteme für gute Noten entschieden ab. Schließlich sollte man nicht für Geld oder Noten lernen, sondern für das Leben. So ähnlich – zumindest sinngemäß – hat das der römische Philosoph Seneca gesagt und der gilt gemeinhin als kluger Denker. Bei dieser wohlwollenden Einschätzung seiner Person wird allerdings häufig übersehen, dass er unter anderem der Lehrer des römischen Kaisers Nero war. Der ging bekanntlich als Brandstifter Roms in die Annalen ein und war berüchtigt dafür, seine Gegner verfolgen und grausam meucheln zu lassen.
Somit sollte Senecas pädagogisches Talent nicht überbewertet werden und Sie können durchaus überlegen, wie Sie Ihre Kinder durch Belohnungen zu guten Noten motivieren können. Allerdings sollten Sie dabei die richtigen Anreize setzen. Das ist für Kinder heutzutage nämlich weniger Geld, sondern der WLAN-Zugang. Wenn Ihre Kinder notorische Faulpelze sind, kündigen Sie einfach mal an, dass ihre künftige Internet-Nutzung davon abhängt, dass sich ihre Lernbereitschaft erheblich verbessert. Im ersten Moment wird in Ihrem Haushalt zwar eine Stimmung herrschen gegen die Mordor als idyllischer Luftkurort gelten kann, aber schon bald werden die Kinder einen Fleiß an den Tag legen, von dem sich Honigbienen eine Scheibe abschneiden können. Nur damit sie das neue WLAN-Passwort erfahren und sich pausenlos YouTube-Videos reinziehen können, bis auch ihre letzte Gehirnzelle Reißaus genommen hat. Dann können Sie Ihre Kinder auch mit Geld für gute Noten ködern, ohne Gefahr zu laufen, am Zeugnistag nur einen einzigen Euro ausgeben zu müssen.
Das etwas andere Zeugnis
Christian Hannes Kolumne zeigt: Das Zeugnis und Noten sind relativ. Es sind letztlich abstrakte Zahlen auf einem Blatt Papier, die länderübergreifend nicht einmal eine einheitliche Bedeutung haben! Sicher: Wenn es in der Schule mal nicht läuft, kratzt das am Selbstwertgefühl – sind Noten doch in dem meisten Schulen fast von Beginn an der Maßstab für gut und schlecht. Aber sie bewerten immer nur einen ganz kleinen Ausschnitt zu einem spezifischen Wissen. Kreativität, soziale Fähigkeiten oder Baumkletterskills werden aber nicht bewertet. Umso wichtiger ist es zu zeigen, dass Kinder neben Noten viele weitere tolle Dinge können und die Zahlen im Zeugnis nicht alles sind!
Aus diesem Grund haben wir das etwas andere Zeugnis entworfen, mit dem Eltern ihren Kindern sagen können, auf was es ihnen eigentlich ankommt.
Dabei können Sie unter anderem diese Fragen beantworten:
- Was wissen die Lehrer nicht über Ihr Kind?
- Worauf sind Sie besonders stolz?
- Wie würden Sie Ihr Kind in wenigen Worten beschreiben?
Machen Sie mit und geben Sie die Aktion #mehralsnoten gerne weiter, denn: Unsere Kinder sind so viel mehr als Noten!
Kolumne von Eltern für Eltern
Im Wechsel schreiben Blogger und Journalisten über Themen, die Eltern bewegen. Lesen Sie hier Geschichten und Beispiele aus der wunderbar chaotischen Welt des Lernens und Lebens. Alle Kolumnen ansehen.
Über den Autor
Christian Hanne, Jahrgang 1975, ist im Westerwald aufgewachsen und hat als Kind zu viel von Ephraim Kishon gelesen und zu viel „Nackte Kanone“ geschaut. Inzwischen lebt er mit seiner Frau und ihren beiden Kindern in Berlin-Moabit. Auf seinem Blog ‘Familienbetrieb’, auf Twitter und Facebook schreibt er über den ganz normalen Alltagswahnsinn. Kulinarisch pflegt er eine obsessive Leidenschaft für Käsekuchen. Sogar mit Rosinen. Ansonsten ist er mental einigermaßen stabil.
Im September ist sein Buch “Wenn’s ein Junge wird, nennen wir ihn Judith” im Seitenstraßenverlag erschienen. In zwölf gar nicht mal so kurzen Kurzgeschichten sinniert er darüber, wie Schwangerschaft, Marathongeburten und nachtaktive Babys eine moderne, gleichberechtigte Partnerschaft auf die Probe stellen.
Meine Tochter war so an die zehn Jahre alt, als sie Zeugin folgender Situation wurde: Mein Mann und ich mussten auf der Straße kurz ein Reserverad von einem Kofferraum zum anderen umpacken. Wie geht das am besten? Voller Freude rief mein schlaues Kind: “Popo an Popo!” Klar: Kurz die Autos Kofferraum an Kofferraum bringen, um so wenig wie möglich das schwere Ding zu schleppen – zumal wir Spezialisten für Bandscheibe & Co sind.
Und dann stand eines dieser zauberhaften Wesen in Uniform vor uns. Eine Politesse. Ob wir wüssten, dass es verboten sein, ein Auto in der umgekehrten Fahrtrichtung auf der Straße zu parken. Wir sagten, dass wir nicht parken würden, sondern nur kurz halten. Sie blieb unbarmherzig und schrieb uns ein Ticket. Meine Tochter versuchte, ihr mit großen Kinderaugen zu erklären, wie ungerecht das sei! Ich erkundigte mich, was eigentlich eine Beamtenbeleidigung on top kosten würde. Sie händigte uns wortlos den Zettel mit der Strafe aus und stöckelte davon.
Als wir später woanders (jetzt nun wirklich) parkten, fragte meine Tochter: „Können wir jetzt umgekehrt parken? Wir haben ja dafür schon bezahlt!” Ehrlich gesagt, innerlich grollte ich immer noch gegen die Ordnungshüter und so gesellte ich mich zu dem Trotz meiner Tochter und parkte falsch herum, in der Hoffnung, nicht noch mal bezahlen zu müssen. Ich hatte Glück diese Nacht.
Strafen in der Erziehung – was das bei Kindern wirklich für Folgen hat
Gerade bei den unabhängigen Denkern können Strafen als Erziehungsmittel genau das Gegenteil bewirken, von dem, wofür sie verhängt werden. Wenn unsere lieben Kleinen nicht einsehen, dass sie etwas falsch gemacht haben und nicht verstehen, was sie falsch gemacht haben, verstärken Strafen eher das unerwünschte Verhalten. Und wenn ganz von Anfang an nur mit Strafen und Druck erzogen wird, haben unsere Kinder bald gar keine unabhängige Denke mehr, sondern werden zu unselbstständigen Wesen, die nur aus negativer Motivation heraus agieren. Drückeberger. Ja-Abers. Anweisungsbefolger.
Wollen wir modernen Eltern das wirklich?
Kinder bauen aber oft Mist. Wie sollen sie lernen, dass das nicht ok war?
Wat nu? Schimpfen, erklären und dann nichts? Ist das dann ausreichend Erziehung? Nur Einsicht fördern, ist das die Lösung?
Was bei uns in der Familie immer funktioniert hat, ist eher das Prinzip Wiedergutmachung statt Strafe – inklusive der Konsequenzen. Das erfordert Gespräche und Erklärungen. Es erfordert, dass klar wird, wer unter einem bestimmten Verhalten zu leiden hatte. Und womit man denjenigen dann wieder glücklich machen könnte.
Meine Beispiele, wo Wiedergutmachung statt Strafe in der Erziehung bestens funktioniert hat:
1. Zu lange nach dem Turnen getrödelt und nicht zur vereinbarten Zeit zurück zu Hause angekommen?
Mama hat sich Sorgen gemacht. Sich einen Unfall vorgestellt. Eine Kindesentführung. Hat innerlich schon die Blaulichter der Polizei vor dem Haus und die Hundertschaft mit Hunden bei der Suche gesehen. Das kann zwar massives Augenrollen in der präpubertären Phase hervorrufen, aber selbst dann kann ein Kind verstehen: Mama ging es verdammt schlecht dabei. Wiedergutmachung: Wenigstens eine kleine Nacken-Entspannungsmassage für Mama müsste drin sein.
Und wenn wir schon mal dabei sind, uns gegenseitig zu verstehen … auch Mama kann dabei etwas verstehen. Möchte das Kind nach dem Sport noch etwas mit den anderen klönen? Das ist OK, dann lässt sich dafür ein Puffer einbauen. Oder es schickt noch kurz eine Nachricht mit der Verspätungsankündigung – denn meistens ist es so, dass Kinder, die alleine unterwegs sind, heutzutage auch mit deinem entsprechenden Mobilgerät ausgestattet sind, um wenigstens eine SMS absetzen zu können. Also Konsequenz (muss ja gar nicht zu Lasten des Kindes gehen!): Klare Abmachung, wie viel Verspätung noch OK ist, und ab wann eine Nachricht abgesetzt wird.
2. Omas wertvolle Teekanne beim Spielen, sogar nach mehrfachem Ermahnen, kaputt gemacht?
Schnelle Konsequenz: Aufräumen. Dann sollte ein Entschuldigungsgespräch stattfinden, bei dem nicht nur dem formellen Akt der Entschuldigung genüge getan werden sollte, (… ehrlich gesagt, das allein kann man meiner Meinung in die Tonne treten …) sondern bei dem das Kind von Oma erfahren sollte, warum die Kanne wertvoll war. Hat sie einfach viel Geld gekostet? Oder hängen an dem guten Stück wunderbare Erinnerungen und Omas Herz blutet gerade? Wiedergutmachung: Was könnte Oma trösten? Eine neue Teekanne zu töpfern? Oder eine aus den Ferien mitzubringen? Oder ein wenig bei der Gartenarbeit auszuhelfen?
Also: Je weniger etwas verhängt wird von oben herab (typische Strafen bei der Kindererziehung), und je mehr die Empathie des Kindes verstärkt wird, sein Verhalten zu reflektieren und zu verstehen, warum der andere Mensch jetzt “geschädigt” ist, desto besser! Bei uns hat sich das so entwickelt, dass meine Tochter ein immer feineres Gespür für meine Wünsche bekommen hat.
Die Krönung meiner Wiedergutmachungen: Gutscheine. Für Ausstellungs- und Museumsbesuche. Ohne Maulen.
Über Béa Beste
Béa Beste, Bildungsunternehmerin
Bildungsunternehmerin
© Béa Beste
Im Zukunftsdialog der Bundeskanzlerin plädierte Bildungsunternehmerin Béa Beste als Expertin im Bereich „Wie wollen wir lernen?“ für eine Lernkultur der Potenzialentfaltung und mehr Heiterkeit in der Bildung. Béa gründete 2006 die bilingualen Phorms Schulen, einige Jahre später die monatlich erscheinende Tollabox mit Materialien und Bastel-Ideen für Familien mit Kindern ab drei Jahren. Die Mutter einer erwachsenen Tochter führt den Kreativ-Blog der Tollabox als ‘Tollabea’ weiter.
Kolumne – von Eltern für Eltern
Im Wechsel schreiben Blogger und Journalisten hier über Themen, die Eltern bewegen. Lesen Sie Geschichten und Beispiele aus der wunderbar chaotischen Welt des Lernens und Lebens: → Alle Kolumnen ansehen
16.11.2015, Kolumne von Béa Beste
In dem Moment, in dem wir Eltern werden, verändert sich alles im Leben. Sich nach getaner Arbeit aufs Sofa fläzen, die ruhigen Momente im Coffee-Shop genießen, nächtelang mit Freunden ausgehen und am Wochenende bis zum Nachmittag ausschlafen? Vorbei! Die Marathon-Vorbereitung, der Töpferkurs in der Toskana oder der neue Sprachkurs? Vergessen!
Eltern leiden chronisch unter Schlaf- und Zeitmangel, sie sind quasi die Krone der Erschöpfung. Da kann die viel zitierte Me-Time schon an sich Stress auslösen.
Dabei wissen wir theoretisch, dass wir selbst glücklich sein müssen, um unseren Kindern eine glückliche Kindheit zu bieten. Aber wie können wir glücklich sein, wenn wir zu viel von unseren Wünschen und Vorhaben hinten anstellen?
Ich war sehr jung und voller Wünsche, als ich meine Tochter bekam – und habe diese nicht aufgegeben, sondern mich immer wieder selbst motiviert. Vieles davon habe ich irgendwie nur instinktiv gemacht. Im Nachhinein betrachtet haben mich folgende Punkte wirklich weiter gebracht:
Wie kann ich mich selbst motivieren, etwas für mich zu tun? Tipps aus eigener Erfahrung
1. Mir klar machen, dass ich das Kind gewollt habe
Ich bin zwar nicht geplant schwanger geworden mit nur 21 Jahren, aber ich habe das Kind gewollt. Ich habe mich bewusst entschieden, meine Tochter zu haben. Und wenn ich mal in Situationen war, in denen ich mich doch überfordert fühlte, habe ich mir mein Kind angeschaut und voller Liebe vor mich hin gesagt: „Ja, doch, ich habe dich gewollt.“ Und schon war ich weniger überfordert, sondern glücklich, dass ich sie hatte.
2. Eigene Interessen haben – und sich selbst motivieren, diesen nachzugehen
Natürlich war in der Schwangerschaft und auch in der ersten Zeit die Magie des kleinen Wunders in meinem Leben stärker als alles andere, und das gute Oxytocin legt sich doch irgendwie auf die grauen Zellen nieder … Ja, ich konnte eine Weile auch nur noch in Babybrei und Windelinhalt denken, aber ich habe mich nahezu gezwungen, mich auch mit dem Weltgeschehen und anderen Zusammenhängen zu beschäftigen.
Mein erstes Sachbuch nach der Geburt hat mich Nerven gekostet, aber ich habe es geschafft und war am Ende stolz darauf.
3. Einen klaren Zeitraum definieren, um auch alleine zu sein
Der Witz besagt, dass die gute Fee (die mit der Wunscherfüllung) bei Müttern mit Kleinkindern staunt: „Wie? Nur alleine aufs Klo dürfen und 10 Minuten alleine duschen am Tag???“ Tja, auch diese Alltagsrechte muss man sich erkämpfen.
Es tut gut, mindestens einen Abend alle zwei Wochen für sich zu haben, um Freunde zu treffen, oder etwas Anspruchsvolles zu machen – ohne Kind. Oder einfach, um auszuschlafen!
Egal wie, ich habe mir das als selbstverständliches Grundrecht eingefordert und es hat mir immer gut getan. Das setzt eigentlich aber den nächsten Punkt voraus:
4. Anderen Menschen vertrauen, dass sie sich gut ums Kind kümmern können
Ich weiß, das ist bei vielen (vor allem Müttern) der eigentliche Knackpunkt, weshalb sie sich selbst nicht gut motivieren können, etwas für sich zu tun: Es ist schwer, sein Kind anderen Menschen anzuvertrauen. Aber wir sind doch nicht von Idioten umgeben, und unsere sozialen Kontakte, unsere Familie hat dieses Vertrauen verdient.
Ich habe mir von Anfang an klar gemacht, dass andere Menschen mein Kind nicht haargenau so behandeln werden wie ich, und auch kein Ersatz für mich sein sollten. Andere liebevolle, vernunftfähige Menschen, die sich ums Kind kümmern, sind auch Gelegenheiten fürs Kleine, andere Umgangsweisen kennenzulernen – und sich anzupassen:
Meine Tochter hat von unserem Nachbarn, ein passionierter Hobby-Koch, vieles gelernt – und ich habe nicht schlecht gestaunt, als meine Zweijährige plötzlich mit Brettchen und Küchenmesser Karotten und Schnittlauch hacken konnte wie die Profis: Ratatatazack.
5. Auch mal sehen, was man alles schafft – nicht nur, was man nicht schafft!
Vieles ist eine Sache der Perspektive, die Betrachtung des halb vollen oder halb leeren Glas: Wenn wir stets den Blick auf das, was wir nicht schaffen, richten, macht uns das nur unglücklich. So schaffen wir es kaum, uns selbst zu motivieren. Doch wie wäre es, wenn wir sehen würden, was wir MIT Kind gewuppt bekommen?
Sport ist mein bestes Beispiel: Wie viel körperliche Anstrengungen haben Eltern extra – vom morgendlichen Kinderanziehen bis hin zum Jagen über den Spielplatz und dem Tragen von Futtermassen aus dem Supermarkt? Das ist mehr als das Training im Fitness-Studio hervorbringen könnte!
Die gute Berlinmittemom hat einen sehr guten Blogbeitrag geschrieben über ihre I-did-it-Liste – die sorgt für die richtige Perspektive und einen Schub in Richtung Selbstmotivation.
6. Sich klar machen, dass mit der Zeit alles besser wird
Als Mutter einer inzwischen 25-Jährigen versichere ich euch schriftlich: Es wird mit jedem Lebensabschnitt eines Kindes besser, ihr gewinnt Jahr für Jahr mehr Selbstständigkeit.
Ich weiß, wie ich in manchen Momenten den Eindruck hatte, dass sich bestimmte Zustände nie ändern werden. Es stimmt nicht: Sie ändern sich. Irgendwann stellt ihr fest, dass sie lieber vor sich hin wurschteln und euch ausschlafen lassen. Dass sie lieber den Schulweg alleine gehen. Dass sie euch freiwillig ins Kino schicken, um die Bude für sich zu haben. Dass sie auch mal ihre Zeit für sich haben wollen.
Und wenn ihr das aushaltet ohne Kontrollzwang, dann ist das eure Zeit – Zeit für euch. Vorausgesetzt, ihr vertraut euren Kindern, dass sie sich gut um sich selbst kümmern können.
Alles Liebe, eure Béa. PS: Ich freue mich über all eure Ideen, Anregungen und euer Feedback weiter unten in den Kommentaren.
Jetzt pack ich es an! Wie wir uns für unliebsame Aufgaben motivieren
► Papierzeug nicht zu lang aufschieben
Morgen ruf ich beim Finanzamt an. Ganz bestimmt. Und schwupps wandern unattraktive To Dos von einer Liste zur nächsten – und verlängern sie damit automatisch. Doch meist sind diese Aufgaben ziemlich schnell erledigt. Also: einfach machen, am besten zu einem bestimmten Termin, alle hintereinander weg! Das tut gut.
► Positive Gedanken motivieren
Was uns Spaß macht, geht uns leichter von der Hand. Was wir doof finden, hemmt uns. Doch wenn wir uns bei „anstrengenden Aufgaben“ mehr darauf konzentrieren würden, was die Erledigung Positives bringt, könnten wir uns gleich viel besser motivieren. Also: Sport gibt uns Ausgleich, die Steuererklärung bares Geld und der Zahnarzttermin weniger Schmerzen.
► Feuern Sie sich an!
Klingt komisch, hilft aber wirklich. Wenn wir uns selbst Mut zusprechen und uns nach getaner Arbeit loben, fühlen wir uns gleich viel besser. Und verdient haben wir es allemal!
Über Béa Beste
Béa Beste, Bildungsunternehmerin
Bildungsunternehmerin
© Béa Beste
Im Zukunftsdialog der Bundeskanzlerin plädierte Bildungsunternehmerin Béa Beste als Expertin im Bereich „Wie wollen wir lernen?“ für eine Lernkultur der Potenzialentfaltung und mehr Heiterkeit in der Bildung. Béa gründete 2006 die bilingualen Phorms Schulen, einige Jahre später die monatlich erscheinende Tollabox mit Materialien und Bastel-Ideen für Familien mit Kindern ab drei Jahren. Die Mutter einer erwachsenen Tochter führt den Kreativ-Blog der Tollabox als ‘Tollabea’ weiter.
Kolumnen von Eltern für Eltern
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Die beliebtesten Kolumnen von Béa:
Als Eltern stimmen Sie mir sicherlich zu, dass Weihnachten mit Kindern etwas ganz Besonderes ist. Es ist der unerschütterliche kindliche Glaube an den Weihnachtsmann und an das Christkind, der den weihnachtlichen Mythos ausmacht. Denn was wäre Weihnachten ohne das Christkind und Weihnachtsmann? Einfach nur ein befremdliches Ritual, bei dem sich Menschen vor einem mit Lametta behangenen Nadelbaum treffen und Präsente austauschen, die von gestressten, unterbezahlten und bandscheibengeschädigten DHL-Kurieren ausgeliefert wurden.
Da ist es doch viel schöner, sich vorzustellen, es gibt das Christkind und den Weihnachtsmann, die unsere Wünsche kennen und erfüllen. Somit sollten wir den Glauben unserer Kinder an Christkind und Weihnachtsmann und damit für uns den Zauber des Weihnachtsfestes so lange wie möglich bewahren. Wie? Mit den folgenden Tipps gelingt Ihnen das ganz leicht.
Lassen Sie die Kinder Wunschlisten erstellen
Der Mythos vom Christkind und Weihnachtsmann fußt vor allem auf dem kindlichen Glauben, dass sie an Weihnachten die Geschenke bringen, die sich die Kinder sehnlichst gewünscht haben. Lassen Sie Ihre Kinder daher im Vorfeld des Weihnachtsfestes unbedingt entsprechende Wunschzettel schreiben. Erklären Sie Ihren Kindern, dass Weihnachtsmann und Christkind aber nur Geschenke bringen, die korrekt geschrieben wurden. Es gibt keine effektivere Maßnahme, um die Ausgaben für die Geschenke auf ein Minimum zu reduzieren.
Sind Ihre Kinder des Schreibens noch nicht mächtig, können sie Bilder aus einem Spielzeugkatalog ausschneiden und aufkleben. Das Risiko, dass sich die Kinder, die nicht über die präzise Feinmotorik eines Mikrochirurgen verfügen, beim Hantieren mit der spitzen Schere in die Fingerchen schneiden, müssen Sie in Kauf nehmen. Idealerweise passiert das gleich am Anfang, so dass der Wunschzettel kurz ausfällt und der Kauf der Geschenke Sie nicht in die Privatinsolvenz treibt. Schließlich wollen Sie Weihnachten nicht mit Peter Zwegat feiern.
Machen Sie bei den Wunschzetteln allerdings nicht den Fehler, die alten Wunschzettel Ihrer Kinder als Andenken aufzubewahren. Die Gefahr ist groß, dass die Kinder die Zettel eines Tages in irgendeiner Schublade finden und feststellen, jahrelang von Ihnen belogen worden zu sein – was das Vertrauensverhältnis zu Ihnen irreparabel beschädigen wird. Schreddern Sie daher die alten Wunschzettel, verbrennen Sie die Papierschnipsel und verstreuen Sie die Asche auf einer Ackerfläche, die mindestens 100 Kilometer von Ihrem Wohnort entfernt ist.
Legen Sie die Geschenke heimlich unter den Weihnachtsbaum
Ihre Kinder werden nur auf Dauer glauben, dass Weihnachtsmann und Christkind die Geschenke bringen, wenn die Präsente an Heiligabend irgendwann wie von Zauberhand unterm Weihnachtsbaum liegen. Dies zu bewerkstelligen ist nicht ganz einfach, da die Kinder am 24. Dezember nicht in die Kita oder zur Schule gehen, sondern den ganzen Tag in der Wohnung rumlungern und einen mit der Frage “Wann gibt es endlich die Geschenke?” in den Wahnsinn treiben.
Bei uns erwies sich der gemeinsame Kirchgang als beste, da einzige, Möglichkeit, die Geschenke heimlich unter dem Weihnachtsbaum zu platzieren. Dazu erklärte ich jahrelang just in dem Moment, wenn die ganze Familie aufbrechen wollte, ich müsste nochmal auf Toilette, aber die anderen sollen ruhig schon einmal vorgehen und mir einen Platz in der Kirche freihalten. Anfangs schöpften die Kinder keinen Verdacht, aber irgendwann glaubten sie wahrscheinlich, dass ihr Vater unter einem nervösen Reizdarm leidet, der jedes Jahr an Heiligabend ausbricht.
Wenn diese Art der Täuschung nicht länger funktioniert, können Sie auch einen atheistischen Nachbarn bitten, während Ihrer Abwesenheit die Geschenke unterm Baum zu verteilen. Allerdings sollten Sie diesem Nachbarn absolut vertrauen. Sonst könnte es passieren, dass die Kinder bei der Rückkehr nicht ob der Fülle an Geschenken große Augen machen, sondern weil sämtliche Unterhaltungselektronik aus der Wohnung verschwunden ist.
Hinterlassen Sie Proviant für Weihnachtsmann und Christkind
Mit zunehmendem Alter werden überraschend auftauchende Geschenke Ihre Kinder nicht mehr restlos von der Existenz von Christkind und Weihnachtsmann überzeugen und sie fordern zusätzliche Beweise ein, dass mindestens einer von beiden tatsächlich da war, um die Geschenke zu verteilen. Auch das ist kein Problem, wenn Sie gemeinsam mit Ihren Kindern ein paar Plätzchen und ein Glas Milch als Proviant für Weihnachtsmann und Christkind richten. Wenn die Kinder dann zur Bescherung ins Wohnzimmer kommen und von den Plätzchen nur noch ein paar Krümel und von der Milch nur noch ein kleiner Rest übrig sind, können Sie Ihren Kindern erklären, Weihnachtsmann und Christkind hätten sich für die weitere Geschenkeschlepperei gestärkt, bevor sie – leider, leider – unverzüglich wieder aufbrechen mussten. Für Sie hat diese Aktion den schönen Nebeneffekt, dass Sie während des Geschenkeverteilens ein wenig Naschen und Ihren Durst stillen können.
Sollten Sie keine Lust haben, an Heiligabend Milch zu trinken, oder hochgradig laktoseintolerant sein, erklären Sie Ihren Kindern einfach, der Weihnachtsmann und das Christkind würden sich sehr über einen 18-jährigen Chivas Regal freuen. Und noch mehr über einen Doppelten. Das wiederum hat den schönen Nebeneffekt, dass Sie den Weihnachtsgottesdienst, nachdem Sie sich den doppelten Whiskey reingelötet haben, als sehr viel lustiger als gewöhnlich empfinden werden. Möglicherweise der Beginn einer schönen Tradition, der für Sie den Zauber des Weihnachtsfests ausmachen wird.
Engagieren Sie einen Weihnachtsmann-Darsteller
Kleine Kinder sind noch so gutgläubig und naiv, dass sie alles, was ihre Eltern erzählen, für bare Münze nehmen. Einem Kindergartenkind könnten Sie auch weismachen, dass der Li-La-Launebär die Geschenke an Weihnachten bringt. Mit zunehmendem Alter und damit einhergehender kognitiven Entwicklung geben sich Kinder aber nicht mehr mit den elterlichen Beteuerungen zufrieden, Weihnachtsmann und Christkind hätten die Geschenke gebracht und wären auch noch gerne auf einen kleinen Plausch geblieben, hätten aber aufgrund ihres eng getakteten Terminplans unverzüglich weitergemusst. Nein, ein Grundschulkind verlangt handfeste Beweise und wird nur weiter an Weihnachtsmann oder Christkind glauben, wenn sie leibhaftig vor ihnen stehen.
Engagieren Sie also jemanden, der Heiligabend als Weihnachtsmann verkleidet mit einem großen Sack bei Ihnen vorbeikommt und Ihren misstrauischen Kindern die Geschenke persönlich überreicht. (Beim Christkind gestaltet sich das ein wenig schwierig, da es nur sehr wenige Säuglinge gibt, die die Rolle des Christkindes überzeugend spielen. Außerdem machen die restriktiven Kinderschutz-Bestimmungen in Deutschland Christkind-Auftritte nach 18 Uhr nahezu unmöglich.)
Studentischen Arbeitsvermittlungen bieten glücklicherweise zahlreiche Weihnachtsmänner an, die an Heiligabend Hausbesuche machen. Vergewissern Sie sich aber vorab, dass Ihr Weihnachtsmann über tadellose Referenzen verfügt. Schließlich wollen Sie nicht, dass am 24. ein ungepflegter Langzeitstudent mit 1,5 Promille vor Ihrer Tür steht, Ihren Kindern mit schwerer Zunge die falschen Geschenke überreicht und zum Abschluss ordinär fluchend die Treppe herunterfällt. Das wäre dann zwar auch ein unvergessliches Weihnachtsfest für Ihre Kinder, aber anders als Sie es sich vorgestellt haben.
Den Tag der Wahrheit mit allen Mitteln hinauszögern – Home Schooling
Trotz Ihrer aufopferungsvollen Bemühungen, Ihre Kinder über Jahre von der Existenz von Weihnachtsmann und Christkind zu überzeugen, wird der Tag kommen, an dem Ihre Tochter oder Ihr Sohn von der Schule nach Hause kommt und erzählt, der Ben hätte gesagt, es gäbe gar keinen Weihnachtsmann und auch kein Christkind, sondern die Eltern würden alle Geschenke kaufen. Sie müssen dann erwidern, der Ben sei eine doofe Flitzpiepe, den noch nicht einmal der Weihnachtsmann und das Christkind leiden könnten. Deswegen müssten für ihn seine Eltern die Geschenke selbst besorgen, damit er an Heiligabend nicht mit einem langen Gesicht vor einem verwaisten Weihnachtsbaum stehen muss.
Sie sollten deshalb besser alles daransetzen, dass Ihre Kinder keinen Kontakt zu klugscheißenden Klassenkameraden haben, die bei der bloßen Erwähnung von Weihnachtsmann oder Christkind sofort hysterisch “Fake News” schreien. Die beste Prävention: Home Schooling! Stellen Sie einen Antrag bei der zuständigen Schulbehörde, dass Sie Ihre Kinder Zuhause unterrichten möchten. Zugegebenermaßen ein recht aufwändiger Ansatz, der mit langwierigen und kostspieligen Gerichtsverfahren verbunden ist. Das sollte es Ihnen aber wert sein, um den Geist der Weihnacht für Ihre Kinder – und sich selbst – zu bewahren. Außerdem hat Home Schooling den unschätzbaren Vorteil, dass Sie nie wieder zum Elternabend gehen müssen. Das sollte Sie zusätzlich motivieren.
Der Rausch heiligt die Mittel
Haben Ihre Kinder erstmal die Volljährigkeit erreicht, bieten sich ganz andere Möglichkeiten, den Geist der Weihnacht zu beschwören. Reichen Sie statt Spritzgebäck, Vanillekipferln und Zimtsternen an Heiligabend einfach Haschkekse, dann sehen Sie alle von ganz alleine das Christkind und den Weihnachtsmann.
Das ist selbstverständlich nur ein kleiner Scherz, denn ich würde Ihnen natürlich niemals empfehlen, zum Weihnachtsfest Drogen zu nehmen. (Zumindest rät mir mein Anwalt davon ab.) Um halluzinogene Wirkungen zu erzielen, müssten Sie ohnehin bestimmte Pilzsorten oder LSD konsumieren. Würde ich Ihnen auch nicht empfehlen. (Sie wissen schon, der Anwalt.). Außerdem wissen wir ja alle: “Drogen sind verlogen” und “Keine Macht den Drogen”. Da nicken Sie jetzt sicherlich zustimmend, während Sie den dritten Becher Feuerzangenbowle kippen.
Ich wünsche Ihnen zauberhafte und mythische Feiertage. Mit Christkind und Weihnachtsmann. Oder mit dem Li-La-Launebär.
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Kolumne von Eltern für Eltern
Im Wechsel schreiben Blogger und Journalisten über Themen, die Eltern bewegen. Lesen Sie hier Geschichten und Beispiele aus der wunderbar chaotischen Welt des Lernens und Lebens. Alle Kolumnen ansehen.
Über den Autor
Christian Hanne, Jahrgang 1975, ist im Westerwald aufgewachsen und hat als Kind zu viel von Ephraim Kishon gelesen und zu viel „Nackte Kanone“ geschaut. Inzwischen lebt er mit seiner Frau und ihren beiden Kindern in Berlin-Moabit. Auf seinem Blog ‘Familienbetrieb’, auf Twitter und Facebook schreibt er über den ganz normalen Alltagswahnsinn. Kulinarisch pflegt er eine obsessive Leidenschaft für Käsekuchen. Sogar mit Rosinen. Ansonsten ist er mental einigermaßen stabil.
Im September ist sein Buch “Wenn’s ein Junge wird, nennen wir ihn Judith” im Seitenstraßenverlag erschienen. In zwölf gar nicht mal so kurzen Kurzgeschichten sinniert er darüber, wie Schwangerschaft, Marathongeburten und nachtaktive Babys eine moderne, gleichberechtigte Partnerschaft auf die Probe stellen.
In Deutschland schreitet der Einsatz digitaler Technologien im Unterricht nur zögerlich voran. Es fehlt an Konzepten und Vorreitern und, wie ich denke, an der Lust und dem Glauben, dass aus Weiterentwicklung positive Veränderungen erreicht werden können. Denn oftmals grassiert die Angst, dass Systemintelligenzen den Menschen auch in diesem Bereich in naher Zukunft ersetzen können. Doch das ist eine sehr deutsche Perspektive. Sie ist ein Sinnbild der Angstgesellschaft und Technikfeindlichkeit in Deutschland.
Es steht außer Frage, dass wir in den nächsten Jahrzehnten viel zu wenig Lehrer in Deutschland haben und die Anforderung an Lehrer aufgrund dessen wesentlich komplexer werden. In Zukunft wird es deshalb umso wichtiger sein, die Wirksamkeit eines jeden einzelnen Lehrers zu verbessern und gegebenenfalls seine Reichweite zu vergrößern. Genau hier können digitale Technologien ansetzen und den Lehrer unterstützen. Das wird aber bei weitem nicht dazu führen, dass Lehrer langfristig durch Technologie ersetzt werden.
Digitales Lernen verändert die Art und Weise der Wissensvermittlung
Digitale Technologien können Lehrern auf zwei unterschiedlichen Ebenen unter die Arme greifen: Die eine Ebene des digitalen Lernens ist die naheliegende, bei der man die technologischen Möglichkeiten dazu nutzt, den Unterrichtsstoff in der Schule und zuhause tiefer, besser und reichhaltiger zu präsentieren bzw. aufzubereiten. Beispielsweise durch den Einsatz einer VR Brille im Biologieunterricht, mithilfe derer sich Kinder im Körper frei bewegen können, um die Prozesse besser zu verstehen. Dadurch erhalten die Kinder einen deutlich lebendigeren Zugang zum Stoff als es bisher der Fall ist.
Das bedeutet allerdings nicht, dass digitales Lernen in einem solchen Kontext der Heilsbringer ist oder gar einen Systemsturz zur Folge hat, der vorgibt, dass x Prozent der Lehreinheiten mit solchen Tools abgehalten werden müssen oder gar ganze Lehrkräfte durch sie ersetzt werden. Vielmehr sollten Lehrer entscheiden, in welchen Situationen es sinnvoll ist, auf ein solch erweitertes Lernen zurückzugreifen. Das kann dann so weit führen, dass reines Wissen, nicht mehr in der Schule, sondern zuhause erworben wird. Kinder könnten sich die Grundlagen dann in ihrem Tempo so oft anschauen, wie sie es möchten und sich in das Thema einarbeiten (Flipped-Classroom-Konzept). In der Schule kann der Lehrer dann wiederum eine Verknüpfung zu vorhandenem Wissen und zum Alltag der Kinder herstellen, das Thema spannend vertiefen sowie auf spezifische Nachfragen eingehen. Für all das ist im jetzigen System leider nur selten Zeit vorhanden.
Digitales Lernen führt zu größeren Individualisierungsmöglichkeiten im Lernprozess
Das wiederum führt zur zweiten Ebene des digitalen Lernens, die vor allem den individuellen Aspekt des Lernens betrifft. Auch hier kann man nämlich die Vorteile des technologischen Fortschritts gewinnbringend einsetzen.
Es liegt in der Natur der Sache, dass Lehrer in der Grundschule mit extrem unterschiedlichen Kindern und einem sehr breiten Spektrum an Leistungsvermögen konfrontiert werden. Der dort vorherrschende Frontalunterricht ist deshalb eigentlich total irrsinnig. Um eine optimale Lernumgebung für jedes einzelne Kind zu schaffen, bräuchte man deutlich mehr Lehrer, um die Kinder individuell zu fördern und das Leistungsniveau anzugleichen. Mit Blick auf den flächendeckenden Lehrermangel in Deutschland ist das eine sehr utopische Vorstellung. Ein Paradoxon, dass sich augenscheinlich nicht auflösen lässt.
An dieser Stelle kommt digitales Lernen ins Spiel. Denn mithilfe digitaler Tools können Lehrer es schaffen, auf die unterschiedlichen Ausprägungen der Kompetenzen der Kinder einzugehen. Wird das Kompetenzniveau eines Kindes digital erfasst – beispielsweise mithilfe eines digitalen Lernprogramms –, kann das digitale System Rückschlüsse ziehen und im Anschluss dem Kind das richtige Aufgabenniveau zuweisen.
Damit leistet es etwas, das der Lehrer verständlicherweise nicht leisten kann: Individualisierungsmöglichkeiten durch intelligentes, algorithmus-gestütztes Lernen. Gleichzeitig kann die eingesetzte KI sehr individuelle Analysen zu möglichen Schwachstellen liefern, die der Lehrer für eine zielgerichtete Betreuung einsetzen kann. Eltern und Kinder können diese dann am Nachmittag fortführen, weil eine sehr transparente Kompetenzanalyse stattgefunden hat. Der Lehrer hat im Unterricht außerdem mehr Zeit, sich solchen Kindern zu widmen, die besondere individuelle Förderung benötigen. Die Interaktion einer menschlichen und einer Systemintelligenz ermöglicht dem Lehrer somit sowohl leistungsschwächere als auch leistungsstärkere Kinder gleichzeitig individuell zu fördern und damit die Heterogenität im gesamten Unterricht zu verbessern.
Die oben beschrieben Szenarien führen zu der Konsequenz, dass die Digitalisierung das Anforderungsprofil der Lehrer verändern wird. Der Lehrer ist künftig kein reiner Wissensvermittler mehr, sondern wird zum Mentor. Er vertieft, was nicht verstanden wurde und baut eine stärkere Beziehung zu den Kindern auf. Er fördert ihre soziale Kompetenz. Dann ist ein Lehrer auch mehr als die bloße Summe seiner Teile. Er ist eine Bezugsperson für die Kinder: Ein Ratgeber, ein Mentor, ein Kritiker, ein Motivator. Kurzum ein Mensch. Und dass Menschlichkeit jemals von digitalen Tools, geschweige denn Robotern auf emphatische Weise imitiert werden kann, darf bezweifelt werden.
Digitales Lernen ist also weder ein Allheilmittel, noch wird es den Lehrer in Zukunft in Deutschland ersetzen. Ganz im Gegenteil: digitales Lernen wird erst dann wirklich nützlich, wenn man die Symbiose aus Systemintelligenz und menschlicher Intelligenz zu nutzen weiß und sinnvoll miteinander verbindet. Erst wenn man versteht, dass digitale Tools nicht aus reinem Selbstzweck, sondern für neue und bessere Lehr- und Lernkonzepte eingesetzt werden müssen, in denen Lehrer eine nach wie vor wichtige, aber durchaus veränderte Rolle einnehmen, haben technologische Neuerung im Unterricht ihre Daseinsberechtigung. Dann ist digitales Lernen eine sinnvolle Ergänzung im Unterricht und kann den pädagogischen Alltag von Lehrern, Schülern sowie Eltern sinnvoll und nachhaltig unterstützen.
Über den Autor
Daniel Bialecki ist seit 20 Jahren im Bereich der digitalen Wissensvermittlung tätig und beschäftigt sich seitdem damit, wie richtig gute Bildung im digitalen Zeitalter aussehen kann. Seit über 10 Jahren konzentriert sich der Dreifach-Vater speziell auf erfolgreiche Lernprozesse von Kindern im Zusammenspiel mit deren Eltern und Lehrern. Gemeinsam mit Pädagogen und renommierten Geschichtenentwicklern baute er von 2007 bis 2009 die virtuelle Lernumgebung von scoyo mit auf. Seit 2014 ist er scoyo-Geschäftsführer.