Meine Schule mit Hausaufgaben | Kinder-Kolumne

Katharina Looks

Emil ist 11 Jahre alt. Seit einem halben Jahr geht er aufs Gymnasium und bekommt zum ersten Mal Hausaufgaben auf. Heute schildert er, was er davon hält.

16.02.2016, Kinder-Kolumne von Emil

Ich bekomme seit einem halben Jahr Hausaufgaben auf, weil ich die Schule gewechselt habe und jetzt in der fünften Klasse bin. In der Grundschule hatten wir nie Hausaufgaben. Wir waren da bis nachmittags und haben manchmal in der Schule noch was gemacht. Das war okay. Hausaufgaben finde ich nicht so gut, aber dafür haben wir jetzt früher Schluss.

Eigentlich finde ich alle Hausaufgaben gleich anstrengend, am meisten nervt mich allerdings Mathe. Außerdem finde ich, dass wir zu viele Hausaufgaben bekommen. Leider kontrolliert der Lehrer bei uns die Hausaufgaben. In der Schule von meinem Freund guckt der Lehrer nie, ob die die Hausaufgaben gemacht haben, sagt er. Mein Freund macht sie trotzdem, weil es ja sein könnte, dass der Lehrer sie doch mal sehen will. Und seine Eltern wollen, dass er sie macht. Ich weiß nicht, warum man Hausaufgaben machen soll, wenn die dann keiner anguckt?

Zuhause habe ich oft keine Lust, Hausaufgaben zu machen. Meine Eltern sagen mir dann, ich soll mal anfangen. Das finde ich eigentlich ganz gut. Dann geht es irgendwie schneller.

Ich habe aber auch Streit wegen der Hausaufgaben, weil meine Eltern wollen, dass ich immer alles mache, sogar die Sachen, die nur so freiwillig sind. Sie wollen, dass ich gute Leistungen erziele. Manchmal motzen sie, wenn ich das nicht so ordentlich mache. Dann würde ich meine Hausaufgaben lieber ganz alleine machen.

Ich habe einen Schreibtisch in meinem Zimmer, daran soll ich lernen. Aber am liebsten mache ich die Hausaufgaben im Esszimmer am Tisch. Dann bekomme ich mit, was sonst noch so passiert.

Wenn ich entscheiden dürfte, würde ich Hausaufgaben auf jeden Fall abschaffen. Dann hätten wir mehr Spaß zuhause. Und in der Schule lernt man doch schon genug. Die Noten wären auch besser, weil man ja keine schlechten Noten mehr kriegt, wenn man seine Hausaufgaben mal vergessen hat. Und unsere Lehrer müssten nicht ständig kontrollieren, ob wir die Hausaufgaben gemacht haben. Sie hätten mehr Zeit, uns was zu erklären. Eigentlich wäre doch alles besser.

Rosa, 11 Jahre, geht auf eine Schule ohne Hausaufgaben. Ihren Erfahrungsbericht können Sie hier nachlesen: Meine Schule ohne Hausaufgaben | Kinder-Kolumne

 

Mehr zum Thema Hausaufgaben hier im scoyo ELTERN!-Magazin:

Make das Amt der Elternvertreterin great again!

Katharina Looks

Elternvertreter:innen sind Helden!
© Kristina Paukshtite/ pexels.com

Viele würden eher eine wütende Kobra streicheln als ElternvertreterIn zu werden. scoyo-Kolumnist Christian Hanne verrät, warum es sehr schlau sein kann, diesen Job zu übernehmen. Der Schulabschluss des Kindes ist damit nämlich schon mal gesichert.

In fast ganz Deutschland hat die Schule wieder angefangen, und wie Sie wissen, ist Schulanfangszeit Elternabendzeit. Schon normale Elternabende rangieren auf einer Beliebtheitsskala irgendwo zwischen „Sich einen rostigen Nagel ins Knie hämmern“ und „Ein Abend mit Donald Trump verbringen“. Aber der erste Elternabend im Schuljahr löst bei Eltern regelrechte Panik aus. Und das wegen eines einzigen Satzes. „Kommen wir nun zur Wahl der Elternvertreterinnen.“ (Anm.: Ich benutze in dieser Kolumne ausschließlich die weibliche Form, die Männer und alle anderen sind aber mitgemeint. Außer ich vergesse es und benutze die männliche Form. Dann sind die Frauen und alle anderen mitgemeint.)

Das ist der Moment, in dem alle Anwesenden mit starrem Blick ihre Schuhspitzen begutachten, penibel nicht vorhandene Fusseln von ihren Schultern entfernen und intensiv ihre Fingernägel betrachten. Spricht die Lehrerin sogar gezielt Eltern an, ob sie das Amt übernehmen möchten, werden die absurdesten Entschuldigungen vorgetragen. („Ich würde ja wirklich gerne, aber ich bin Antarktis-Forscherin und breche morgen zu einer zwölfmonatigen Expedition zum Südpol auf.“)

Vielleicht haben Sie sich ja auch schon selbst einmal mit einer fadenscheinigen Begründung vor der Elternvertreterinnen-Wahl gedrückt. Dann habe ich einen ganz verrückten Vorschlag: Übernehmen Sie doch einfach mal dieses Jahr das Amt der Elternvertreterin! Ja, Sie haben richtig gelesen, und nein, ich habe keinen Lack gesoffen. Ich meine das wirklich ernst. (So ernst, wie Sie das von mir kennen.) Schließlich ist die Arbeit der Elternvertreterinnen enorm wichtig für eine gute Zusammenarbeit von Lehrerinnen und Eltern, was schließlich auch den Kindern zugutekommt. Außerdem gibt es auch für Sie persönlich sechs sehr gute Gründe, warum Sie unbedingt Elternvertreterin werden sollten.

Pro-Elternvertreterin-Grund 1: Sie ernten Zuspruch und Liebe

Abgesehen von extrem masochistisch veranlagten Menschen lässt sich bekanntermaßen niemand freiwillig zur Elternvertreterin wählen. Daher wird Ihre Ankündigung, das Amt zu übernehmen, eine Reaktion hervorrufen, wie es seinerzeit Hans-Dietrich Genscher vermochte, als er vom Balkon der Prager Botschaft die berühmten Worte sprach: „Liebe Landsleute, wir sind heute zu Ihnen gekommen, um Ihnen mitzuteilen, dass heute Ihre Anreise …“ Und in den gleichen ekstatischen Jubel wie damals die des realen Sozialismus überdrüssigen DDR-Bürgerinnen werden die anderen Eltern ausbrechen. Ihre altruistische Bereitschaft, diesen Dienst für die Klassengemeinschaft zu übernehmen, durch die der Dalai Lama wie ein selbstsüchtiger Egoist wirkt, werden Sie in Sekundenschnelle zum beliebtesten Menschen der Erde. (Also, zumindest für die anwesenden Eltern.)

Insbesondere wenn Sie Versicherungsvertreterin, Finanzbeamtin oder Zahnärztin sind, können Sie sich durch die Wahl zur Elternvertreterin an dem für Sie seltenen Gefühl, gemocht zu werden, wärmen. Oder wenn Sie Kinder im Teenageralter haben, von denen Eltern ja nur wenig Zuneigung erfahren, können Sie sich ebenfalls über die Sympathiebekundungen der anderen Eltern freuen.

Pro-Elternvertreterin-Grund 2: Sie bekommen einen guten Draht zu den LehrerInnen

Eine enge Beziehung zum Lehrer ist wertvoller als jeder Nachhilfeunterricht.
© rawpixel/ unsplash.com

Auch mit anderen LehrerInnen tauschen sich Elternvertreterinnen regelmäßig aus, zum Beispiel um kleinere Probleme mit anderen Eltern zu klären („Anna-Marias Eltern möchten, dass Sie ein Seminar in gewaltfreier Kommunikation besuchen, weil Sie ihrer Tochter eine 1- auf ihr Blumenbild gegeben haben.“). Wenn das alles gut funktioniert, bauen Sie ein belastbares und vertrauensvolles Verhältnis zum halben Kollegium auf.

Die guten Beziehungen, die Sie als Elternvertreterin zu allen LehrerInnen aufbauen, ist für die schulische Karriere Ihrer Kinder sehr förderlich. Vor allem wenn Ihre Brut stark versetzungsgefährdet ist. Denn keine Lehrerin mit auch nur einem Funken Verstand wird Ihr Kind sitzenbleiben lassen und das Risiko eingehen, dass im nächsten Jahr irgendeine Nervtröte Ihre Nachfolgerin wird und Sie pausenlos mit irgendwelchen Belanglosigkeiten belästigt.

Von daher: Werden Sie Elternvertreterin und der Schulabschluss Ihrer Kinder ist gebongt.

Pro-Elternvertreterin-Grund 3: Sie haben grenzenlose Macht

Es gibt so gut wie keine Position, die mit mehr Machtbefugnissen ausgestattet ist, als das Amt der Elternvertreterin. Okay, als Staatsführerin einer Atommacht haben Sie noch bisschen mehr Macht. (Aber allenfalls theoretisch, denn auch als britische Premierministerin oder amerikanische Präsidentin können Sie nicht einfach nach Lust und Laune mit Atomraketen rumballern, was insbesondere bei Nachbarschaftsstreitigkeiten sehr ärgerlich ist, weil Sie da nicht einfach das Haus nebenan in Schutt und Asche legen können.)

Aber zurück zu den Elternvertreterinnen. Hier gibt es nicht irgendeinen Checks-and-Balances-Unfug, der Sie an der Ausübung Ihrer Macht hindert. Und kommen Sie mir jetzt nicht mit irgendeinem Spidermann-Gefasel von „Mit großer Macht kommt große Verantwortung.“ Sie werden doch nicht Elternvertreterin, um Ihre Machtbefugnisse durch so einen Kalenderspruch einschränken zu lassen.

Als Elternvertreterin sind Sie beispielsweise die Herrin der Agenda und können dafür sorgen, dass Themen mit erhöhtem Laberrisiko gar nicht erst auf die Tagesordnung kommen („Handynutzung auf der Klassenfahrt“). Oder indem Sie den Elternabend moderieren, können Sie lästige Fragen und Wortbeiträge einfach abwürgen. Und zum Schluss sagen Sie ganz flüssig und nachdrücklich: „Nun zum Punkt ‚Verschiedenes‘. Gibt es noch irgendetwas? Nein? Gut, dann machen wir Schluss für heute.“ Üben Sie das zuhause ein paar Mal, damit Sie zwischen den Fragen eine Pause von maximal einer tausendstel Sekunde machen, so dass niemand die Chance hat, irgendetwas vorzubringen.

Möglicherweise haben Sie Bedenken, dass bei so einem harten Regime die anderen Eltern irgendwann aufbegehren werden. Ich kann Ihnen versichern, dass diese das alles klaglos hinnehmen werden, aus unendlicher Dankbarkeit, das Amt der Elternvertreterin nicht selbst ausüben zu müssen.

Pro-Elternvertreterin-Grund 4: Sie müssen nichts selbst machen

Vielleicht haben Sie Angst vor der vielen Arbeit, die als Elternvertreterin auf Sie zukommt. Weihnachten ein Geschenk für die Klassenlehrerin besorgen und eine Karte schreiben, Geld für die Klassenkasse einsammeln, achtzehn Kuchen für das Sommerfest backen, weil sich nicht genügend Freiwillige gemeldet haben, und zum Ende des Schuljahres Blumen für die Lehrerin organisieren.

Aber das alles müssen Sie sich gar nicht aufhalsen. Im Gegenteil: Wenn Sie sich geschickt anstellen, werden Sie viel weniger machen müssen als die anderen Eltern. Sie müssen nur delegieren!

Unter den Eltern gibt es bestimmt eine Mutter mit einem DYI-Etsy-Shop, die Sie für das Weihnachtsgeschenk einspannen können, die Hobby-Haiku-Dichterin aus der Elternschaft lassen Sie die Weihnachtskarte verfassen, die Verwaltung der Klassenkasse übertragen Sie einer Bankangestellten unter den Eltern (vorzugsweise mit einem schwarzen Gurt in Karate, um mit Nachdruck an offene Beträge zu erinnern) und die Organisation des Kuchenbuffets für das Sommerfest drücken Sie der Mutter mit dem Backblog auf, die sich darüber sogar freut, weil sie dadurch die Blogbeiträge für das nächste halbe Jahr zusammenhat.

Sie sehen also, dass keine Arbeit an Ihnen hängen bleiben muss und Sie als Elternvertreterin weniger zu tun haben werden, als eine Führungskraft im mittleren Management, die alles wegdelegiert und nur noch damit beschäftigt ist, sich über ihre viele Arbeit zu beklagen. (Das müssen Sie selbstverständlich auch tun, damit niemand den Eindruck bekommt, das Amt der Elternvertreterin sei ein Zuckerschlecken.)

Pro-Elternvertreterin-Grund 5: Sie sammeln Karmapunkte

Die gute Nachricht: Sie werden erstmal nichts mehr teilen müssen, um Karmapunkte zu sammeln.
© Stephanie Pombo/ pexels.com

In diesem Fall gibt es nichts Besseres für Sie, als Elternvertreterin zu werden. Da niemand diese Aufgabe übernehmen will, tun Sie Ihren Mitmenschen durch Ihre Wahl so viel Gutes, so oft können Sie älteren Seniorinnen gar nicht über die Straße helfen, um auf die gleiche Menge an Karmapunkten zu kommen.

Somit können Sie als Elternvertreterin ausschließen, nach Ihrem Tod als Schmeißfliege zurückzukehren. Oder haben Sie schon einmal eine Schmeißfliege getroffen, die früher mal Elternvertreterin war? Nein? Na, da sehen Sie.

Pro-Elternvertreterin-Grund 6: Einmal und nie wieder

Der überzeugendste Grund, sich zur Elternvertreterin wählen zu lassen, ist der, dass Sie dann ein stichhaltiges Argument haben, dass Sie die Aufgabe nicht wieder übernehmen müssen. Wenn nächstes Schuljahr wieder die Wahlen anstehen, können Sie erklären, Sie hätten aufgrund neuer beruflicher Herausforderungen sehr viel zu tun (Stichwort „Nordpol-Expedition“) und müssten daher das Amt leider, leider aufgeben. Aber Sie hätten das ja jetzt ein Jahr lang gemacht, da seien nun mal andere an der Reihe. Dem können die anderen Eltern kaum widersprechen.

Übrigens ist das Argument „Ich habe das schon gemacht, jetzt sind die anderen mal dran.“ auf Jahre und selbst bei Klassen- und Schulwechseln anwendbar. Falls Sie an der neuen Schule niemand kennt, können Sie natürlich auch einfach behaupten, jahrelang Elternvertreterin gewesen zu sein, obwohl Sie sich tatsächlich immer weggeduckt haben. Das erhöht dann allerdings die Wahrscheinlichkeit, im nächsten Leben eine Existenz als Schmeißfliege fristen zu müssen.

Vielleicht müssen Sie aber auch gar nicht Ihre Wiederwahl ablehnen. Wenn Sie ein besonders strenges Regime als Elternvertreterin geführt haben, findet sich bestimmt eine Freiwillige, die Ihre Nachfolge antreten will. Zum Beispiel wenn Sie die Verwaltung der Klassenkasse nicht an eine diplomierte Betriebswirtin delegiert haben, sondern Moskau Inkasso für Sie offene Beiträge eingetrieben hat. Ich garantiere Ihnen, dass im nächsten Schuljahr dann niemand auf die Idee kommt, Sie zur Wiederwahl vorzuschlagen.

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Sie sehen, es gibt sehr viele gute Gründe, sich zur Elternvertreterin wählen zu lassen. Wenn also demnächst beim Elternabend die Frage kommt „Möchte jemand Elternvertreterin werden?“, dann rufen Sie voller Begeisterung „Ja, ich will!“. Und wenn Sie besonders enthusiastisch sind, haben Sie vielleicht Glück und irgendjemand im Raum denkt, „Was stimmt mit der denn nicht“ und stellt sich selbst zur Wahl, um zu verhindern, dass irgendeine mental labile Soziopatin Elternvertreterin wird. Viel Glück!

Weitere Kolumnen von Christian Hanne hier im ELTERN! Magazin:

Über den Autor

Christian Hanne, Jahrgang 1975, ist im Westerwald aufgewachsen und hat als Kind zu viel von Ephraim Kishon gelesen und zu viel „Nackte Kanone“ geschaut. Inzwischen lebt er mit seiner Frau und ihren beiden Kindern in Berlin-Moabit. Auf seinem Blog „Familienbetrieb“, auf Twitter und Facebook schreibt er über den ganz normalen Alltagswahnsinn. Kulinarisch pflegt er eine obsessive Leidenschaft für Käsekuchen. Sogar mit Rosinen. Ansonsten ist er mental einigermaßen stabil.

Im September ist sein Buch „Wenn’s ein Junge wird, nennen wir ihn Judith“ im Seitenstraßenverlag erschienen. In zwölf gar nicht mal so kurzen Kurzgeschichten sinniert er darüber, wie Schwangerschaft, Marathongeburten und nachtaktive Babys eine moderne, gleichberechtigte Partnerschaft auf die Probe stellen.

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Das Fach, dessen Name nicht genannt werden darf: Mathelernen leicht gemacht

Katharina Looks

Harry Potter hat Voldemort. Schüler haben Mathe.
© pinkyone / Fotolia.com

Harry Potter hat Voldemort. Schüler haben Mathe. Mit 1/3 bitterem Ernst und 2/3 süßer Ironie zeigt uns Christian Hanne, wie wir diesen Erzfeind endlich ins Herz schließen und das Mathelernen leichter wird.

Kolumne von Christian Hanne, Blog Familienbetrieb

Mathematik zählt wirklich nicht zu den beliebtesten Schulfächern. Eigentlich ist es der Voldemort unter den Fächern, das Fach, dessen Namen nicht genannt werden darf. Laut einer aktuellen Umfrage von scoyo und der Stiftung Rechnen haben knapp zehn Prozent der Schülerinnen und Schüler der Klassen 1 bis 7 Angst vor Mathe. Bei den 11- bis 13-jährigen Mädchen sogar jede Dritte.

Diese Furcht vor der Mathematik kann ich gut nachvollziehen, habe ich doch einen wiederkehrenden Alptraum, in dem ich mein Mathe-Abitur noch einmal schreiben muss und dabei vollkommen ahnungslos die Gleichung für eine kubische Parabel errechnen soll. Bitte fragen Sie mich nicht, was eine kubische Parabel ist. Ich wusste es damals nicht und heute ebenso wenig.

Dabei ist es eigentlich gar nicht so schwer, Kinder für Mathematik zu begeistern. Wenn Sie die nachfolgenden Tipps befolgen, wird sich Ihr Kind nicht mehr stundenlang YouTube-Videos reinziehen oder ganze Wochenenden unter Vernachlässigung der Körperhygiene an der Spielkonsole verzocken, sondern freiwillig mathematische Lehrbücher verschlingen und neue schreiben. Das garantiere ich Ihnen mit einer Wahrscheinlichkeit von 143 Prozent.

Matheaufgaben aus dem kindlichen Leben

Das große Problem der Schulmathematik liegt in ihrer fehlenden Alltagsrelevanz. Es gibt zum Beispiel sehr wenige Situationen, in denen sich nach meinem Abitur das Berechnen kubischer Parabeln als hilfreich erwies. Eigentlich gar keine.

Auch die meisten heutigen Textaufgaben haben keinen Bezug zum Alltag der Schüler. “Zwei U-Bahnen fahren die gleiche Strecke von A nach B. Die eine Bahn startet bei A und benötigt 12 Minuten bis B, die andere fährt bei B los und erreicht nach 9 Minuten A. Wann treffen sich die beiden auf der Strecke?” Da die meisten Schüler von ihren Eltern mit dem Auto zur Schule gebracht werden, interessieren sie sich nicht die Bohne für ÖPNV-Berechnungen und verspüren nicht die geringste Lust, sie zu lösen.

Stellen Sie Ihrem Kind daher Aufgaben, die in seiner Lebenswelt von existenzieller Bedeutung sind:

“Der Akku eines Tablets verbraucht in der Stunde vier Prozent Energie. Wie viele Stunden kannst du noch Videos schauen, wenn der Akkustand aktuell 45 Prozent beträgt?”

Wenn es um den Akkustand geht, ist auch Prozentrechnung kein Problem mehr.
© natureaddict / pixabay.com

Wenn Ihrem Kind ein paar Mal das Tablet mitten im Film abgeschmiert ist, wird es schon sehen, dass ein wenig mathematische Bildung nicht schadet. Weitere relevante mathematische Fragestellungen für Kinder:

– “Wie viele YouTube-Videos muss ich hochladen, bis ich zwei Millionen Fans habe und dafür bezahlt werde, durch die Welt zu reisen?” oder

– “Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Eltern nicht merken, dass ich mein Zimmer gar nicht aufräume, sondern alles nur unters Bett schiebe und in Schubladen stopfe?”

Mathelernen mit den Stars

Kinder brauchen Vorbilder, die ihnen die Angst vor der Mathematik nehmen. In der Welt der Mathematik ist die Zahl möglicher Idole allerdings recht dünn gesät. Der Russe Grigorij Perelman, der mit der Poincaré-Vermutung eines der größten mathematischen Rätsel gelöst hat, ist beispielsweise ein eigenbrötlerischer Sonderling, der im Alter von 60 Jahren immer noch bei seiner Mutter wohnt. (Ein Floh, den Sie Ihrem Kind unter keinen Umständen ins Ohr setzen wollen!)

Glücklicherweise haben die Kinder aber Idole, die Sie zu mathematischen Vorbildern umfunktionieren können. Zum Beispiel Cristiano Ronaldo. Das mag Sie jetzt vielleicht verwundern, aber für seine gefürchteten Freistöße muss er Entfernungen abschätzen, Anlaufgeschwindigkeiten planen und den Steigwinkel des Balls perfekt berechnen. Sie können also mit Fug und Recht gegenüber Ihrem Kind behaupten, der Erfolg Ronaldos basiert einzig und alleine auf seiner Kenntnis von stumpfen, spitzen, Scheitel-, Wechsel- und Stufenwinkeln und ihren Gesetzmäßigkeiten. Die Aussicht auf fußballerischen Ruhm und damit einhergehendem Reichtum sollte Ihr Kind außerordentlich motivieren, sich mit Freuden auf die nächste Geometrie-Klassenarbeit vorzubereiten.

Alltagsmathematik beim Einkaufen üben

Hervorragend eignet sich auch der wöchentliche Einkauf dazu, dass sich Ihr Kind mit mathematischen Grundkenntnissen vertraut macht. Lassen Sie es zum Beispiel an der Kasse ausrechnen, wie viel Wechselgeld es auf einen 50-Euro-Schein rausbekommt. Bei korrekter Rechnung darf das Kind das Wechselgeld behalten und in Schokoriegel investieren. Insbesondere samstagvormittags beim Discounter werden Sie von anderen Kunden sicherlich viel Zuspruch für Ihre alltagspraktischen, edukativen Bemühungen erhalten und Ihr Kind wird mit Lob überschüttet werden. Das stärkt obendrein das Selbstbewusstsein.

Ist Ihr Kind bereits im Teenageralter, können Sie gemeinsam mit ihm shoppen gehen, um sein Mathematikverständnis zu schärfen. Klamotten, Schuhe, Kosmetikprodukte, Computerspiele, Handys, Kopfhörer – alles, was das jugendliche Herz begehrt. Anschließend gehen Sie mit Ihrem kaufsüchtigen Nachwuchs zur nächsten Bank und beantragen Sie dort einen Kleinkredit. Den praktischen Anschauungsunterricht in Prozent- und Zinsrechnung durch den Bankberater gibt es inklusive. Zum Abschluss muss Ihr Kind dann noch ausrechnen, wie lange es Zeitungen austragen muss, um den Kredit abzustottern.

Mathematik geht durch den Magen

Gemeinsames Backen eignet sich ebenfalls ganz hervorragend für eine alltagspraktische Mathematikstunde. Beim Abmessen und -wiegen lernt Ihr Kind spielerisch Maßeinheiten wie Milliliter, Gramm und Pfund kennen. Darüber hinaus muss es mit Zahlen im Hunderter-Raum hantieren (200 Gramm Mehl, 500 Gramm Mehl) und wird mit einfachen Bruchrechnungen konfrontiert (ein Viertel Pfund Butter, eine halbe Zitrone). Mit etwas Übung wird es auch herausfinden, wieviel Gramm Teig es naschen kann, bevor ihm übel wird. Gewissermaßen ein Ausflug in die experimentelle Mathematik.

Mathe geht durch den Magen. Nom, nom.
© Antonio Quagliata / pexels.com

Sollte Ihr Kind schon etwas älter sein, lassen Sie es den Kuchen einfach mit der vierfachen Menge backen. Das Kind übt dadurch multiplizieren und Sie können mehr Kuchen essen. Eine klassische Win-Win-Situation! (Womöglich wird Ihr Kind nicht sofort zu der gleichen positiven Einschätzung der Situation kommen.)

Als Zusatzaufgabe kann Ihr Kind die maximale Tageskalorienmenge ausrechnen, die Sie zu sich nehmen dürfen, um sich in den folgenden Wochen wieder auf Normalgewicht zu hungern. Ebenfalls eine Win-Win-Situation. (Womöglich kommen Sie diesmal nicht zur gleichen positiven Einschätzung der Situation wie Ihr Kind.)

Mathematik, das reinste Kinderspiel

Was auf keinen Fall fehlen darf: Schulen Sie die Rechenfähigkeiten Ihres Kindes durch Gesellschaftsspiele. Starten Sie zunächst mit Mensch ärgere dich nicht, damit Ihr Kind die Zahlen bis sechs lernt. Machen Sie danach weiter mit UNO, wodurch Sie den kindlichen Zahlenraum erweitern. Außerdem kann das Kind dabei Kopfrechnen trainieren. Eine +4-Karte auf eine +4-Karte und darauf eine weitere +4-Karte ergibt insgesamt 12 Karten – und bei einem Mitspieler ziemlich schlechte Laune.

Später machen Sie dann mit Kniffel weiter, wo das Kind sich beim Ermitteln des Gesamtergebnisses in der schriftlichen Addition austoben kann. Fortgeschrittene können sich in der Wahrscheinlichkeitsrechnung ausprobieren und ausrechnen, um wieviel die eigenen Gewinnchancen steigen, wenn man selbst und nicht Mama oder Papa das Ergebnis zusammenrechnet.

Und zu guter Letzt: Gehen Sie nach wenigen weiteren Jahren zu Monopoly über. Aber nicht in der Kinderversion, sondern in der Erwachsenenvariante, bei der die Geldscheine bis 10.000 gehen. Sie werden erstaunt sein, wie selbst ein Kind mit Dyskalkulie plötzlich in der Lage ist, fehlerfrei mit hohen fünfstelligen Summen umzugehen, wenn es bei Ihnen die Miete für einen Hotelaufenthalt auf der Schlossallee abkassiert.

Nicht verzagen!

Wenn Sie nun aber selbst nicht die hellste Kerze auf der Mathetorte sind und Ihr Kind beim Rechnen nicht unterstützen können, müssen Sie nicht verzagen. Singen Sie einfach mit Ihrem Kind das Pippi-Langstrumpf-Lied, denn bei der ist 2 mal 3 gleich 4 und 3 mal 3 ergibt 6. Dann kaufen Sie Ihrem Kind ein Äffchen und ein Pferd und hoffen, dass es ohne Mathekenntnisse eine Karriere im Zirkus einschlägt.

Weitere Kolumnen von Christian Hanne hier im ELTERN! Magazin:

Über den Autor

Christian Hanne, Jahrgang 1975, ist im Westerwald aufgewachsen und hat als Kind zu viel von Ephraim Kishon gelesen und zu viel ‘Nackte Kanone’ geschaut. Inzwischen lebt er mit seiner Frau und seinen beiden Kindern in Berlin-Moabit. Auf seinem Blog ‘Familienbetrieb’, auf Twitter und Facebook schreibt er über den ganz normalen Alltagswahnsinn. Kulinarisch pflegt er eine obsessive Leidenschaft für Käsekuchen. Sogar mit Rosinen. Ansonsten ist er mental einigermaßen stabil.

Im September ist sein Buch “Wenn’s ein Junge wird, nennen wir ihn Judith” im Seitenstraßenverlag erschienen. In zwölf gar nicht mal so kurzen Kurzgeschichten schreibt er darüber, wie Schwangerschaft, Marathongeburten und nachtaktive Babys eine moderne, gleichberechtigte Partnerschaft auf die Probe stellen.

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Kolumne von Eltern für Eltern 

Im Wechsel schreiben Blogger und Journalisten über Themen, die Eltern bewegen. Lesen Sie hier Geschichten und Beispiele aus der wunderbar chaotischen Welt des Lernens und Lebens. Alle Kolumnen ansehen.

Fresst das, ihr Dinos!

Katharina Looks

Sydney Centre for Innovation in Learning
© Béa Beste

Die Diskussion darüber, ob Tablets schon in den Grundschulunterricht gehören, reißt nicht ab. Béa Beste hat da ihre ganz eigene Meinung und ist sich sicher: Die Digitalisierung ist hier überhaupt nicht das Problem.

13.04.2015, Kolumne “Die Elternflüsterer”

Liebe Eltern, lassen Sie uns erstmal gemeinsam schmunzeln über die Warnung meines Co-Elternflüsterers Christian Füller von letzter Woche (hier nachlesen: “Lernen mit Tablets: Hohe Wischkompetenz aber keine positiven Effekte fürs Lernen”). Sie müssen sowieso tapfer sein. Und Sie stehen ja eh immer zwischen den Fronten. Wie auch bei Ernährung, Schlaf, Nachhilfestunden, Empfehlungen für die weiterführende Schule, Klettern auf Bäume und drölfzig Millionen anderen Dingen, die Ihre Kinder betreffen. Es kommen immer irgendwelche Experten aus irgendwelchen Forschungslöchern heraus mit irgendwelchen apokalyptischen Warnungen, warum man Kinder genau vor den Dingen bewahren sollte, die am meisten angesagt sind. Und jetzt geht es um Tablets. Das macht mir gerade richtig Lust, den guten Christian zusammen mit seinen geliebten Dinos in Grund und Boden zu argumentieren. So richtig!

Die Digitalisierung ist nicht das Problem. Das Menschenbild ist es.

Aber mir geht es nicht um Tablets oder nicht, Technik oder nicht oder um die Digitalisierung als solche. Dies alles wird sich zunehmend in unserer Welt ausbreiten – ob die Dinos nun maulen, wiehern, grölen oder beleidigt schweigen. (Moment mal: Was taten die echten Dinos? Kurz mal googeln … Aha: Schreien. Zumindest der T-Rex.)

Was mich hier ärgert, ist die Haltung der Dinos zu Kindern. Diese Haltung geht ungefähr so:

  1. Kinder sind irgendwie depperte, unfertige Wesen, die die richtige Welt unmöglich erfassen können.
  2. Kindern steht der Sinn nach allem anderen als dem, was sie für eine gute Zukunft brauchen.
  3. Kinder sind per se faul und lernen nicht gern.
  4. … und wenn sie ein Gerät in die Hände bekommen, und sei es ein Mixer oder eine Bohrmaschine: Sie werden damit chatten und spielen! Nur nichts Vernünftiges anstellen.

Wenn ich diese Haltung heraushöre, liebe Eltern, könnte ich schreien wie der T-Rex. Weil sie diesen kleinen wunderbaren Menschen einfach nicht gerecht wird. Weil Kinder ab ihrem ersten Tag gern lernen, auf ihre Art. Durch „trial and error“. Weil sie durch Spielen und Ausprobieren die Welt erfassen, sich selbst und andere testen und weiterentwickeln. Und wenn die Erwachsenen diesen Trieb richtig aufgreifen, dann entwickeln die Kinder bislang ungeahnte Energien und nutzen Instrumente auf ihre Art, um … na richtig: zu lernen!

Ich habe mit eigenen Augen gesehen, wie digitales Lernen par excellence funktioniert.

Auf einer Bildungsreise habe ich eine Schule erlebt, die mit Sinn und Verstand digitales Lernen integriert: das Sydney Centre for Innovation in Learning, kurz SCIL. Durch ein umfassendes Lernprogramm und Methoden, die Kinder motivieren anstatt zu frustrieren, schafft diese Schule eine Atmosphäre der Freude am Lernen. Ich habe selten so viele Kinder in einem so großen Raum erlebt, die schlichtweg interessiert ihrer Neugier nachgehen. Kein Lärm, sondern Konzentration und Kommunikation. Dieses Bild bot sich mir dort nicht etwa in der Pause, sondern im Unterricht.

Ein Beispiel: Warum sollen Kinder aus dem Unterricht heraus nicht Instant Messaging nutzen oder gar telefonieren? Ich habe dort erlebt, wie Schüler mitten in ihrer Arbeit entweder Familienmitglieder oder Spezialisten, die sie im Internet recherchiert haben, anskypen, als wäre es das Selbstverständlichste auf der Welt. Zwölfjährige Knirpse, die am helllichten Vormittag mit Experten telefonierten, um bei ihren Projekten weiterzukommen: „Good morning, Mr. Soundso, wir haben Sie über Twitter angefragt, ob Sie uns Auskunft über das XYZ-Polymer geben können, das Sie erfunden haben, da brauchen wir noch etwas mehr Informationen …“ Wahrscheinlich genau so, wie Sie das in Ihrem Job auch machen, liebe Eltern.

Und ich habe selbst in dieser Schule erlebt, wie im Schulalltag für jedes Kind 30 Minuten Minecraft-Spielen eingeplant war – dazu ein 15-minütiges Debrief über Strategien und Gelerntes im Plenum der Jahrgangsgruppe. Ergänzend möchte ich hinzufügen, dass diese Schule kein Paradiesplatz außerhalb der Norm ist, sondern ein Bildungsort im Rahmen des australischen Nationalcurriculums, das jedes Jahr überdurchschnittliche Ergebnisse in den vorgeschriebenen Prüfungen erzielt.

Kann es sein, dass wir mehr von unseren Kindern lernen können als sie von uns?

Warum müssen wir davon ausgehen, dass Kinder immer automatisch auf alles Sinnlose draufspringen, das sich in einem Tablet befindet? Könnte es nicht eher sein, dass die Dinos einfach selbst so fossilisiert sind, dass sie gar nicht in der Lage sind, den Wert vieler Spiele, Apps und Chats überhaupt zu erfassen? Und dass sie Angst davor haben, sich mit den Kindern, diesen unbekannten Wesen, mal zusammen hinzusetzen und etwas von ihnen zu lernen? Da ist es doch viel leichter, den Kindern pauschal Unreife zu bescheinigen und das Thema so vom Tisch zu wischen – auf höchst kompetente Weise, versteht sich.

Die Kolumne “Die Elternflüsterer”

Im Wechsel flüstern der Journalist Christian Füller und Bildungsunternehmerin Béa Beste den Eltern Geschichten und Beispiele aus der wunderbar chaotischen Welt des Lernens und Lebens ins Ohr. 

Über Béa Beste

Bildungsunternehmerin © Béa Beste Béa Beste ist Bildungsunternehmerin und Mutter einer großen Tochter, die sich schon im Studium befindet. Im Zukunftsdialog der Bundeskanzlerin plädierte Béa Beste als Expertin im Bereich „Wie wollen wir lernen?“ für eine Lernkultur der Potenzialentfaltung und mehr Heiterkeit in der Bildung. Béa gründete 2006 die bilingualen Phorms Schulen. Nach sechs Jahren als CEO ging sie 2011 auf Bildungsexpedition durch Indien, Australien, Indonesien und die USA. Inspiriert von internationalen Bildungsinnovationen entwickelte sie das Playducation Konzept: Was wäre, wenn sich Lernen wie Spielen anfühlt? Leider setzte sich das Produkt, die monatliche Tollabox mit Materialien und Ideen für Familien mit Kindern ab drei Jahren, nicht am Markt durch, sodass Béa derzeit neue Ideen entwickelt, um das Konzept digital umzusetzen. Sie führt den Kreativ-Blog der Tollabox als ‘Tollabea’ weiter

Webseite: www.tollabea.de

Twitter: @TOLLABEA | twitter.com/TOLLABEA

Neujahrsvorsätze für Kinder – kleine Ideen, große Schritte

Katharina Looks

Auch Kinder profitieren von Neujahresvorsätzen – probieren Sie es doch einmal gemeinsam aus!
© fisher05fotolia.com

Neujahrsvorsätze sind nur was für Erwachsene? Nö! Auch Kinder profitieren von den positiven Gedanken und Zielen fürs neue Jahr. Und irgendwie auch die Eltern. Anregungen von Béa Beste.

28.12.2015, Kolumne von Béa Beste

“Mama, ich will auch Neujahrsvorsätze kaufen”, so meine Tochter, als sie ca. 5 Jahre alt war. Ich erklärte ihr, dass ich meine Vorhaben nicht gekauft, sondern ganz alleine selbst ausgedacht habe.

Wenn ein neues Jahr anfängt und die Kinder mitbekommen, dass sich die Großen allerlei vornehmen, wollen sie auch mitmachen! Spricht alles dafür: Es tut ihnen gut, sich Gedanken zu machen über das, was sie im neuen Jahr angehen wollen. Und es tut ihnen auch gut, überhaupt zu verstehen, wie es funktioniert, sich Ziele vorzunehmen und sie auch zu halten.

Am besten hören Sie Ihrem Kind gut zu, was es selbst will – Sie werden eine Menge Neues erfahren. Dabei ist es für Sie als Eltern aber gleichzeitig gut, eine Orientierung zu haben:

Welche Neujahrsvorsätze bei Kindern sind altersgerecht? Hier kommen dazu einige Ideen aus meiner Erfahrung als Mutter, Schulgründerin und Mama-Bloggerin – so können “gesunde” Neujahrsvorsätze formuliert werden:

Kindgereche Neujahrsvorsätze – 15 Anregungen von Béa Beste:

Beispiele Neujahrsvorsätze für Kinder im Vorschulalter (4 bis 6 Jahre):

  • Ich werde meine Spielsachen jeden Abend aufräumen – und zwar dahin, wo sie hingehören. (Klaro, später werden Sie hören, dass Legosteine genau auf den Teppich, gehören – aber ein Versuch ist es wert.)
  • Ich werde mir die Zähne zweimal am Tag 3 Minuten lang putzen. (Am besten gleich im Badezimmer aufhängen.)
  • Ich werde mir jedes Mal die Hände nach dem Gang zur Toilette und vor dem Essen waschen. (Ohne wenn und aber.)
  • Wenn ich Ärger habe, oder Angst vor etwas, werde ich immer mit Mama oder Papa darüber reden. (Sehr, sehr wichtig.)
  • Ich werde nett zu anderen Kindern sein – vor allem zu denen, die einen Freund brauchen, weil sie traurig oder einsam sind. (Hier lohnt sich eine Diskussion, wie man das erkennen kann.)
  • Wenn ich mir etwas wünsche, werde ich nett darum bitten und nicht wütend werden oder anfangen zu heulen. (Schwieriges Thema, gehört aber angesprochen.)

Beispiele Neujahrsvorsätze für Kinder im Grundschulalter (7 bis ca 11 Jahre):

  • Ich werde zu keinem anderen Kind oder Lebewesen grausam sein, und werde mich gegen Mobbing und Quälerei einsetzen. (Öhrchen spitzen, liebe Eltern: Welche Mobbing-Erfahrungen hat ihr Kind, eigentlich?)
  • Ich werde den Haushaltsregeln für Videospiele und Internet-Nutzung folgen. (Falls keine vorhanden sind, ist es höchste Zeit, welche zu definieren.)
  • Ich werden keine privaten Informationen wie meinen Name, meine Adresse, den Namen meiner Schule oder meine Telefonnummer im Internet eingeben, ohne mit meinen Eltern zu checken, ob das in Ordnung ist. (Siehe oben.)
  • Wenn ich ein Problem habe oder mich gestresst fühle, werde ich mit meinen Eltern oder einem vertrauenswürdigen Erwachsenen darüber sprechen. (Hier gilt auch die Regel mit den guten und schlechten Geheimnissen geklärt: Gute Geheimnisse erfüllen einen mit Freude, und diese muss man für sich behalten. Schlechte Geheimnisse belasten – hier sollte man mit jemandem drüber reden.)
  • Ich werde meinen Eltern im Haushalt mit einer täglichen Aufgabe helfen. (Definiert, was genau!)
  • Ich werde mindestens einmal die Woche Sport machen, über den Schulsport hinaus. (Definiert, was genau!)
  • Ich werde jeden Tag frisches Obst und Gemüse essen – und zwar mindestens so viel, wie in meine Hände passt.

Und danach? Neujahrsvorsätze für Kinder ab 12 Jahren:

Ab ca. 12 Jahren sollte die Kids imstande sein, sich selbst Ziele zu setzen und brauchen keine Anregungen von den Eltern. Vielleicht ist das Thema Gruppendruck interessant, z. B. : “Ich werde mich durch keinen Gruppendruck zwingen lassen: Weder zum Alkohol- oder Zigarettenkonsum, noch zu anderen Dingen, die ich nicht machen möchte.” Und auch in diesem Alter ist Kommunikation besonders wichtig: “Wenn ich ein Problem habe oder mich gestresst fühle, werde ich mit meinen Eltern oder einem vertrauenswürdigen Erwachsenen darüber sprechen.” Hier lohnt es sich, ihnen zu versprechen, dass sie jederzeit ehrlich und offen und ohne Angst vor Konsequenzen auf Sie zukommen können. Wie Sie dann reagieren, gehört zu Ihren Neujahrsvorsätzen!

(Dieser Blogpost ist entstanden unter Hinzuziehung der Empfehlungen der American Academy of Pediatrics – dem Verband der Kinderärzte in USA.)

Über Béa Beste

Béa Beste, Bildungsunternehmerin

Béa Beste ist Bildungsunternehmerin und Mutter einer großen Tochter, die sich schon im Studium befindet. Im Zukunftsdialog der Bundeskanzlerin plädierte Béa Beste als Expertin im Bereich „Wie wollen wir lernen?“ für eine Lernkultur der Potenzialentfaltung und mehr Heiterkeit in der Bildung. Béa gründete 2006 die bilingualen Phorms Schulen. Nach sechs Jahren als CEO ging sie 2011 auf Bildungsexpedition durch Indien, Australien, Indonesien und die USA. Inspiriert von internationalen Bildungsinnovationen entwickelte sie das Playducation Konzept: Was wäre, wenn sich Lernen wie Spielen anfühlt? Leider setzte sich das Produkt, die monatliche Tollabox mit Materialien und Ideen für Familien mit Kindern ab drei Jahren, nicht am Markt durch, sodass Béa derzeit neue Ideen entwickelt, um das Konzept digital umzusetzen. Sie führt den Kreativ-Blog der Tollabox als “Tollabea” weiter

Webseite: www.tollabea.de | Facebook: facebook.com/tollabea | Twitter: @TOLLABEA | twitter.com/TOLLABEA

 

Kolumne von Eltern für Eltern 

Im Wechsel schreiben Blogger und Journalisten über Themen, die Eltern bewegen. Lesen Sie hier Geschichten und Beispiele aus der wunderbar chaotischen Welt des Lernens und Lebens. Alle Kolumnen ansehen.

Die beliebtesten Kolumnen von Béa:

Nix Süßes und nichts Saures – Die ultimativen Tipps für ein ruhiges Halloween

Katharina Looks

Mit unseren Tipps wird es ein ruhiges Halloween.
© WindyNight/fotolia.com

Halloween steht vor der Tür. Doch nicht alle Menschen freuen sich über das Fest der grinsenden Kürbisköpfe. Sie auch nicht? Mit den Tipps von Kolumnist Christian Hanne halten Sie sich die marodierenden Kinderhorden vom Leib.

Nur noch wenige Tage, dann steht es wieder vor der Tür: Halloween. Kinder und Jugendliche lieben Halloween, denn sie können sich verkleiden, dürfen im Dunklen um die Häuser ziehen und heimsen obendrein einen Haufen Schokolade ein. Und die Süßigkeiten produzierende Industrie reibt sich die Hände, hat sie es doch geschafft, neben Ostern und Weihnachten ein weiters Fest zu etablieren, bei dem sich Kinder mit Süßkram vollstopfen und durch den Zuckerüberschuss so aufgedreht sind, dass sie Ihre Eltern in den Wahnsinn treiben. Entsprechend sind die Läden seit Wochen mit semi-gruseligen Halloween-Devotionalien dekoriert und das Internet ist mit Artikeln rund um Halloween geflutet (“Fünf Ausflugtipps zum Fürchten”, “Die sieben besten Party-Spiele: Spaß und Grusel garantiert“, “Zehn schaurig schöne Leckereien”).

Aber wer hat Tipps für diejenigen, die es beim Gedanken an distanzgeminderte Kinder schaudert, die einfach bei fremden Leuten Sturm klingeln und mit einem unverschämt geblökten „Süßes oder Saures“ Schutzgeld in Form von Schokolade und Bonbons erpressen wollen? Ich! Mit den folgenden Ratschlägen garantiere ich Ihnen, dass Halloween für Sie dieses Jahr so geruhsam wird wie ein Aufenthalt in einem tibetanischen Schweigekloster.

Die wollen nur spielen

Nicht süß, sondern richtig sauer: Wählen Sie zur Abschreckung möglichst aggressive Vierbeiner
© DaPuglet/Offutt Air Force Base/flickr.com

Ihr oberstes Ziel an Halloween besteht darin, jegliche Kinder – ja noch besser alle Menschen – von Ihrem Haus fernzuhalten. Nur so können Sie es vermeiden, dass Ihre Tür von Skeletten, Zombies und Vampiren belagert wird und Sie diese erst wieder loswerden, indem Sie deren Lebendgewicht in Schokolade aufwiegen.

Vermieten Sie daher Ihren Garten am 31. Oktober an den Hundeverein “Beißende Bestien e.V.”, und sorgen Sie dafür, dass sich ein paar possierliche Pit Bulls, putzige Rottweiler und knuddelige Mastiffs auf dem Gelände mal so richtig fernab jeglichen Leinenzwangs austoben können. Vergewissern Sie sich, dass die Tiere darauf abgerichtet sind, alles zu zerfleischen, was sich bewegt. Vorzugsweise sollten die beißwütigen Tölen erfolgreich an internationalen Hundekämpfen teilgenommen haben. Mithilfe der blutrünstigen Köter wird Ihr Garten an Halloween eine No-Go-Area für marodierende Kinderbanden sein.

Willkommen im Tempel des Todes

99,9% der Kinder werden so ein Schild einfach ignorieren. Der Rest kann nicht lesen. Seien Sie also vorbereitet und präparieren sie den Vorgarten mit Fallen
© Dirk Duckhorn/flickr.com

Sie sollten sich bei der Sicherung Ihrer Wohnung aber nicht alleine auf die abschreckende Wirkung der Kampfhunde verlassen. Sicherlich kennen Sie die Indiana-Jones-Filme, in denen der peitschenschwingende Archäologe auf der Suche nach irgendeinem Amulett, dem Heiligen Gral oder der Bundeslade durch verschiedene Grabstätten, Tempel oder Verließe irrt, wobei ihm diverse todbringende Fallen das Leben schwermachen. Und genau so soll es Kindern ergehen, die sich an Halloween auf Ihr Grundstück wagen.

Lassen Sie sich von George Lucas und Steven Spielberg inspirieren und verwandeln Sie Ihren Vorgarten in den ‘Tempel des Todes’. Spannen Sie Stolperdrähte, die Armbrüste mit giftigen Pfeilen auslösen, bereiten Sie getarnte Gruben vor, die Sie mit Königkobras auffüllen, und präparieren Sie den Gehweg zu Ihrem Haus, so dass ein Tritt auf jede zweite Platte eine mittelschwere Explosion verursacht. Abschließend setzen Sie die Türklingel unter Strom, so dass der Klingelnde mit einem 220-Volt-Schlag in ein knuspriges Grillhähnchen verwandelt wird. All diese Maßnahmen sollten dafür sorgen, dass sich verkleidete Quälgeister von Ihnen fernhalten und Sie am 31. Oktober einen ruhigen Abend verbringen können.

Und täglich grüßt das Stinktier

Gut durch: Mit diesem lustigen Gesellen und ein paar weiteren unappetitlichen Zutaten können sie das ultimative Abwermittelchen zaubern
© justgrimes/flickr.com

Als weitere Abschreckungsmaßnahme errichten Sie im Eingangsbereich eine Duft-Barriere, die so stark ist, dass sich niemand ohne Atemschutzgerät an die Türklingel traut. Dazu besorgen Sie sich eigentlich bestenfalls bereits Ende August fünf bis sechs große Kürbisse, die Sie aushöhlen. Gehen Sie dabei möglichst nachlässig vor, so dass große Stücke Fruchtfleisch in dem Kürbis verbleiben, die dann mit der Zeit fröhlich vor sich hingammeln. Auch jetzt können Sie diesen Rat noch in die Tat umsetzen, indem Sie die Kürbisse in ein gut geheiztes Zimmer verfrachten und den Verwesungsprozess befeuern. Die hohlen Kürbisse füllen Sie mit diversen streng riechenden Gegenständen. Limburger Käse, mehrfach benutzte Sportsocken, volle Windeln, der Biomüll der letzten vier Wochen, Kölnisch Wasser aus dem großmütterlichen Nachlass. Frei nach dem Motto “Alles geht und muss” sind Ihrer Phantasie dabei keine Grenzen gesetzt.

Zum Schluss stecken Sie noch ein paar Duftkerzen mit unterschiedlichen Aromen (“Lime Basilikum Mandarine”, “Passionsblume Vanille” in Kombination mit “Orange Zedernholz Nelke”) in die Muff-Kürbisse. Nun haben Sie den optimalen Mief-Wall, denn in ihrem Eingangsbereich wird es wie in einer esoterischen Aromatherapie-Bude stinken. Und da will ja auch niemand reingehen.

Du kommst hier net rein!

Nur die Harten kommen durch den Garten. Falls ein Kind es trotzdem bis zur Haustür schafft, kann ein schlecht geschulter Türsteher sie vielleicht noch retten
© pixabay

Für den unwahrscheinlichen Fall, dass ein paar kindliche Störenfriede die Kampfunde, die Stolperfallen und den Muff-Wall überwunden haben, engagieren Sie einige finstere Gesellen mit reichlich Berufserfahrung im Rotlicht- und Rockermilieu, um Ihre Tür zu bewachen. Seien Sie beim Auswahlprozess sehr sorgfältig, denn diese Männer sind die letzte Bastion zwischen Ihnen und den süßigkeitsgeilen Nervbratzen. Kontrollieren Sie daher penibel die polizeilichen Führungszeugnisse Ihrer potenziellen Türsteher. Nur wenn diese mindestens fünf Vorstrafen wegen schwerer Körperverletzung vorzuweisen haben, sind sie für den Job ausreichend qualifiziert.

Achten Sie außerdem darauf, dass die Torwächter Kinder hassen. Und zwar ausnahmslos alle. Schließlich möchten Sie unter keinen Umständen, dass so ein vierschrötiger Geselle, der den Auftrag hat, unerwünschte Besucher in der Luft zu zerreißen, beim Anblick eines niedlichen kleinen Gespenstes weich wird und ihm Zutritt zu Ihrer Wohnung gewährt.

An apple a day keeps the children away

Todsichere Abschreckungsmaßnahme: Obst statt Süßigkeiten verteilen
© iblushay/flickr.com

Jeder Laien-Ökonom weiß, dass das Angebot die Nachfrage regelt. Wenn also alles nichts hilft, müssen Ihre Halloween-Süßigkeiten so unattraktiv sein, dass sich bei den Kindern in der Nachbarschaft herumspricht, bei Ihnen gibt es nichts Leckeres zu holen. Halten Sie beispielsweise Schokolade vor, deren Mindesthaltbarkeitsdatum bereits so weit überschritten ist, dass selbst Maden und Kakerlaken einen weiten Bogen um sie machen. Zugegebenermaßen ist es aber nicht ganz einfach, an vergammelte Schokolade zu kommen. Zumindest bei uns in der Familie ist das Phänomen abgelaufener Süßigkeiten noch nie aufgetreten.

Eine abschreckende Wirkung können Sie auch erzielen, indem Sie den bettelnden Gören Obst anbieten. Äpfel, Birnen, Mangos, Kiwis. Hauptsache viele Vitamine, denn darauf reagieren Kinder wie Vampire auf Knoblauch. Alternativ können Sie auch Rosenkohl mit flüssiger Schokolade überziehen und dann in güldenes Ferrero-Rocher-Papier einwickeln. So haben Sie nicht nur eine eklige Süßigkeit, sondern Sie können außerdem Ferrero Rocher bis zum Abwinken futtern. Besser geht’s nicht.

Der gruselige Bruder von ‘The Walking Dead’

Letzte Rettung, wenn alles andere nicht geholfen hat: ein gruseliges Kostüm
© Taylor Herring/flickr.com

Wenn das für Sie alles noch nicht weit genug geht, können Sie ungebetenen Halloween-Besuch durch eine möglichst furchteinflößende Verkleidung vertreiben. Und nein, dazu reicht es nicht, eine Foto-Maske Ihrer Schwiegermutter zu tragen, sondern Sie müssen schon etwas kreativer werden. Lassen Sie sich beispielsweise von den Visagisten und Kostümausstattern von ‘The Walking Dead’ in einen waschechten Zombie verwandeln. Wenn Sie dann noch für einige Tage die Körperhygiene vernachlässigen, so dass Ihnen Fliegen um den Kopf schwirren, rundet das denn Gesamteindruck sehr schön ab und die kleinen Nervtröten werden Ihr Haus meiden wie Mario Barth eine niveauvolle Pointe.

Es gibt aber noch ein Kostüm, das sogar den Zombie-Aufzug toppt. Ziehen Sie sich einen schlechtsitzenden Anzug an, binden Sie sich eine zu lange rote Krawatte um, färben Sie Ihre Haare orange und setzen Sie sich eine Donald-Trump-Maske auf. Vor dem nimmt wirklich jeder Reißaus.

Weitere Kolumnen von Christian Hanne hier im ELTERN! Magazin:

Kolumne von Eltern für Eltern 

Im Wechsel schreiben Blogger und Journalisten über Themen, die Eltern bewegen. Lesen Sie hier Geschichten und Beispiele aus der wunderbar chaotischen Welt des Lernens und Lebens. Alle Kolumnen ansehen.

Über den Autor

Christian Hanne, Jahrgang 1975, ist im Westerwald aufgewachsen und hat als Kind zu viel von Ephraim Kishon gelesen und zu viel „Nackte Kanone“ geschaut. Inzwischen lebt er mit seiner Frau und ihren beiden Kindern in Berlin-Moabit. Auf seinem Blog „Familienbetrieb“, auf Twitter und Facebook schreibt er über den ganz normalen Alltagswahnsinn. Kulinarisch pflegt er eine obsessive Leidenschaft für Käsekuchen. Sogar mit Rosinen. Ansonsten ist er mental einigermaßen stabil.

Im September ist sein Buch “Wenn’s ein Junge wird, nennen wir ihn Judith” im Seitenstraßenverlag erschienen. In zwölf gar nicht mal so kurzen Kurzgeschichten sinniert er darüber, wie Schwangerschaft, Marathongeburten und nachtaktive Babys eine moderne, gleichberechtigte Partnerschaft auf die Probe stellen.

Im Netz:

 

Niemand hat die Absicht, Schulmaterial zu kaufen. Oder: Flieht, ihr Narren, so lange ihr noch könnt!

Katharina Looks

© estherpoonfotolia.com
Momentaufnahme im Kaufhaus: Mit dem bloßen Auge sind die hektisch flitzenden Eltern auf dem Weg zum Schreibwarenladen kaum zu erkennen

Neues Schuljahr, neue Schulsachen! Warum Sie diese besser Jahre im Voraus einkaufen, eine Lagerhalle mieten und in Geo-Dreiecke investieren sollten, erklärt Ihnen Christian Hanne. Wir wünschen viel Spaß beim Lesen!

Eine Kolumne von Christian Hanne, Blog Familienbetrieb.

In den ersten Bundesländern sind die Sommerferien vorbei und das neue Schuljahr hat begonnen. Während Ihre Kinder trauern, werden Sie als Eltern aufatmen, nach sechs langen Wochen die Kinder nicht mehr täglich und rund um die Uhr bespaßen zu müssen. Ihre Erleichterung wird aber schnell Ernüchterung weichen, wenn Ihre Kinder am ersten Schultag die Liste mit dem zu besorgenden Schulbedarf anschleppen. Wobei ‘Liste’ eine unangemessen verniedlichende Wortwahl ist, denn vom Umfang her ist sie vergleichbar mit einem Stephen-King-Roman. Und genauso gruselig ist sie auch.

Auf dieser Liste stehen je nach Alter der Kinder Dinge, wie Hefte und Blöcke (liniert und kariert), Schnellhefter, Hausaufgabenhefte, Buntstifte, diverse Bleistifte mit unterschiedlich harten Mienen, Radiergummis, Bleistiftspitzer (mit Hülle), Lineale in unterschiedlichen Größen und Formen, Wachsmalkreide, Wasserfarben, Rund- und Borstenpinsel, Malblöcke (groß und klein), Sammelmappen für Kunstbilder, Scheren, Klebestifte, Knete, Turnbeutel, Sportklamotten und Sportschuhe, Brotdosen, Trinkflaschen, Regenhauben für den Ranzen, ein Schweizer Taschenmesser (ohne Messer), eine Heckenschere (ohne Hecke), ein Shetland-Pony, eine Flugabwehrrakete (mit Munition) und vieles mehr.

Wie Sie es schaffen, all diese Sachen zu besorgen, ohne dem Wahnsinn zu verfallen, können Sie im Folgenden lesen.

Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben

Beginnen Sie lieber rechtzeitig mit Ihrem Einkauf, sonst sieht Ihr Schreibwarenhandel ähnlich aus
© pexels.com

Als Michail Gorbatschow diese Worte an Erich Honecker richtete, sprach er sicherlich davon, wie immens wichtig es ist, die Schulmaterialien rechtzeitig zu kaufen. Nur unwissende Erstklässler-Eltern ziehen im August und September los, um Hefte, Blöcke und den ganzen Rest zu organisieren. So kurz vor dem neuen Schuljahr sind die Schreibwarengeschäfte im gesamten Bundesgebiet aber bereits leergeräumt, als seien marodierende Horden enthemmter Bildungsbürger hindurchgefegt.

Sollten Sie dem Verkaufspersonal erklären, sie würden gerne ein Lineal oder einen Radiergummi erwerben, ernten Sie allenfalls ein müdes Lächeln und man wird Sie für einen weltfremden Sonderling halten, der fernab der menschlichen Zivilisation von Wölfen großgezogen wurde. Wahrscheinlich stehen Sie ohnehin vor verschlossenen Türen und treffen niemanden an. Da Schreibwarenhändler in den vier Wochen vor dem neuen Schuljahr 98,4 Prozent ihres Jahresumsatzes erzielen, begeben sie sich anschließend auf eine mehrmonatige Luxus-Kreuzfahrt in der Karibik.

Damit Sie für die nächsten Jahre gewappnet sind, müssen Sie sich an folgenden Zeitplan halten: Im Oktober kaufen Sie die Utensilien für das Schuljahr 2018/19, im November für 2019/20, im Dezember für 2020/21, bis Sie im nächsten Juli die Sachen für das Schuljahr 2027/28 besorgen. Dann haben Sie für die nächsten zehn Jahre Ihre Ruhe und mit etwas Glück verlassen Ihre Kinder nach der mittleren Reife die Schule und Sie müssen sich nie wieder um den Kauf von Schulmaterialien scheren.

Wolle Lineal kaufe?

Damit Sie kurzfristig doch noch an Hefte und Stifte für Ihre Kinder gelangen, gibt es nur einen Ausweg: den Schulmaterialien-Schwarzmarkt. An Orten, wo normalerweise die Zigarettenmafia oder Kleindealer ihre Waren feilbieten, bauen gegen Ende der Sommerferien fliegende Händler ihre Stände auf und verkaufen alles, was auf der Schulmaterialienliste steht.

Zugegebenermaßen handelt es sich dabei nicht immer um hochwertige Originalprodukte, sondern um billige Plagiate, die in Asien massenproduziert werden. Der Pelikan auf dem gleichnamigen Füller sieht dann eher aus wie ein abgeschossenes Angry-Bird-Huhn, die Faber-Castell-Buntstifte decken ausschließlich die Farbtöne staubgrau, mausgrau und aschgrau ab und das 30-Zentimeter-Lineal ist lediglich 27 Zentimeter lang. Ihnen wird aber nichts anderes übrigbleiben, als diese Ramschware trotzdem zu kaufen. Einerseits sind Schulmaterialien-Schwarzhändler nicht an einem gewaltfreien Diskurs über die Qualität ihrer Produkte interessiert, anderseits wollen Sie Ihre Kinder nicht heft- und lineallos zur Schule schicken.

Selbstverständlich ist der Schulmaterialien-Schwarzmarkt höchst illegal und dem Staat entgehen dadurch jährlich Mehrwertsteuereinnahmen in Milliardenhöhe. Strafrechtliche Konsequenzen müssen Sie dennoch nicht befürchten, da auch Polizisten, Finanzbeamtinnen, Richter, Staatsanwältinnen und Politiker Kinder haben und irgendwo Schulmaterialien besorgen müssen.

Doppelt hält länger, reicht aber trotzdem nicht

Wollen Sie über das ganze Schuljahr mit ausreichend Schulmaterial versorgt sein? Legen Sie besser einen Vorrat an
© nordrodenfotolia.com

Das größte Problem an den Schulmaterialien ist aber nicht, ihrer habhaft zu werden. Es ist ihre geringe Halbwertszeit. Wenn sich Ihre Kinder in Sachen Ordnungssinn, Zuverlässigkeit und Sorgfalt auch nur halbwegs innerhalb der Gaußschen Normalverteilung bewegen, werden sie ihre Schulsachen schneller verlieren als Anthony Scaramucci seinen Job als Kommunikationsdirektor im Weißen Haus. Spätestens im Oktober kommen Ihre Kinder nach Hause und beschweren sich, sie hätten keine Patronen mehr, ihr Füller sei verschwunden und das Geodreieck nicht mehr auffindbar. Kurzum: Der Großteil der gerade erst angeschafften Utensilien ist nicht mehr in ihrem Besitz.

Geben Sie sich gar nicht erst die Mühe, sämtliche Sachen mit den Namen Ihrer Kinder zu beschriften, denn diese werden trotzdem unwiderruflich im Bermuda-Dreieck der Schulmaterialien verschwinden. (Grundschuleltern sei an dieser Stelle gesagt: Nein, das wird nicht besser, wenn die Kinder größer sind.) Erst wenn Sie irgendwann mal umziehen, werden Sie hinter irgendeinem Regal im Kinderzimmer unzählige Hefte, Stifte und Lineale entdecken und können dann Ihr eigenes Schreibwarengeschäft eröffnen.

Bis dahin dürfen Sie beim Besorgen der Schulmaterialien nicht einfach stupide die vorgegebene Liste abarbeiten. Hier sind Mitdenken und Eigeninitiative gefragt. (Sie sind schließlich nicht auf der Arbeit.) Kaufen Sie die Utensilien nicht in einfacher, zweifacher oder dreifacher Ausführung, sondern so viel wie Sie bekommen können. Erst wenn Sie eine Lagerhalle voll mit Heften, Blöcken und Stiften besitzen, können Sie davon ausgehen, bis zum Ende des Schuljahres über ausreichend Schulmaterial zu verfügen. Falls wider erwartend am Ende der Schullaufbahn Ihrer Kinder etwas übrigbleiben sollte, können Sie das Zeug immer noch auf dem Schulmaterialien-Schwarzmarkt verscherbeln.

Let’s talk about money!

Inzwischen haben Sie sicherlich verstanden, dass Schulmaterialien eine äußerst kostspielige Angelegenheit sind. Falls Sie Neymar da Silva Santos Júnior heißen und 30 Millionen im Jahr verdienen, indem Sie gegen einen Ball kicken, kann Ihnen das ziemlich egal sein. Falls nicht, sollten Sie sich schleunigst um die Telefonnummer von Peter Zwegat bemühen, damit er Ihnen an seinem hübschen Flip-Chart erklären kann, wo es in Ihrem Haushalt Einsparmöglichkeiten gibt und was Sie bei einer Privatinsolvenz beachten müssen.

Es gibt aber noch andere Möglichkeiten, wie Sie den Kauf von Schulmaterialien finanzieren können und dazu weder Ihre Nieren der Organ-Mafia verkaufen noch Walter-White-mäßig in Ihrem Keller Crystal Meth produzieren müssen. Sie können sogar Geld mit Schulmaterialien verdienen!

Nehmen Sie einfach einen hohen sechsstelligen Kredit auf und kaufen Sie Aktien von Schulmaterialien produzierenden Unternehmen. Ein totsicherer Anlagetipp, wie Ihnen jeder halbwegs kompetente Bankberater bestätigen wird. Bei Aktien von Schulmaterial-Herstellern sind jährliche zweistellige Renditen nahezu garantiert.

Nicht umsonst überlegt die Deutsche Bundesbank gegenwärtig, ihre Goldreserven im Wert von circa 140 Milliarden Euro gegen eine Geodreieck-Reserve auszutauschen. Letztere sind nämlich erheblich krisensicherer. Denn, um mich selbst zu zitieren, es heißt mit gutem Grund: “Zur Schule gegangen wird immer. (Notorische Schulschwänzer sind hiervon auszunehmen.)”

Einer flog über das Schulbücher-Einbinde-Nest

Selbstklebende Schutzfolie für Schulbücher: Was für Navy Seals schon eine Herausforderung ist, ist für Otto Normalverbraucher psychische Folter
© Antonioguillemfotolia.com

Freuen Sie sich aber nicht zu früh, wenn Sie alle Schulmaterialien besorgt haben und daher dem Irrglauben unterliegen, Ihr Kind sei jetzt bestens für das neue Schuljahr ausgestattet. Es gibt nämlich Schulen, die es nicht akzeptieren, dass die Lehrbücher in Schutzhüllen gesteckt werden, sondern sie müssen mit selbstklebender Folie eingebunden werden. (Ungünstigerweise gingen unsere Kinder auf eine solche Grundschule.)

Das zeugt von einem unbändigen Hass gegenüber Eltern, denn beim Einbinden von Schulbüchern steht zwischen Ihnen und einer Einweisung in die Nervenheilanstalt nur die Folie. Die Bücher verrutschen andauernd, die Folie schlägt Blasen und Falten und außerdem klebt sie immer an Stellen, an denen sie gar nicht kleben soll. Es soll Navy Seals geben, die im Krieg jeden Tag dem Feind und dem Tod in die Augen blickten, aber beim Einbinden von Schulbüchern einen Nervenzusammenbrauch erlitten, weil sie dem Druck nicht mehr standhielten.

Sicherlich, es gibt zahlreiche Tutorials auf YouTube, in denen Menschen zeigen, wie man ganz einfach Schulbücher mit Folie einschlagen kann. Meiner Meinung nach gibt es diese Menschen aber gar nicht, sondern das sind alles tricktechnisch animierte Videos, die alleine das Ziel verfolgen, Eltern zu demütigen, die am Einbinden von Schulbüchern scheitern.

Es gibt hier nur eine Lösung: Sie engagieren einen erfahrenen Mikro-Chirurgen, der über die notwendige Fingerfertigkeit und Feinmotorik verfügt, um die Bücher falten- und blasenfrei einzuschlagen. Der kann Ihnen auch gleich ein paar Aufheller verschreiben, damit Sie sich von Ihren eigenen Versuchen, die Bücher einzubinden, erholen können.

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Kolumne von Eltern für Eltern 

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Über den Autor

Christian Hanne, Jahrgang 1975, ist im Westerwald aufgewachsen und hat als Kind zu viel von Ephraim Kishon gelesen und zu viel ‘Nackte Kanone’ geschaut. Inzwischen lebt er mit seiner Frau und ihren beiden Kindern in Berlin-Moabit. Auf seinem Blog ‘Familienbetrieb’, auf Twitter und Facebook schreibt er über den ganz normalen Alltagswahnsinn. Kulinarisch pflegt er eine obsessive Leidenschaft für Käsekuchen. Sogar mit Rosinen. Ansonsten ist er mental einigermaßen stabil.

Im September ist sein Buch “Wenn’s ein Junge wird, nennen wir ihn Judith” im Seitenstraßenverlag erschienen. In zwölf gar nicht mal so kurzen Kurzgeschichten sinniert er darüber, wie Schwangerschaft, Marathongeburten und nachtaktive Babys eine moderne, gleichberechtigte Partnerschaft auf die Probe stellen.

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Möge die Macht mit euch sein. Oder: Wie überlebe ich die Klassenarbeiten vor den Sommerferien?

Katharina Looks

Für Klassenarbeit lernen du musst, oder doch nicht?
© Daniel Cheung/unsplash.com

Das Fieberthermometer übers Feuerzeug halten, sich von Walter White Chemie erklären lassen, oder dem Lernpartner eine reinhauen: Christian Hanne verrät idiotensichere Tricks, um erfolgreich durch die stressige Lernphase zu kommen.

In ungefähr sechs Wochen fangen in den ersten Bundesländern schon die Sommerferien an. Bis dahin gibt es noch zahlreiche Feiertage, Sportfeste, Schulkonzerte, Wandertage und Projektwochen sowie andere Ereignisse, zu denen der Unterricht ausfällt. Das freut die Schülerinnen und Schüler, denn so haben sie bis zu den Ferien keine komplette Schulwoche mehr. Allerdings müssen sie dafür auch fast täglich Klassenarbeiten, Vokabeltests, Hausaufgabenüberprüfungen und Lernkontrollen schreiben.

Viele Eltern stellen sich jetzt die Frage, wie die Kinder den ganzen Stoff am effektivsten lernen können, damit die gute Vor-den-Ferien-Stimmung nicht durch schlechte Noten getrübt wird. Dazu halten Sie am besten Ihre Kinder jeden Morgen an, gut im Unterricht aufzupassen, kontrollieren regelmäßig die Hausaufgaben, erstellen systematische Arbeitspläne, deren Einhaltung Sie penibel überwachen, und außerdem fragen Sie Ihre Kinder die Lerninhalte immer wieder und wieder ab. Das wird sie bei Ihrem Nachwuchs zwar nicht besonders populär machen, aber so werden Ihre Kinder garantiert gute (oder zumindest bessere) Noten schreiben. Vor allem werden sie den Stoff nicht sofort wieder vergessen, sondern ihn sich langfristig behalten. Das freut dann auch den von mir regelmäßig zitierten Seneca, der ja pausenlos darauf herumgeritten ist, dass man für das Leben und nicht für die Schule lernen soll. Der romantische Naivling!

Nachdem die Eltern nun wissen, was sie zu tun haben, ist der Rest des Artikels für die Schülerinnen und Schüler gedacht. Also liebe Eltern: Reicht das Tablet, Smartphone, eure Apple Watch oder wo auch immer ihr diesen Text gerade lest, an den Nachwuchs weiter. >>AUF GAR KEINEN FALL WEITERLESEN!<< Die Ü20-Party findet woanders statt!

Liebe Kinder, ihr bekommt jetzt hier die sechs ultimativen Mega-Tipps, wie ihr die ganzen verschissenen Tests und verkackten Arbeiten vor den Sommerferien überlebt, ohne euch beim Büffeln einen dauerhaften Hirnschaden zuzuziehen. (Ihr solltet allerdings dafür sorgen, dass eure Eltern diese Tipps nie zu Gesicht bekommen.)

Tipp 1: Wer nicht da ist, kann nichts schreiben

Ach, wie ärgerlich, wenn die “Grippe” pünktlich zur Mathearbeit kommt.
© Daniel Cheung/unsplash.com

Es gibt ein extrem wirkungsvolles Mittel, das dafür sorgt, dass ihr euch für Klassenarbeiten und Tests nicht totlernen müsst: Gar nicht erst hingehen! Genau. Ihr schwänzt einfach die Schule oder macht blau.

Beim Schwänzen geht ihr morgens aus dem Haus und treibt euch den ganzen Tag in der Stadt rum, bis ihr nachmittags nach Hause geht und auf die Frage Eurer Eltern “Wie war es in der Schule?” mit “Gut.” antwortet oder irgendetwas anderes grunzt. Am nächsten Tag steht ihr allerdings vor der Herausforderung, in der Schule eine Entschuldigung präsentieren zu müssen. Dazu fälscht ihr Mamas oder Papas Unterschrift, das gelingt euch nur so semi-gut, der ganze Schwindel fliegt auf und schon hagelt es deftige Strafen. Nachsitzen, Hausarrest, Taschengeldentzug oder noch schlimmer: Handy-Verbot.

Deswegen ist es doch viel eleganter, am Morgen der Klassenarbeit von einer schlimmen Krankheit heimgesucht zu werden. Da es relativ schwierig ist, an gute Grippeviren zu kommen, mit denen ihr euch kontrolliert anstecken könnt, müsst ihr die typischen Symptome glaubwürdig simulieren. Das ist kein Hexenwerk. Nachts einfach drei Pullis und vier Jogginghosen tragen und mindestens bis um drei Uhr morgens am Handy zocken und schon seid ihr am nächsten Morgen total verschwitzt und vollkommen übermüdet, so dass ihr ausseht, als leidet ihr an Schwindsucht. Dann kurz das Fieberthermometer mit einem Feuerzeug auf knapp 40 Grad hochjazzen und schon steht einem freien Tage nichts mehr im Wege. Ihr müsst jetzt nur noch mit schwacher Stimme krächzen: “Aber ich muss zur Schule, wir schreiben doch heute Französisch.” und schon werden eure Eltern gerührt von so viel Pflichtgefühls und ohne Verdacht zu schöpfen, ihr “armes Hascherl” zurück ins Bett schicken, denn “die Gesundheit geht nun einmal vor”. So könnt ihr dann den ganzen Tag gechillt in der Bude abhängen, Netflix schauen und mit euren Freunden chatten, die ebenfalls „krank“ im Bett liegen. Und wenn ihr richtig gut simuliert habt, dürft ihr ihr die nächsten zwei, drei Tage auch noch zuhause bleiben, so dass ihr weitere Arbeiten verpasst.

Tipp 2: Die Binge-Watching-Lernmethode

Walter White und Frank Underwood lehren nicht nur Chemie und Politik, sondern auch den effektiven Umgang mit Menschen, die eine andere Meinung vertreten.
© Daniel Cheung/unsplash.com

Wenn ihr jede Woche zwei bis drei Tests und Arbeiten schreibt, hängt euch irgendwann – höchstwahrscheinlich von Anfang an – das viele Lesen und Auswendiglernen zum Hals raus. Glücklicherweise gibt es neue Studien von amerikanischen Wissenschaftlern, in denen nachgewiesen wurde, dass Schülerinnen und Schüler ihre Leistungen, um 74 Prozent steigern konnten, indem sie sich den Schulstoff nicht durch Bücher und Arbeitsblätter, sondern durch Filme und Videos aneigneten. Okay, diese Statistik habe ich frei erfunden, ihr könnt sie aber trotzdem gegenüber euren Eltern zitieren und sagen, ihr hättet das “im Internet” gelesen und dann würde das ja wohl stimmen.

Sich mit alten Telekolleg-Folgen wie “Elektrochemische Zellen” oder “Differentialrechnung für Fortgeschrittene” auf die nächste Chemie- oder Mathe-Arbeit vorzubereiten, ist allerdings genauso nervtötend, wie die entsprechenden Kapitel in den Schulbüchern durchzuarbeiten. Es müssen also interessantere filmische Alternativen her. Den Streaming-Diensten sei Dank, gibt es die zum Glück zuhauf und somit könnt ihr euch mit der Binge-Watching-Lernmethode auf eure Tests und Prüfungen vorbereiten. Dabei lernt ihr Chemie bei “Breaking Bad”, Physik durch “Big Bang Theory”, Französisch mit “La Boum” und “Willkommen bei den Sch’tis”, biologische Evolutionslehre bei “Jurassic Park” und Sozialwissenschaften beziehungsweise Politische Bildung mit “House of Cards”, um hier nur ein paar Beispiele zu nennen.

Ehrlicherweise sei euch gesagt, dass ihr durch Binge-Watching wahrscheinlich keine besonders guten Arbeiten schreibt, aber ihr werdet nie wieder so viel Spaß beim Lernen haben. Und das meine ich ganz wörtlich, denn eure Eltern werden euch das Binge-Watching-Lernen nie wieder erlauben, wenn ihr in den nächsten Wochen lauter Vieren, Fünfen und Sechsen mit nach Hause bringt.

Tipp 3: Gut gespickt ist halb gewusst

Ein schöner Spickzettel kann das Leben deutlich erleichtern.
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Als Alternative zur Binge-Watching-Lernmethode werden eure Eltern euch wahrscheinlich erzählen, dass ihr am besten lernt, indem ihr den Stoff auf Zetteln und Karteikarten zusammenfasst. So trete schon beim Schreiben ein Lerneffekt ein und außerdem hättet ihr dann die wichtigsten Fakten parat, um sie euch regelmäßig durchzulesen und einzuprägen.

Die Notizenschreiberei ist natürlich total nervig, hat aber auch den Vorteil, dass ihr die relevanten Infos schon mal auf handlichen Zetteln stehen habt. Und es spricht ja wohl nichts dagegen, diese dann mit zu den Klassenarbeiten zu nehmen. Alles andere wäre die reinste Papierverschwendung und ihr wollt euer ökologisches Gewissen ja nicht mit so etwas belasten.

Während der Arbeit könnt ihr dann – quasi als kleine Gedankenstütze – ab und an mal einen Blick auf eure Notizen werfen. Allerdings dürft ihr das nicht zu offensichtlich machen, sondern müsst ein wenig kreativ sein. Zum Beispiel indem ihr die Etiketten eurer Club-Mate-Flaschen neu entwerft und mit den Basis-Infos zur Photosynthese bedruckt. Oder ihr ritzt binomische Formeln in Schokoriegel, die ihr dann allerdings nicht in einer Frustfressattacke versehentlich essen dürft. Oder ihr lasst euch einen sehr langen Pony wachsen, hinter dem ihr einen Miniaturausdruck des chemischen Periodensystems verstecken könnt. Eurem Einfallsreichtum sind hier keine Grenzen gesetzt.

Jedoch müsst ihr peinlichst darauf achten, beim Spicken nicht erwischt zu werden. Die meisten Lehrer reagieren darauf sehr empfindlich und kleinkariert und werfen dann mit Sechsen nur so um sich. Und die hättet ihr auch mit sehr viel weniger Aufwand schreiben können.

Tipp 4: Mut zur Lücke

Der letzte Universalgelehrte Leonardo da Vinci lebte im 15./16. Jahrhundert. Kein Grund also jetzt wieder damit anzufangen.
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Bei mehreren Arbeiten und Tests innerhalb von zwei Wochen und dann noch in so unterschiedlichen Fächern wie Mathe, Englisch, Chemie, Deutsch, Französisch, Biologie, Sozialkunde und Geschichte ist es schlicht unmöglich, in jedem einzelnen dieser Fächer zu glänzen. Das geht den Erwachsenen übrigens genauso. Seit Leonardo da Vinci gibt es einfach keine Universalgelehrten (das sind Menschen, die ganz viel in ganz unterschiedlichen Themenbereichen wissen) mehr. Leonardo da Vinci hat im 15./16. Jahrhundert (das ist ganz, ganz lange her) gelebt und war ein Genie (das sind ganz, ganz schlaue Menschen). Er hat als Maler, Bildhauer, Anatom (die haben mit dem menschlichen Körper zu tun), Ingenieur (die entwickeln Sachen), Mechaniker (die bauen Sachen) und Naturphilosoph (die denken ganz viel über Sachen nach) gearbeitet und hat unter anderem die Mona Lisa gemalt (das ist diese Frau, die nie lacht).

Weil es inzwischen keine Universalgenies mehr gibt, haben die zunehmend verdummenden Menschen das Prinzip “Mut zur Lücke” erfunden. Für euch bedeutet das, ihr konzentriert euch auf die Fächer, die wichtig sind oder die euch leichter fallen. Bei den anderen hofft ihr einfach, dass ihr irgendwie durchkommt (Spoiler: Klappt meistens nicht).

Vielleicht seid Ihr ja richtig, richtig mutig und lernt für gar keine Arbeit. Euer Mut wird dann besonders wichtig sein, wenn ihr euren Eltern am Zeugnistag erklären müsst, warum ihr in allen Hauptfächern Fünfen habt.

Tipp 5: Beware of the Lerngruppe!

Manchmal hilft in Lerngruppen nur ein Schlag ins Gesicht des Partners.
© Daniel Cheung/unsplash.com

Möglicherweise überzeugt euch irgendjemand mal, sich gemeinsam in Lerngruppen auf Klassenarbeiten vorzubereiten sei super. Für masochistisch veranlagte Menschen mag das zutreffen, aber es hat schon seinen Grund, dass, wenn man die Buchstaben von “Lerngruppe” umstellt, ein paar weglässt und ein paar andere ergänzt, daraus “Die absolute Pest” wird.

Befürworter von Lerngruppen argumentieren oft, das Lernen in Gruppen sei eine gute Vorbereitung auf das Berufsleben, wo man auch häufig in Teams arbeiten müsse. Lasst euch dazu nur eins von mir sagen: Lerngruppen in der Schulzeit sind beschissen, Referatsgruppen an der Uni sind beschissen und Projektgruppen in der Arbeit sind ebenfalls beschissen. Je früher ihr lernt Gruppenarbeit zu vermeiden, desto besser. In Lerngruppen gibt es nämlich immer irgendwelche Idioten, die nicht richtig mitmachen, man findet nie einen gemeinsamen Termin und an irgendeinem Deppen bleibt die ganze Arbeit hängen. Das ist besonders unschön, wenn ihr selbst dieser Depp seid.

Also, falls euch ein Freund vorschlägt, eine Lerngruppe zu gründen, schüttet ihm eine Cola ins Gesicht oder verpasst ihm eine leichte Ohrfeige. Dann kommt er hoffentlich wieder zur Besinnung.

Tipp 6: Wie sag‘ ich’s meinen Eltern?

Das Überbringen schlechter Noten will geübt sein. Sonst hilft nur noch eine hollywoodreifes Ablenkungsmanöver inklusive Verfolgungsjagd und Krokodilstränen.
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Falls die ganzen Ratschläge, die ich euch hier gebe, wider Erwarten doch nicht zu glänzenden Noten geführt haben, steht ihr vor dem Problem, euren Eltern lauter Fünfen und Sechsen beichten zu müssen. Dabei ist es wichtig, schlechte und gute Noten immer zusammen zu kommunizieren. Dann halten sich Unmut und Freude bei Mama und Papa die Waage. Allerdings müsst ihr dabei stets die Relevanz der Fächer im Auge behalten. Wenn ihr beispielsweise eine Fünf in Religion geschrieben habt, werden eure Eltern das nicht so schlimm finden, sofern ihr gleichzeitig eine Eins in Mathematik präsentieren könnt. Habt ihr euch dagegen eine Sechs in Französisch eingehandelt, wird es ihnen vollkommen wumpe sein, dass ihr im Handarbeitsunterricht eine Eins auf euren gefilzten Waschlappen bekommen habt.

Richtig schwierig wird es, wenn ihr ausschließlich schlechte Noten vorzuweisen habt. Dann müsst ihr zu radikaleren Methoden greifen. Habt ihr beispielsweise an einem Tag ein Full House aus Vieren und Fünfen in Englisch, Deutsch, Biologie, Latein und Chemie eingeheimst, bleibt euch nur noch eins übrig: Ihr müsst euren Ranzen mitsamt aller Hefte auf der städtischen Mülldeponie entsorgen und dann Zuhause unter Tränen erzählen, dass er euch von ein paar halbstarken Rowdies auf dem Heimweg geklaut wurde. Allzu häufig könnt ihr das jedoch nicht machen, denn irgendwann werden eure Eltern euch als persönliche Bodyguards morgens und nachmittags auf dem Schulweg begleiten, und dann habt ihr keine Gelegenheit mehr, die schlechten Klassenarbeiten still und heimlich zu entsorgen. Und dann müsst ihr tatsächlich richtig lernen. OMG! Oder WTF?

Weitere Kolumnen von Christian Hanne hier im ELTERN! Magazin:

Kolumne von Eltern für Eltern 

Im Wechsel schreiben Blogger und Journalisten über Themen, die Eltern bewegen. Lesen Sie hier Geschichten und Beispiele aus der wunderbar chaotischen Welt des Lernens und Lebens. Alle Kolumnen ansehen.

Über den Autor

Christian Hanne, Jahrgang 1975, ist im Westerwald aufgewachsen und hat als Kind zu viel Ephraim Kishon gelesen und ‘Nackte Kanone’ geschaut. Inzwischen lebt er mit seiner Frau und ihren beiden Kindern in Berlin-Moabit. Auf seinem Blog ‘Familienbetrieb’, auf Twitter und Facebook schreibt er über den ganz normalen Alltagswahnsinn. Kulinarisch pflegt er eine obsessive Leidenschaft für Käsekuchen. Sogar mit Rosinen. Ansonsten ist er mental einigermaßen stabil.

Im September 2016 ist sein Buch “Wenn’s ein Junge wird, nennen wir ihn Judith” im Seitenstraßenverlag erschienen. In zwölf gar nicht mal so kurzen Kurzgeschichten sinniert er darüber, wie Schwangerschaft, Marathongeburten und nachtaktive Babys eine moderne, gleichberechtigte Partnerschaft auf die Probe stellen.

Im Netz

Das pubertierendste Pubertätskind aller Zeiten treibt mich in den Wahnsinn: Der entspannte Weg durch die Pubertät

Katharina Looks

Von Weitem wirken sie friedlich, doch: Pubertierende können Eltern schnell und zielsicher verrückt machen
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Pubertät und Kinder: Ratgeber mit diesem Titel gibt es zuhauf. Unser Kolumnist hat Tipps verfasst, dank welchen sich die Pubertät Ihres Kindes so friedvoll wie ein “Mantra-Meeting bekiffter Hare-Krishna-Anhänger” gestaltet.

Eine Kolumne von Christian Hanne, Blog Familienbetrieb.

Erinnern Sie sich noch an die Trotzphase Ihres Kindes? Als es sich im Hausflur auf dem Boden wälzte, weil es nicht alleine die Treppe hochlaufen wollte? Oder als es einen Tobsuchtsanfall bekam, weil Sie sein Brot in Würfel statt in Streifen schnitten? Oder als es den Supermarkt zusammenbrüllte, weil es kein Überraschungsei bekam?

Wenn Sie mit Wehmut an diese Zeit zurückdenken, befindet sich Ihr Kind wahrscheinlich gerade in der Pubertät. Die Hormonproduktion läuft auf Plansoll-Übererfüllung, Körper und Geist verändern sich, das Kind ist permanent schlecht gelaunt und es gibt jeden Tag lautstarke Auseinandersetzungen, gegen die die Kuba-Krise ein Picknick an einem lauen Sommertag war.

Die Pubertät muss aber nicht alle Beteiligten an den Rand eines Nervenzusammenbruchs bringen. Mit den folgenden Tipps und Tricks wird diese herausfordernde Phase im Leben Ihres Kindes so friedvoll wie ein Mantra-Meeting bekiffter Hare-Krishna-Anhänger.

Die Kommunikation: Words don’t come easy

Wenn Ihr Kind gerade in dem Alter ist, in dem es den ganzen Tag ununterbrochen plappert, bis Ihnen das Blut aus den Ohren läuft, kann ich Sie beruhigen: Diese Phase wird vorübergehen! Mit Eintritt in die Pubertät retardiert die Sprache Ihres Kindes auf unterkomplexe Ein-Wort-Sätze: „Hm“, „Nö“, „Vielleicht“, „Okay“ oder „Weißnich“. Noch häufiger wird sich Ihr Kind mit unartikulierten Grunzlauten ausdrücken.

Um den Dialog mit Ihrem pubertierenden Kind aufrechtzuerhalten, sollten Sie einen Experten aus dem Sprachendienst des Auswärtigen Amtes engagieren, der auf exotische Fremdsprachen spezialisiert ist und für Sie dolmetscht. Oder Sie stellen gleich einen Tierstimmenimitator ein, der für die nächsten Jahre die Kommunikation mit Ihrem Kind übernimmt.

Sprachlich reduziert der Teenager die Kommunikation auf das Minimum – lässt dafür aber gerne mal Gestiken für ihn sprechen
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Die Schule: We don’t need no education

Hausaufgaben und Lernen ist ein steter Quell für Streit und Zoff zwischen Eltern und Kindern. Wenn man unentwegt darüber nachdenkt, wie es wäre, mit Susanne aus der 9b zu knutschen (oder wahlweise mit Ralf aus der 10a), ganze Tage damit verbringt einen neuen Minecraft-Rekord aufzustellen, oder sich voll und ganz auf eine Karriere als YouTuber konzentriert, bleibt selbstverständlich keine Zeit, um sich für Algebra, englische Sonette oder Abläufe der Photosynthese zu interessieren.

Glücklicherweise gibt es eine ganz einfache Lösung: Erzählen Sie Ihrem Kind, dass Sie früher auch keinen Bock auf Schule gehabt und lieber Computer gespielt hätten. Man könne ja mal zusammen abhängen, ein bisschen an der Playsie zocken und ein paar Musical.ly-Videos aufnehmen. Ihr Kind wird sich sofort in seine Hausaufgaben stürzen, denn es gibt für pubertierende Jugendliche keine schlimmere Vorstellung, als Zeit mit den Eltern verbringen zu müssen.

Die Körperpflege: It smells like teen spirit

Mit der Pubertät setzen starke körperliche und damit einhergehend olfaktorische Veränderungen ein. Während die jugendlichen Drüsen ununterbrochen Schweiß und Talg produzieren, sinkt gleichzeitig die Bereitschaft des pubertierenden Kindes, sich auch nur der basalsten Körperhygiene zu widmen. Sie als Eltern sind dabei die Leidtragenden, denn Sie müssen die nächsten Jahre Ihren Essenstisch mit einem verpickelten, fetthaarigen Moschusochsen teilen.

Dieses Problem lässt sich lösen, sobald Ihr Kind Interesse an romantischen Beziehungen entwickelt. Dann können Sie Susanne aus der 9b (oder wahlweise Ralf aus der 10a) alle paar Wochen einen 10er zustecken, damit sie sich auf einen Date mit Ihrem Kind treffen. Sie werden erstaunt sein, wie ein wasserscheuer Pubertant plötzlich Stunden im Bad verbringt, freiwillig duscht, die Haare wäscht, seine Zähne putzt, einen Kamm benutzt und sich mit wohlduftenden Parfüms einnebelt. Und mit ein wenig Glück zieht er sogar frische Klamotten an.

Eltern und andere Verwandschaft tun gut daran, das Zimmer eines Jugendlichen für die nächsten Jahre zu meiden
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Der Ordnungssinn: don´t touch this

Pubertierende Jugendliche haben ein sehr spezielles Empfinden von Ordnung und Sauberkeit. Nämlich gar keins! In einer Mischung aus Ignoranz, Trotz und Lethargie ist es ihnen vollkommen egal, wenn sich in ihren Zimmern schmutzige Wäsche, leere Chipstüten, vergorenes Obst, stinkende Socken, verkrustete Müslischalen, verknickte Schulbücher, verschimmelte Joghurtbecher und zerfledderte Kladden zu einer begehbaren Installation türmen. Hormonell bedingt sind sie schlichtweg nicht in der Lage, das Chaos und den Müll wahrzunehmen. Entsprechend reagieren sie unwirsch und mit Unverständnis auf Aufforderungen, ihr Zimmer aufzuräumen.

Diese Konflikte können Sie nur umgehen, wenn Sie zwischen dem 13. und 18. Lebensjahr das Zimmer Ihres Kindes nicht betreten. Dies erspart Ihnen tägliche Eltern-Kind-Konflikte und wird Ihnen sogar Ruhm und Geld einbringen: Nach der Pubertät werden Archäologen möglicherweise im Kinderzimmer eine untergegangene Maya-Zivilisation finden. Oder Biologen entdecken eine neue Tierart, die nach Ihnen benannt wird. Aber das Beste: Von den Pfandflaschen, die Ihr Kind über die Jahre gebunkert hat, können Sie sich endlich den lang gehegten Wunsch einer vierwöchigen Luxus-Kreuzfahrt erfüllen.

Umgeben von Mönchen findet Ihr Teenager vielleicht Ruhe – Sie haben sie dann auf jeden Fall
© flickr.com/photos/archer10/2657569103/

Die Emotionen: It’s the end of the world as we know it (but I feel fine)

Besonders herausfordernd ist die emotionale Achterbahn, die Ihre Kinder in der Pubertät durchlaufen. Sie sind sentimental, ausgelassen, zornig, fröhlich, traurig, wütend, euphorisch oder albern. Und diese Zustände wechseln schneller als bei einem Borderliner, der seine Medikamente nicht genommen hat. Dadurch gibt es unentwegt Streit, weil Sie als Eltern nicht in der Lage sind, die Gefühlsschwankungen Ihres Kindes vorherzusagen.

Hier gibt es nur einen Ausweg: Schicken Sie Ihr Kind für die Zeit der Pubertät in ein buddhistisches Zen-Kloster (vorzugsweise nach Rudraprayag im Himalaya, wohin es keine direkten Flugverbindungen gib). Die dortigen Mönche ruhen in sich selbst und lassen sich von den Emotionsausbrüchen Ihres Kinders nicht aus dem inneren Gleichgewicht bringen. Für den unwahrscheinlichen Fall, dass sie sich doch mal aufregen, meditieren sie Ihren Zorn einfach weg.

Kommt Ihr Sprössling dann mit 17, 18 Jahren wieder zurück, nachdem er gereift und erleuchtet ist, werden Sie feststellen, dass die Pubertät Ihres Kindes die entspannteste Zeit Ihres Elternlebens war.

Weitere Kolumnen von Christian Hanne hier im ELTERN! Magazin:

Kolumne von Eltern für Eltern 

Im Wechsel schreiben Blogger und Journalisten über Themen, die Eltern bewegen. Lesen Sie hier Geschichten und Beispiele aus der wunderbar chaotischen Welt des Lernens und Lebens. Alle Kolumnen ansehen.

Über den Autor Christian Hanne

Christian Hanne, Jahrgang 1975, ist im Westerwald aufgewachsen und hat als Kind zu viel von Ephraim Kishon gelesen und zu viel “Nackte Kanone” geschaut. Inzwischen lebt er mit seiner Frau und seinen beiden Kindern in Berlin-Moabit. Auf seinem Blog “Familienbetrieb”, auf Twitter und Facebook schreibt er über den ganz normalen Alltagswahnsinn. Kulinarisch pflegt er eine obsessive Leidenschaft für Käsekuchen. Sogar mit Rosinen. Ansonsten ist er mental einigermaßen stabil.

Im September ist sein Buch “Wenn’s ein Junge wird, nennen wir ihn Judith” im Seitenstraßenverlag erschienen. In zwölf gar nicht mal so kurzen Kurzgeschichten sinniert er darüber, wie Schwangerschaft, Marathongeburten und nachtaktive Babys eine moderne, gleichberechtigte Partnerschaft auf die Probe stellen.

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Kolumne “Die Elternflüsterer”: Rettet das Lernen!

Katharina Looks

Lernen ist uncool – diese Einstellung vermittelt auch dieses T-Shirt
© Screenshot von der Website otto.de

Unsere Elternflüsterin ist überzeugt: Lernen ist cool und nicht allein Lehrersache. Béa Beste über das Lernen im Famillienalltag – und warum sie genau das gerettet hat.

Im letzten scoyo-Hangout lag mir das Thema “Lernbeziehung zwischen Eltern und Kindern” sehr am Herzen. Ich dachte, dass ich auch andere dazu inspirieren und beflügeln kann, holte aus, pries Co-Learning und beschwor eine rosarote Stimmung zwischen Kindern und Eltern. Alles tolla! Dachte ich.

Unsere verkorkste Beziehung zum Lernen

Einige Minuten später kam die Frage aus den Zuschauerreihen: “Entschuldigung, wie soll das denn gehen? Das ist realitätsfern und ein sehr heftiger Anspruch an die Eltern. Ist das nicht die Aufgabe der Lehrer?” Daraufhin stellte Klaus Wenzel (Präsident des Bayerischen Lehrerinnen- und Lehrerverbands) klar, dass eigentlich kein Elternteil Lust auf eine Lernbeziehung hat und dass im familiären Raum eher menschliche, emotionale Beziehungen vorherrschen müssen.

Moment mal, was ist hier der Unterschied?

Hm. Ich kam ins Grübeln. Warum soll Lernen unemotional sein? Heißt das im Gegenzug, dass Lernen in der Schule unemotional sein muss? Was stimmt in diesem Land mit uns nicht, Leute?

Lernen hat mich gerettet

An dieser Stelle möchte ich ein wenig von meiner eigenen Geschichte preisgeben: Ich bin nach Deutschland gekommen, als ich 15 Jahre alt war, das war 1984. In meinem Heimatland Rumänien hatte ich meine beiden Eltern verloren. Meine Geschwister aus der ersten Ehe meines Vaters haben mich aus der damaligen Ceaușescu-Diktatur herausgeholt. Ich konnte kein Wort Deutsch, besaß einzig und allein, was in meinen Koffer gepasst hatte, und kannte nicht einmal meine Halbgeschwister richtig. Denn diese waren bereits kurz nach meiner Geburt nach Deutschland geflohen. Ich musste alles neu lernen: die deutsche Sprache, was meine neue Familie von mir erwartete, wie Lehrer hier ticken und wie man sich im Supermarkt beherrscht, um nicht alles, was man toll findet, zu kaufen.

Genau dieses Lernen hat mich gerettet. Erst drei Jahre später stellte ich fest, dass ich armes Waisenkind schlichtweg vergessen hatte, mir selbst leid zu tun. Und beschloss, dass Lernen deutlich cooler war, als es in meinen Teenager-Kreisen galt. Zudem ließ ich mich mit Studenten ein, und die schienen ihr Lernen schon zu genießen.

Ich will das Lernen retten

Heute, nachdem ich acht Schulen und ein Bildungs-Startup gegründet habe, kämpfe ich noch mit … nein GEGEN diese Zerrissenheit, die ich in diesem Land erlebe. Lernen ist uncool, und mit seinem Kind zu lernen ist eine Bürde. Wer gut in der Schule ist, ist ein Streber – und der Versandhändler Otto verkaufte einmal T-Shirts für Mädchen mit der Aufschrift: „In Mathe bin ich Deko“ (bis ein Shitstorm losbrach). 

Eltern haben stets Panik, dass ihre Kinder den nächsten Abschluss nicht schaffen. Und alle schleppen sich durch die Schulzeit, als wäre das ein Triathlon durch Matsch bei Minustemperaturen. Müssen wir es so weit kommen lassen? Ich will das Lernen retten.

Ich bleibe dabei: Lernen ist Beziehungssache

In jungen Jahren ist Lernen Spielen und umgekehrt. Es macht Spaß, und Fehler sind selbstverständlich. Wie oft fällt ein kleines Kind, das Laufen lernt, auf seinen dicken Windelpopo? Die Freude der Eltern an den ersten Worten, Schritten, Sätzen, an jedem “Ich kann das allein, Mama!” ist Treibstoff für weitere Lernerlebnisse. Und die machen Spaß

Wie kann man das festhalten – und nicht in Helikoptereltern-Terror und Schulangst umkippen lassen?

Meiner Meinung nach geht es mit einer guten Balance aus eigenständigen UND gemeinsamen Erfahrungen

Es ist gut für Kinder, wenn sie sich mal langweilen. Wenn sie nicht ununterbrochen Reizen ausgesetzt sind. Wenn sie nicht nur mit hochwertigstem Letzter-Schrei-Spielzeug versorgt werden. Kinder sind schnell dabei, einem Kochlöffel Augen zu malen, eine Serviette überzuziehen und dem neuen Wesen Zauberkräfte zuzusprechen.

Kinder brauchen aber auch die Momente, in denen sie Mama, Papa, Opa oder Oma erleben, wie sie selbst mit ihnen zusammen einer Sache nachgehen, ob das Plätzchenteig Backen oder eine Ritterburg Aufbauen ist. Das ist die vielzitierte Qualitätszeit. Sie muss nicht viel sein, sie muss gut sein. Und sie darf nicht von Hintergedanken überschattet werden. Kinder sind Instinktwesen. Wenn sie den Eindruck bekommen: “Hey, der liebe Papa quält sich mit Mehl- und Milchabmessungen nur, damit ich in Mathe besser werde”, dann können Sie die verdammten Pfannkuchen gleich in die Mülltonne treten. Die werden weder etwas nutzen noch richtig gut schmecken.

Insofern hatten meine Mitdiskutanten Recht: Kinder brauchen keine Lernbeziehung zu ihren Eltern. Sie brauchen eine Lebensbeziehung, in der das Flow-Gefühl des gemeinsamen Handelns entsteht.

Das IST Lernen. Pur. Unbelastet. Voller Freude. 

Eine Kolumne von scoyo-Elternflüsterer Béa Beste

Über Béa Beste

Bildungsunternehmerin © Béa Beste Béa Beste ist Bildungsunternehmerin und Mutter einer großen Tochter, die sich schon im Studium befindet. Im Zukunftsdialog der Bundeskanzlerin plädierte Béa Beste als Expertin im Bereich „Wie wollen wir lernen?“ für eine Lernkultur der Potenzialentfaltung und mehr Heiterkeit in der Bildung. Béa gründete 2006 die bilingualen Phorms Schulen. Nach sechs Jahren als CEO ging sie 2011 auf Bildungsexpedition durch Indien, Australien, Indonesien und die USA. Inspiriert von internationalen Bildungsinnovationen entwickelte sie das Playducation Konzept: Was wäre, wenn sich Lernen wie Spielen anfühlt? Leider setzte sich das Produkt, die monatliche Tollabox mit Materialien und Ideen für Familien mit Kindern ab drei Jahren, nicht am Markt durch, sodass Béa derzeit neue Ideen entwickelt, um das Konzept digital umzusetzen. Sie führt den Kreativ-Blog der Tollabox als ‘Tollabea’ weiter

Webseite: www.tollabea.de

Twitter: @TOLLABEA | twitter.com/TOLLABEA

Die Kolumne “Die Elternflüsterer”

Im Wechsel flüstern der Journalist Christian Füller und Bildungsunternehmerin Béa Beste den Eltern Geschichten und Beispiele aus der wunderbar chaotischen Welt des Lernens und Lebens ins Ohr.