Schlechte Noten – was nun? Prof. Dr. Elke Wild gibt Tipps
Katharina Looks
Eltern helfen ihrem Kind beim Lernen
Schlechte Noten kommen in den besten Familien vor. Prof. Dr. Elke Wild, Professorin der Pädagogischen Psychologie, gibt wertvolle Ratschläge, wie Sie möglichst konstruktiv auf schlechte Noten reagieren.
Noten verbessern: die 4 besten Tipps der Bildungsexpertin
Expertentipp 1: Fragen und Zuhören
Manche Eltern mögen über ein schlechtes Zeugnis ihres Kindes geschockt sein. In diesem Fall sollte das Kind nicht mit Vorwürfen wegen schlechter Noten überschüttet werden. Sinnvoller ist es, darüber nachzudenken, warum man die Lernschwierigkeiten des Sohnes oder der Tochter nicht kannte oder unterschätzt hat. Zur Klärung der Situation lassen Sie zunächst Ihr Kind zu Wort kommen. Je mehr es das Gefühl hat, dass nicht über seinen bzw. ihren Kopf hinweg entschieden wird, umso eher wird es Entschlüsse akzeptieren und Maßnahmen zur Verbesserung der Lernleistungen und der schlechten Noten mittragen. Streitereien, Schuldzuschreibungen oder harte Bestrafungen können dagegen das eigentliche Ziel der Eltern, die Ursachen des Problems zu verstehen und zu beheben, vereiteln. Kinder, die schlechte Noten haben und sich unverstanden und in die Defensive gedrängt fühlen, werden keine ehrlichen Auskünfte geben und auf Konfrontationskurs gehen.
Expertentipp 2: Schlechte Noten nutzen, um die Situation zu überdenken
In vielen Familien birgt das Zeugnis keine Überraschungen, die schlechten Noten bestätigen eher die zuvor gehegten Befürchtungen oder Einschätzungen der Eltern “schwarz auf weiß”. Im ersten Moment mag dies ernüchternd oder frustrierend sein. Doch genau in dieser Rückmeldefunktion von Zensuren liegt deren Wert begründet. Sie schaffen für Schüler und Eltern Klarheit über die Beurteilung der kindlichen Stärken und Schwächen aus Sicht der zuständigen Lehrkräfte. So bieten sie die Chance, die eigenen Positionen selbstkritisch zu hinterfragen. Hat man die Talente des eigenen Kindes vielleicht über- oder auch unterschätzt? Wurden die Ursachen für das kindliche Desinteresse oder die Schulunlust richtig erkannt? Haben sich die bisherigen Strategien im Umgang mit Lern-, Disziplin- oder Verhaltensproblemen des Kindes bewährt? Daher der Rat von Elke Wild an Eltern: Nutzen Sie das Zeugnis und die schlechte Noten (auch) als Anlass, über die eigene Einschätzung der momentanen Lage, ihrer Ursachen und aussichtsreicher Lösungsstrategien nachzudenken.
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Expertentipp 3: Mit den Lehrkräften zusammenarbeiten und Noten verbessern
Eltern lieben ihr Kind, wollen sein Bestes und engagieren sich für ein erfolgreiches Durchlaufen der Schulzeit. Angesichts von Leistungsproblemen ist es wichtig, dass sie die Schule und Lehrkräfte nicht als “widerstreitende Kräfte in eigener Sache” wahrnehmen. Vielmehr sollten sie sich um eine “Erziehungspartnerschaft” zum Wohle des Kindes bemühen. Eine “ungenügende” Leistung entsteht nicht über Nacht, schlechte Noten sind das Resultat lang anhaltender und sich über die Zeit verschärfender Probleme. Daher schafft auch ein offener und fortlaufender Austausch zwischen Eltern und Lehrkräften die Basis dafür, dass Lernschwierigkeiten frühzeitig erkannt werden. Durch aufeinander abgestimmte, langfristig angelegte Unterstützungsmaßnahmen können diese dann “an ihren Wurzeln” angegangen werden.
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Expertentipp 4: Signale beachten und verständnisvoll auf schlechte Noten reagieren
Eltern sind im Leben der Kinder – auch wenn es in der Pubertät nicht immer so scheint – zu jeder Zeit wichtige Bezugspersonen. Allen demonstrativen Abgrenzungsbemühungen zum Trotz wollen sie die Eltern dennoch beeindrucken. Enttäuschungen über verfehlte Leistungsansprüche und schlechte Noten, verletzter Stolz, ein angeschlagenes Selbstbild und mitunter sogar Angst wiegen umso schwerer, wenn Eltern nur auf den Notendurchschnitt fixiert sind. Stattdessen sollten Eltern Verständnis und Einfühlungsbereitschaft an den Tag legen – auch bei schlechten Noten. Wichtig ist jedoch, nicht überfürsorglich zu sein oder Ziele und Ansprüche zu verleugnen. Die Vorbereitung auf ein eigenständiges Leben gelingt nämlich nur, wenn Kinder und Jugendliche mit angemessenen Erwartungen konfrontiert werden, Selbstständigkeit und Selbstverantwortung zuerkannt und abverlangt wird und sie sich realen Anforderungen stellen müssen und können.
Dieser Balanceakt ist für Eltern im “bunten Wahnsinn des Alltags” nicht immer einfach. Die Schlussfolgerung: Gehen Sie auf die “Signale” Ihres Kindes ein und vermitteln ihm/ihr Ihre Zuneigung und Unterstützung. Bieten Sie andererseits aber auch Struktur, indem Sie begründete Erwartungen, Standards und Regeln klar formulieren und deren Durchsetzung konsequent verfolgen.
scoyo-Tipp: Um die viele Eigenschaften, die im Schulzeugnis nicht zur Geltung kommen können, die aber sehr viel Anerkennung verdienen, zu wertschätzen, haben wir ein etwas anderes Zeugnis entwickelt – ein Herzenszeugnis von Eltern für ihre Kinder. → Mehr Infos hier!
Kurz zusammengefasst: Unsere Tipps zum Noten verbessern
1. Druck und Ärger sind kontraproduktiv
Wenn Ihr Kind bei schlechten Noten mit Vorwürfen und Strafen rechnen muss, wird es leicht demotiviert und entmutigt. Bedenken Sie, dass der Schlüssel zum Erfolg die Motivation ist. Angst blockiert hingegen das Gehirn. Deshalb sollten Sie Kränkungen und Ultimaten vermeiden.
2. Solidarität stärkt Ihr Kind
Versuchen Sie, sich in Ihr Kind hineinzuversetzen. Wie fühlt es sich, wenn es schlechte Noten bekommt? Wo liegen die Probleme? Zeigen Sie Ihrem Kind, dass Sie ihm helfen wollen. Fragen Sie zum Beispiel ganz konkret, wie Sie es unterstützen können, um schlechte Noten zu verbessern. Dabei ist es wichtig, Ihrem Kind die Freiheit zu lassen, die Probleme selbst zu lösen. So entwickelt es Eigenverantwortung und -initiative.
3. Kurzfristige und realistische Ziele setzen
Überlegen Sie gemeinsam mit Ihrem Kind, wie Sie die Noten verbessern können. Dabei sollten Sie aber unbedingt realistisch bleiben. Zusätzlich zu schlechten Noten demotivieren unerreichbare Ziele nur noch mehr. Dabei kann Ihnen zum Beispiel ein Lernplan helfen.
Unsere Expertin Prof. Dr. Elke Wild im Profil
- Professorin für Pädagogische Psychologie der Universität Bielefeld
- Professorin für und Leiterin der dortigen Pädagogisch-Psychologischen Beratungsstelle
- 2004-2008: Mitglied des Vorstands der Deutschen Gesellschaft für Psychologie
- 2003-2006: Prorektorin für Organisationsentwicklung, Öffentlichkeitsarbeit und Marketing der Universität Bielefeld
- 2003-2005: Sprecherin der Fachgruppe Pädagogische Psychologie
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