Warum Spielen für die geistige Entwicklung von (Schul-)Kindern so wichtig ist
Katharina Looks
Auf, auf und davon!
Kinder entdecken spielend ihre Welt, versinken in Fantasiewelten und scheinen dabei in atemberaubendem Tempo dazuzulernen. Sie entwickeln ihre geistigen Fähigkeiten. Doch warum ist das eigentlich so? Wir klären auf! Plus: Tipps für Zuhause.
Inhaltsverzeichnis:
Spielen und Lernen hängen unmittelbar zusammen
Sofie ist beschäftigt. Stundenlang sammelt sie glitzernde Steine auf dem Hof, wäscht sie in einem kleinen Eimer, legt sie zum Trocknen in die Sonne. Dann baut sie sich aus Brettern einen kleinen Laden, wie sie ihn nennt, und stellt die Steine in Reih und Glied auf. Da kommt auch gleich der erste Kunde, um eines der Wunderstücke zu erwerben. Sofie führt ein Verkaufsgespräch, tippt die Summen in ihren Taschenrechner ein, kassiert ab und packt die Steine ordentlich eine Tüte, die sie in ihrem Laden bereit hält.
Zeitverschwendung? Kinderquatsch? Ganz und gar nicht, würden Hirn- und Lernforscher sagen, denn Sofie hat experimentiert, neue Erfahrungen gemacht, gespielt und dabei gelernt. Sie hat ihren Geist entwickelt.
Kinder spielen schätzungsweise sieben Stunden pro Tag. Kleinkinder nehmen dabei alles in die Hand, wollen drücken, ausprobieren, lernen, wie etwas funktioniert. Deshalb schlagen sie auch gern mal ihre Tasse so lang auf den Tisch, bis sie zerspringt – und sie merken, dass es kaputt gehen kann und was es bedeutet, wenn Mama “NEIN” ruft.
Werden sie älter, nimmt das Spielen größere Ausmaße an: Egal ob sie durch Wiesen und Gestrüpp toben, Fantasiewelten bereisen oder aus Pappkartons Traumschlösser bauen – Kinder können stundenlang einfach nur spielen. Und das ist auch gut so. Unser Nachwuchs lernt dadurch unentwegt, beginnt, die Welt zu verstehen, erweitert seinen Horizont, ist kreativ …
Und nicht nur unseren Kindern geht das so: Sich mit Spielen die Zeit zu vertreiben, ist auch im Tierreich weit verbreitet. So surfen Delphine auf Wellen, Paviane necken Kühe und Steinböcke tollen über Steinklippen. Die Evolution hat spielerisches Verhalten über tausende Jahre gefördert und bis heute erhalten.
Was einfach nur nach viel Spaß aussieht, hat tatsächlich eine ganze Menge Sinn: Beim Spielen entwickeln Kinder ihre geistigen Fähigkeiten. Und dafür braucht es nicht mal Spielzeug: “Das Spielzeug an sich ist Nebensache, die fantasievolle Beschäftigung damit ist alles.” Peter Rosegger (1843-1918), Österreichischer Schriftsteller
Die geistige Entwicklung Ihres Kindes und das Spielverhalten
Besonders in den ersten Lebensjahren verändert sich das spielerische Verhalten der Kleinen beinahe jährlich. Sie durchlaufen verschiedene Formen des Spiels, die mit dem Alter immer komplexer und anspruchsvoller werden und unterschiedliche geistige Fähigkeiten voraussetzen. Eine kleine Übersicht soll Ihnen helfen, das Spielverhalten Ihres Kindes besser zu verstehen und zu fördern:
Ab 0 Jahren: Objektspiele – Wer bin ich und was ist das um mich herum?
Alles beginnt im Säuglingsalter. In sogenannten Objektspielen greift der Nachwuchs nach Gegenständen, nimmt sie in den Mund, schlägt sie auf den Boden … Das sieht nicht nur niedlich aus, sondern fördert auch die geistige Entwicklung des Kindes. Die Kleinen erfahren ihren Körper, schulen die Hand-Augen-Koordination und lernen, dass Dinge nicht verschwinden, auch wenn sie sie nicht mehr sehen können (Objektpermanenz).
Ab 2 Jahren: Symbolspiele – Was mein Verstand alles kann!
Werden die Kinder älter, kommt Fantasie ins Spiel. In Symbolspielen werden umgekippte Baumstämme zu Pferden, Tische zu Höhlen, Sand zu Kuchenteig. Die Vorstellungskraft der Kinder wächst. Der erste Schritt zur Fähigkeit, später im Geiste Pläne entwickeln zu können.
Ab 3 Jahren: Rollenspiele – Wenn ich einmal groß bin …
Ab einem Alter von drei Jahren schlüpfen die Kleinen spielerisch in Rollen. Das ist ein großer Schritt in der geistigen Entwicklung der Kleinen, denn sie probieren Verhaltensweisen aus und formen so nach und nach ihre eigene Persönlichkeit. Ahmen sie das Verhalten von Erwachsenen nach, dann üben sie tatsächlich für ihr späteres Leben, und das ohne den Druck, den eine reale Situation mit sich bringen würde. Spielen mehrere Kinder zusammen, müssen sie lernen, aufeinander einzugehen. Soziale Kompetenzen werden gefördert.
Ab 6 Jahren: Regelspiele – Warum geht es nicht immer alles nach meiner Nase?
Mit der Schulreife bringen Spiele zunehmend gewisse Regeln mit sich, wie Stehenbleiben, wenn man getickt wurde, oder nicht heimlich Gucken, wenn der andere sich versteckt. Solche Regeln und Grenzen gibt es zwar vorher schon, der Nachwuchs nimmt sie aber erst jetzt bewusst wahr und versteht sie. Eine wichtige geistige Entwicklung, denn die Kinder lernen, dass Regeln für ein funktionierendes Zusammenleben wichtig sind und dass sie sich an Absprachen halten müssen.
Warum Spielen die Lernmotiviation fördert
Heute bleibt vielen Kindern spätestens ab der weiterführenden Schule kaum Zeit, einfach nur zu spielen und sich mit dem zu beschäftigen, was sie wirklich interessiert.
Dabei fanden Forscher der Universität Colorado in Boulder heraus, dass Kinder, die ihre Freizeit selbst gestalten und mehr Zeit für selbstbestimmte Aktivitäten haben, besser darin sind, sich zu organisieren und eigenständig Ziele zu verfolgen.
Außerdem ist ein echtes Interesse die beste Voraussetzung dafür, dass Gelerntes nachhaltig in Erinnerung bleibt. Der Spaß beim Spielen sorgt für positive Emotionen und diese verankern die damit verbundenen Erfahrungen fest im Gedächtnis.
Leider kommt die Schule diesem Spiel-Willen der Kinder nicht nach. Manchmal traniert sie die angeborene Neugierde sogar von Jahr für Jahr weiter ab. Schüler verlieren so das Interesse am Spielen und auch ihre Motivation zu lernen. Vielleicht ist es an der Zeit, den Kleinen wieder mehr Freiraum für ihre geistige Entwicklung zu geben, ihnen zu vertrauen und sie in ihrer Freizeit experimentieren, ausprobieren und lernen zu lassen, wonach ihnen der Sinn steht.
Das bedeutet auch, ihnen zu erlauben, scheinbar nutzlosen Beschäftigungen nachzugehen. Spielen und Lernen wieder verbinden – in Zeiten mit einer steigenden Anzahl von depressiven Schülern, mit Notendruck und Schulstress, ist das womöglich ein Weg, unserem Nachwuchs den Druck von den kleinen Schultern zu nehmen und ihn mit Selbstbestimmtheit und Selbständigkeit zu stärken. “Kinder lernen am besten, wenn sie aktiv an der Entstehung einer Sache, die ihnen persönlich am Herzen liegt, beteiligt sind – sei es ein Gedicht, ein Roboter, eine Sandburg oder ein Computerprogramm.” Prof. Seyour Papert, US-Amerikanischer Lernforscher
Daniel Bialecki über selbstbestimmtes Lernen – und warum das die Motivation von Kindern fördert
8 Tipps: So fördern Sie die geistige Entwicklung Ihres Kindes
Tipp 1: Den Terminkalender leeren
Sorgen Sie dafür, dass Ihr Kind höchstens zwei feste Termine in der Woche hat, sodass genügend Platz nach Schule und Hausaufgaben bleibt, um „einfach nur zu spielen“.
Tipp 2: Der richtige Ort zum Spielen
Damit der Nachwuchs nach Herzenslust spielen kann, sollten Sie Ihre Wohnung kindersicher machen und ihm erklären, wie und wo er spielen darf, zum Beispiel mit Wasser nur im Badezimmer. Außerdem sollten Sie gegenüber Chaos etwas toleranter sein. Unordnung lädt zum Entdecken ein.
Tipp 3: Weniger Spielzeug ist mehr
Freunde und Verwandte meinen es meist gut und überhäufen die Kleinen mit Spielzeug. Leider überfordert zu viel Auswahl den Nachwuchs und stört die Konzentration. Sortieren Sie regelmäßig Spielzeug aus und holen Sie es zum einem späteren Zeitpunkt wieder hervor. So erhöhen Sie das Interesse an den Spielsachen und reduzieren die Reizüberflutung.
Tipp 4: Keine Angst vor Langeweile
Hat Ihr Kind einmal nichts zu tun, fordert das nur seine geistigen Kräfte heraus, neue Ideen zu entwickeln.
Tipp 5: Interesse zeigen
Gelingt Ihrem Kind etwas im Spiel, weil es zum Beispiel etwas gebastelt hat, ist es stolz darauf. Nehmen Sie Anteil. Loben Sie es für kreative Ideen und Durchhaltevermögen.
Tipp 6: Spielen an der frischen Luft
Lassen Sie Ihren Nachwuchs über Spielplätze oder durch Parkanlangen mit Waldflächen und Böschungen toben, bekommt er ein Gefühl für seinen Körper und trainiert seine Motorik. Das Sonnenlicht versorgt den Frischluft-Abenteurer zusätzlich mit Vitamin D – das stärkt die Knochen.
Tipp 7: Raus aus der Stadt
Tipp 8: Spielen und Lernen verbinden
Wenn Sie den Lernstoff kreativ verpacken oder gemeinsam ein Gesellschaftsspiel spielen, lernt Ihr Kind unbewusst und ohne Zwang. Auch Geschichten sind eine tolle Möglichkeit, Lernen mit Spaß zu verbinden.
Computerspiele eignen sich zum Lernen, z. B. Malspiele oder Lernspiele. Wichtig ist, darauf zu achten, ob es kindgerecht aufgebaut ist (Gibt es Werbung? Wird geschossen? Mehr Tipps, worauf Sie bei Online-Lernangeboten achten sollten gibt es hier.).
Bei scoyo lernen Schüler der 1. bis 7. Klasse in einer Online-Lernwelt mithilfe interaktiver Lerngeschichten. Die Inhalte sind dabei auf die Lehrpläne der Bundesländer abgestimmt und folgen einem didaktischen Konzept.
Egal welche Methode Sie nutzen – solange Sie eine entspannte Atmosphäre schaffen, in der sich Ihr Sprössling nach Lust und Laune entfalten kann, sind der geistigen Entwicklung des Kindes keine Grenzen gesetzt.Hier haben wir kreative Ideen für Sie, mit denen Spielen und Lernen wunderbar verbunden werden können – von der altbekannten Schnitzeljagd bis zum selbstgebauten Planterium: 7 kreative Ideen zum Spielen und Lernen
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1. Spielen macht schlau von Andréa Frank Zimpel
2. Spiel: Sprache des Herzens von Susanne Stöcklin-Meier
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