Kindern beim Lesen lernen helfen? Zaubermittel Hörbuch

Katharina Looks

Stolpern ade: Der Hörbuch-Sprecher unterstützt den Lesefluss
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Benjamin Blümchen, Bibi Blocksberg oder TKKG – Hörbücher und Hörspiele begleiten Kinder in der Zeit des Heranwachsens. Doch gerade Hörbücher haben noch mehr zu bieten: Sie sind grandiose Helfer in Sachen Lesen lernen.

Wer kennt das nicht aus der eigenen Schulzeit: Man soll einen Text für die Schule lesen, hat aber keine Lust, kommt nicht voran. So eine Situation wird als negative Leseerfahrung abgespeichert und der nächste Text, der gelesen werden soll, wird dadurch auch nicht einfacher … Ein Teufelskreis.

Genau hier setzt das Lesen lernen mit dem Hörbuch an, ein Konzept, das von Deutschdidaktikern entwickelt wurde. Es geht darum, einen Text zu lesen, während man gleichzeitig das passende Hörbuch dazu hört. Das Gehörte wird direkt auf den Text übertragen – und das, was wir lesen, wird durch die Stimme des Vorlesenden begleitet.

Und das hat tolle Effekte: Bei Sätzen oder schwierigen Wörtern, bei denen Kinder sonst vielleicht schnell ins Stolpern kommen würden, unterstützt der Sprecher den Lesefluss und zeigt, wie man´s richtig macht. Die Professorin für Deutschdidaktik und Medienerziehung Jutta Wermke verweist darüber hinaus auf den Motivationsaspekt: Das Lesen mit dem unterstützenden Hörbuch steigere das Interesse an Geschichten und Texten und motiviere Kinder zum (Weiter)lesen.

Aber wie genau funktioniert das? Und was muss man beachten? Im folgenden Artikel finden Eltern Tipps, wie sie ihren Kindern mit Hörbüchern beim Lesen lernen helfen können. 

In diesem Artikel

1. Hörspiel vs. Hörbuch – wo liegt der Unterschied?

Hörspiele ermöglichen das Eintauchen in eine andere Welt

Eltern kennen sie alle: Die drei Fragezeichen, Bibi Blocksberg, Benjamin Blümchen, Petterson und Findus und viele, viele mehr. Beim Hören von Hörspielen können wir völlig aus dem Hier und Jetzt gleiten. Das liegt daran, dass das Hörspiel ein Schauspiel ist, eben nur ohne Bilder. Durch das Zusammenspiel von Dialogen, Geräuschen und Musik wird eine Geschichte erzählt, die den Alltag für eine kurze Zeit in den Hintergrund rücken lässt. Die Vorstellungskraft wird beflügelt: Unsere Fantasie kreiert innere Bilder, die den Stimmen ein Gesicht gibt, den Geräuschen eine Welt … irgendwie magisch!

Hörbücher bieten Potential, das Kindern beim Lesen lernen helfen kann

Hörbücher im klassischen Sinn werden meist eher von Erwachsenen favorisiert. Aber warum eigentlich? Hörbücher sind sozusagen “akustische Bücher”, sie konzentrieren sich voll und ganz auf den Text, der schlicht und einfach hörbar gemacht wird. Es wird von nur einer Person vorgelesen, es gibt keine einrahmende Geräuschkulisse. Musik wird nur sehr selten verwendet. So wird die Buch- oder Textvorlage buchstaben- und wortgetreu wiedergegeben.

Kein Wunder, dass Hörspiele für Kinder da wesentlich attraktiver erscheinen, gerade für die Kleinen. Trotzdem schlummern in Hörbüchern versteckte und bislang unterschätzte Potentiale für das Lesen lernen, besonders für die Kinder, die nicht so gerne und gut lesen.

2. Wie Hörbucher Kindern beim Lesen lernen helfen

1. Lesemotivation

Beim Lesen mit dem Hörbuch sind Kinder nicht alleine, sie haben die Sprechstimme als Begleiter und Unterstützer. Das motiviert ungemein.

2. Sprecher und Stimme

Ein Vorleser orientiert sich immer genau am Text und ist dabei sehr bedacht – schließlich soll der Hörer auch folgen können. Melodie, Stimmhöhe, Betonung und Geschwindigkeit können von Kindern gleich auf den eigenen Leseprozess übertragen werden. So wird ein Sprecher schnell zu einem Vorbild für das eigene Lesen.

3. Zusammenhänge besser verstehen

Kinder werden beim Lesen mit dem Hörbuch durch die Anleitung des Sprechers geistig entlastet, wodurch mehr Kapazität für das Verstehen frei wird. Auch eine Fokussierung auf wichtige Textstellen oder Schlüsselwörter durch Pausen und Betonungen helfen beim Verstehen.

4. Wörter und Grammatik

Durch jede Leseerfahrung, gerade aber auch beim Hören eines Hörbuchs, werden unbewusst der Wortschatz erweitert und grammatische Strukturen kennengelernt. So lernen Kinder nebenbei viel über Texte und den Aufbau einer Geschichte.

5. Lesefluss

Beim gleichzeitigen Erleben von Hörbuch und Text kann der Lesefluss verbessert werden. An Textstellen, an denen ein Kind hängen bleibt und schnell die Motivation verlieren würde, geht das Hörbuch einfach weiter. Wird zur Unterstützung auch noch der Lesefinger dazu genommen, so ist auch das Kind “gezwungen”, weiterzumachen. 

Eine Studie des Deutschdidaktikers Steffen Gailberger zeigt, wie Kinder mit dem Hörbuch leichter lesen lernen können und darüber hinaus Spaß, Freude und Genuss am Lesen gesteigert werden. → Zur Studie (PDF) 

3. Darauf können Eltern bei der Hörbuch-Auswahl gezielt achten

Damit Hörbücher Kindern auch wirklich beim Lesen lernen helfen, gibt es ein paar Tricks zu beachten: 

1. Das Thema

Der Inhalt von Buch und Hörbuch ist für das gleichzeitige Lesen und Hören nicht so wichtig. Es kommt ja nicht auf das Interpretieren an, sondern auf den Text an sich. Richten Sie sich also ganz nach den Interessen Ihres Kindes. Achten Sie jedoch darauf, dass der Text altersgemäß und nicht zu schwer ist.

2. Der Sprecher

Beim Vorleser kommt es stark auf die Aussprache und die Lesegeschwindigkeit an. Achten Sie darauf, dass der Sprecher keinen Dialekt hat und greifen Sie am besten auf renommierte Sprecher von Kindertexten zurück. Bestimmt kennen Sie Rufus Beck, der die Harry Potter Bücher eingesprochen hat. Dieser garantiert qualitativ hochwertige Hörbuch-Aufnahmen und wurde schon für zahlreiche Hörbuchfassungen ausgezeichnet.

3. Wortgleichheit

Damit Ihr Kind problemlos das Mitlesen üben kann, sollten Hörbuch und Buch textgleich sein. Dies ist bei vielen Hörbüchern, aber auch Lesungen der Fall. Man sollte darauf achten, nicht die “gekürzte Fassung” eines Hörbuchs zu kaufen.

4. Hörbuch-Tipp: “Sams in Gefahr”

Lernförderung - Hörbuch-Tipp, um Kindern beim Lesen lernen zu helfen: Das Sams in GefahrWenn Sie das Lesen mit dem unterstützenden Hörbuch mal mit Ihrem Kind zu Hause ausprobieren wollen, empfehlen wir Ihnen “Sams in Gefahr” von Paul Maar. Auch wenn es der fünfte Band der Sams-Reihe ist, kann es unabhängig von den anderen Büchern gelesen werden.

Vorgelesen wird von Rufus Beck, Hörfassung und Buch sind zu 100% gleich. Die wichtigsten Kriterien sind also erfüllt! Das Sams hat eine Altersempfehlung ab 8 Jahren, kann aber wunderbar von Kindern der 2. bis zur 7. Klasse gelesen werden. Es kommt jedoch immer darauf an, wo das Interesse Ihres Kindes liegt und auf welchem Leselevel es sich gerade befindet. 

Was tun, wenn kein passendes Hörbuch zu finden ist?

Natürlich gibt es nicht zu jedem Buch und schon gar nicht zu jedem Text ein Hörbuch, vor allem nicht immer eines, das die beschriebenen Auswahl-Tipps erfüllt. Das ist aber gar nicht schlimm! 

Alternativlösungen  so können Sie Kindern auch noch beim Lesen lernen helfen:

  • Lesen Sie Ihrem Kind viel vor und geben Sie ihm die Möglichkeit, gleichzeitig mitzulesen (leise oder laut). Ihr Kind wird sich an die Betonung und Geschwindigkeit Ihrer Stimme anpassen. Das hat einen ähnlichen Effekt wie beim Lesen mit dem Hörbuch. Mehr dazu: Kindern vorlesen: Komm, wir erschließen uns die Welt
  • Oder aber, Sie werden selbst zum Vorleser eines Hörbuchs und nehmen das Lieblingsbuch oder einen Schultext als Sprachaufnahme auf. Ihr Kind kann sich das Gesprochene immer wieder während des Lesens anhören.

Wir hoffen, wir konnten Ihnen mit diesem Artikel weiterhelfen. Wir freuen uns immer über Anregungen in den Kommentaren. 

Ihre Lisa Wille aus dem scoyo Team

Über die Autorin

Lisa Wille absolvierte Anfang 2015 ihren Master of Education für das Lehramt der Primar- und Sekundarstufe I mit den Fächern Germanistik, Arbeitslehre/Technik und Kunst. Bereits in ihrer Masterarbeit beschäftigte sie sich eingehend mit den Themen Lesekompetenz, auditive Medien und deren Zusammenhänge. 

Katharina Looks

Katharina Looks ist Brand Manager und Redakteurin bei scoyo. Ihr Herzensthema ist es, mehr Leichtigkeit in den Familien-Schul-Alltag zu bringen und Impulse für eine entspannte Lernatmosphäre zu setzen.