Studie zum Thema Nachhilfe: Klaus Hurrelmann im Experteninterview
Katharina Looks
Klaus Hurrelmanns beschäftigt sich u.a. mit Sozialisations- und Bildungsforschung
Mehr als 50 Prozent der Schüler in Deutschland erhalten zusätzliche Lernförderung – so das Ergebnis der von scoyo und dem Studienkreis in Auftrag gegebenen Studie zum Thema Nachhilfe. [1]
Drei von vier Eltern fühlen sich verantwortlich, ihr Kind beim Lernen zu unterstützen. Wie bewertet Klaus Hurrelmann dieses Ergebnis der Studie zum Thema Nachhilfe?
„In Deutschland herrscht immer noch die Tradition vor, dass Eltern die Nachhilfelehrer der Nation sind. Sie fühlen sich unter Druck gesetzt, ihr Kind bis ins Detail zu unterstützen.“
Professionelle Nachhilfeinstitute, Online-Plattformen und andere Angebote können hier gezielt ansetzen, um bei der zusätzlichen Förderung der Kinder zu helfen und Eltern zu entlasten und Stress zuhause zu vermeiden. Denn wenn Eltern als Nachhilfelehrer einspringen müssen, führt das nicht selten zu Ärger und einer schlechten Beziehung zwischen Eltern und Kindern, wenn die Hausaufgaben mal nicht so klappen wie gewünscht.
In unserer Studie zum Thema Nachhilfe begründen Eltern außerschulische Lernförderung hauptsächlich damit, dass Gelerntes besser verinnerlicht wird (64 %) und Leistungen verbessert werden sollen. Denn bessere Noten bedeuten bessere Zukunftschancen für Kinder (62 %).
Das Image von Nachhilfe habe sich im Laufe der Zeit gewandelt. Nachhilfe bedeute laut Hurrelmann heute nicht mehr dem Wortsinn nach das Nachholen von Stoff oder den Ausgleich von Defiziten. Man müsse vielmehr von Ergänzungsangeboten, Zusatzunterricht am Nachmittag oder von Lernbegleitung reden.
„Das, was an Nachhilfeinstituten und professioneller Lernunterstützung hierzulande existiert, ist meist von sehr hoher Qualität. Diese Angebote bieten eine individuelle Diagnose des Lernstandes eines Kindes. Sie sind einfühlsam, messen ganz genau die Fortschritte der Schüler, ermutigen den Einzelnen gezielt zu weiterführenden Lernschritten.“
Es gilt also, die Stigmatisierung der Nachhilfe, die teils noch immer stattfindet, aufzuheben und diese als erweitertes Lernangebot zu verstehen, welches zusätzliche Möglichkeiten schaffen und neue Perspektiven auf ein Thema eröffnen soll. Dennoch sollten Eltern nicht vergessen, dass ein möglichst guter Schulabschluss nicht alles ist. Es muss nicht immer das Gymnasium sein, auch wenn viele Eltern sich natürlich den bestmöglichen Abschluss für ihre Kinder wünschen. Dies erzeugt im schlimmsten Fall allerdings einen Leistungsdruck auf die Kinder, dem viele nicht gewachsen sind.
Das vollständige Interview zum Thema Nachhilfe mit Bildungsexperte Klaus Hurrelmann finden Sie hier .
Zu Klaus Hurrelmanns wichtigsten Arbeitsbereichen zählen die Sozialisations- und Bildungsforschung mit den Schwerpunkten Familie, Kindheit, Jugend und Schule sowie die Gesundheits- und Präventionsforschung.[2]
[1] Die Zahlen sind das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage, die Forsa im Auftrag von scoyo und dem Studienkreis durchführte. Befragt wurden 1002 Personen im Alter von 25 bis 59 Jahren mit schulpflichtigen Kindern im Haushalt.
[2] Uni Bielefeld
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