7 Lebensfähigkeiten, die wichtiger sind als Fachkenntnisse
Katharina Looks
Fachkenntnisse sind nicht alles – vor allem Life Skills wie Neugier bringen uns im Leben weiter.
Empathie, ein Gespür für Zeit, Neugier, … Diese Lebensfähigkeiten spielen für eine erfolgreiche Zukunft eine immer größere Rolle. Béa Beste über 7 Life Skills, die Eltern mit wenig Aufwand fördern können.
17.03.2016, Kolumne von Béa Beste.
Leben ist …
… 10% was dir passiert,
90% wie du darauf reagierst.
Neues Halbjahr, neues Glück – oft hoffen Eltern, dass das Halbjahreszeugnis wieder gerade gebogen und am Ende alles gut wird … Jetzt werden Nachhilfe reingepumpt und neue Vorhaben für Hausaufgaben und Co. auf den Plan gepackt. Aber schauen wir eigentlich weit genug? Geht es nur um die Qualifikationsnachweise – oder um das Potenzial unserer Kinder?
Unsere Kinder müssen darauf vorbereitet sein, dass sie in Zukunft in Berufen arbeiten werden, die heute noch nicht existieren. Dass sie mit einer Welt konfrontiert sein werden, die sich noch schneller dreht und wandelt als heute. Es wird immer weniger darum gehen, was für genaue Kenntnisse ein Mensch hat – und vielmehr darum, welche Fähigkeiten in welchem Tempo er aktivieren kann.
Aus meiner Perspektive als Schulgründerin sind hier einige sogenannte Life Skills, die Eltern – viel mehr als die Schule – sehr gut fördern können, sogar mit wenig Aufwand:
1. Ein solides Ich-Gefühl mit einem feinfühligen Wir-Gefühl verbinden
Die Balance von Selbstbewusstsein und Empathie fällt sogar vielen Erwachsenen schwer. Je geliebter ein Kind aufwächst und eine Mischung aus positiver Bestätigung und liebevollem Ansporn erlebt, umso mehr bildet sich genau diese Balance.
Ich habe bei meiner Tochter auch stets ganz bewusst in der Erziehung einen sehr großen Wert darauf gelegt, dass sie ein Verständnis für ihr ganz eigenes Recht auf Unversehrtheit entwickelt. Dazu gehört der Verzicht auf Gewalt – physische und psychische – und ganz viel liebevolle Kommunikation, egal in welcher Lebenslage. Ich habe ihr auch früh erzählt, dass niemand ihr Gewalt antun darf, und ich habe sie auch dazu erzogen, für die Schwächeren einzustehen und Zivilcourage zu zeigen.
Dazu gehört aber auch, für sich als Elternteil klare Grenzen zu setzen und konsequent zu bleiben. Kinder lernen durch Beispiele – und Eltern helfen ihnen zu einem gesunden Ich-Gefühl, indem sie sich selbst Gutes tun, es für sich einfordern und gleichzeitig auf den Gegenüber eingehen.
Ein konkretes Beispiel: Ich habe sehr oft Deals mit meiner Tochter “ausgehandelt” – auch wenn sie klein war: Zum Beispiel eine Stunde mit ihren Puppen mitspielen (ich war nie ein Fan von Puppenspielen) gegen eine Stunde ausschlafen am Wochenende. So können auch ganz junge Kinder lernen, die eigenen Bedürfnisse und die der anderen ins Verhältnis zu setzen und erfahren, dass andere Menschen andere Bedürfnisse haben.
2. Ein Gespür für Zeit
Wir hetzen unsere Kinder von Termin zu Termin, setzen ihnen durchgetaktete Stundenpläne vor. Haben diese Kinder die Chance, Zeit auch selbst einzuteilen, Pläne zu schmieden und sie umzusetzen? Es gibt so viele Gelegenheiten, in denen man mit den Kindern Zeit betrachten und einteilen kann – an freien Wochenenden, während den Ferien, wenn man Familienfeiern plant.
Meine Tochter hat, bis sie Teenie wurde, immer die Verantwortung über einen halben oder einen ganzen Tag am Wochenende bekommen und durfte entscheiden, was wir machen: Mal hat sie das zu voll gepackt, mal haben wir einfach nur auf dem Teppich gesessen und gespielt. Es tut einfach gut, mal Herr seiner Zeit zu sein.
Ich habe auch mit ihr geübt, wie man sich bei Tests verhält und die Zeit im Blick hat: Mit leichteren Aufgaben anfangen, sich danach den kniffeligeren widmen. Hier können Spiele wie Pictionary ein sehr gutes Gefühl dafür vermitteln, wie man mit Zeit in Stresssituationen umgeht – und überhaut sind Gesellschaftsspiele großartige Gelegenheiten für das Lernen von Life Skills im Schutzraum der Familie und Freunde.
3. Neugier auf Unbekanntes und Neues – die “Au ja” Einstellung
Wandel bestimmt unsere Zeit, alles wird immer in kürzerer Zeit anders. Was für eine Einstellung haben wir selbst gegenüber dem Neuen, dem Unbekannten? Können wir eine Au ja!-Einstellung prägen? Ob Gäste vor der Tür stehen oder wir mit einem anderen Verkehrsmittel fahren müssen als geplant, wenn wir selbst als Eltern mit Mut zum Abenteuer und Offenheit zur Improvisation reagieren, wird unser Kind eine solche Einstellung mitbekommen.
4. Dankbarkeit für Langeweile
Das ist ein ganz großes Thema! Nein, wir sind nicht “zwangsbastelnde Alleinunterhalter mit Müdigkeitshintergrund” – sondern wir müssen es als Eltern auch mal aushalten, dass die Kinder über Langeweile klagen. Daraus können wunderbare Spiele entstehen – wenn wir unseren Kindern vermitteln, dass Langeweile ein Quell für Ideen ist. Also: Nicht immer neue Angebote machen, sondern geduldig zum Kind dazu gesellen und abwarten. Und immer wieder lächelnd sagen, was für ein Segen Langeweile ist. Den Kids fällt dann schon was ein. Dauert nicht lange.
5. Alltagstauglichkeit
Wie früh lernt Ihr Kind mitzukochen, im Haushalt zu helfen oder sich auf der Straße zu orientieren? Kann es noch vor der Schule eine kleine Wunde selbst mit einem Pflaster versorgen? Würde es neben einem vollen Kühlschrank verhungern? Sehr oft sind Eltern zu beschäftigt und zu sehr im Stress, als das sie Kinder in den Handlungen des täglichen Lebens einbinden und mitmachen lassen – dabei ist das Können, für sich selbst im Notfall zu sorgen, etwas, was unglaublich stark macht.
6. Medien verstehen
Die vielzitierte Medienkompetenz! Ja, wir kommen nicht mehr drumherum. Das ist ein Thema, worüber man stundenlang diskutieren kann. Mein Rezept ist ganz einfach: Kinder nicht den Medien überlassen, sondern mit ihnen entdecken, erforschen, verstehen. Eltern und Lehrer sind hier nicht mehr die Anführer – sondern einfach Partner auf Augenhöhe, die nur ein kleines Plus an Lebenserfahrung haben, um Probleme und Gefahren gut einzuschätzen. Wir können nicht die Kinder medienkompetent machen. Wir können es nur gemeinsam werden.
7. Humor
Last but not least: Wer Humor beherrscht, hat es einfacher im Leben. In jeder Situation. Wir sind in Deutschland nicht gerade kulturell dazu prädestiniert – sondern eher im Gegenteil. Comedy-Autor Christian Eisert meint, dass man Humor einfacher als Mathe lernen können: Wenn man sich selbst fragt, warum man mache Dinge witzig findet, wenn man sie witzig findet, lernt man, wie Witzigsein funktioniert. Kinder lieben übrigens Comic-Bücher, und wenn man sich gemeinsam mit ihnen amüsiert, kann man genau darüber gut reden: Wer findet etwas witzig und warum.
Aber die reine Reflexion tut es nicht alleine. Humor kommt meistens davon, dass man eine Situation im Gesamtkontext betrachten kann und “über den Dingen steht”. Und das kommt meistens von einem stabilen Selbstwertgefühl – damit geht es wieder zu Punkt 1.
Es gibt mit Sicherheit noch mehr Lebens-Fähigkeiten, die ebenfalls auch sehr wichtig sind. Wenn ich etwas vergessen haben sollte, freue ich mich über neue Vorschläge in den Kommentaren!
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Über Béa Beste
Béa Beste, Bildungsunternehmerin
Béa Beste ist Bildungsunternehmerin und Mutter einer großen Tochter, die sich schon im Studium befindet. Im Zukunftsdialog der Bundeskanzlerin plädierte Béa Beste als Expertin im Bereich „Wie wollen wir lernen?“ für eine Lernkultur der Potenzialentfaltung und mehr Heiterkeit in der Bildung. Béa gründete 2006 die bilingualen Phorms Schulen. Nach sechs Jahren als CEO ging sie 2011 auf Bildungsexpedition durch Indien, Australien, Indonesien und die USA. Inspiriert von internationalen Bildungsinnovationen entwickelte sie das Playducation Konzept: Was wäre, wenn sich Lernen wie Spielen anfühlt? Leider setzte sich das Produkt, die monatliche Tollabox mit Materialien und Ideen für Familien mit Kindern ab drei Jahren, nicht am Markt durch, sodass Béa derzeit neue Ideen entwickelt, um das Konzept digital umzusetzen. Sie führt den Kreativ-Blog der Tollabox als “Tollabea” weiter.
Webseite: www.tollabea.de | Facebook: facebook.com/tollabea | Twitter: @TOLLABEA | twitter.com/TOLLABEA
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