Urlaub mit Kind – ein Generationen-Konflikt

Katharina Looks

Urlaub mit Kind – ein Kompromiss?
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Wer Kinder hat weiß: Die Wünsche aller Beteiligten unter einen Hut zu bekommen, ist nicht leicht. Das gilt auch für den Urlaub. Unsere Redakteurin Kali musste das schmerzlich erfahren. Ihre Suche nach dem goldenen Mittelweg.

Urlaub mit Kind ist irgendwie immer ein Kompromiss, obwohl mein Sohn eigentlich relativ anspruchslos ist. Doch genau das ist das Problem. Er hat mir bereits eröffnet, dass er gar nicht in den Urlaub fahren will, sondern lieber ins Spaßbad um die Ecke “reisen” würde. Ich soll also an meinen freien Tagen wie ein gestrandeter Wal stundenlang durchs pipiwarme, knietiefe Wasser robben? Nein danke!! Unsere Vorstellungen von Erholung und Freizeitspaß liegen ziemlich weit auseinander.

Klar, er ist ein Kind. Und ich nicht. Dass ich so alt war wie er, ist jetzt schon 23 Jahre her. Ich kann mich trotzdem noch sehr genau erinnern, dass ich als Kind auch ganz andere Vorstellungen als meine Eltern hatte, wenn es um die Urlaubs- und Freizeitgestaltung ging. Was für eine Qual ins Museum zu gehen (die kleinen Schildchen sind schließlich zum Lesen da, meinten meine Eltern), und selbst der tolle Trip nach Indien hatte seine Hindernisse: In Darjeeling blickten wir ins tiefe, grüne, dicht bewaldete Tal (oooooh!), waren begeistert, bis Papa uns mit leuchtenden Augen eröffnete, dass er gern einen Tagesmarsch auf die andere Seite unternehmen wollte (waaaaaa?!). Gott sei Dank hatten wir Mama dabei, die uns nach lautstarken Protesten vor dem Übel bewahrte.

Für Sie getestet: das Kontrastprogramm (eine Woche All-Inclusive vs. Selbstversorger-Städtetrip)

Jetzt bin ich selbst Mutter und merke, wie schwierig es ist, die verschiedenen Ferien-Vorstellungen unter einen Hut zu bekommen. Wie oft mein Kind nicht das will, was ich will. Und umgekehrt. Karma? Im letzten Jahr habe ich das ganz deutlich zu spüren bekommen. Wir waren zweimal im Urlaub, das Kontrastprogramm kurz hintereinander: All-Inclusive-Pauschal-Strandurlaub und ein grob geplanter Airbnb-Selbstversorger-Städtetrip.

Der All-Inclusive-Urlaub: Mit einer Freundin und meinem Sohn habe ich eine Woche in Ägypten verbracht. Laptop und Co. blieben zu Hause, ich hatte nur einen Koffer voll mit luftigen Kleidchen, Sandalen und literweise Sonnencreme dabei. Wir pendelten zwischen Pool, Strand und Buffet. Der einzige Termindruck war, noch rechtzeitig zum Frühstück zu kommen. Oder nachmittags zur Eiscreme-Kinderzeit. Mein Sohn war ziemlich glücklich damit. Auch ich habe mich erholt. Aber auch oft gelangweilt. Und an die kitschige Einrichtung, die Animation und die vielen Menschen, die diese gut fanden, sich aber permanent über das Essen (viiiiiel zu wenig europäisch) oder das Personal (viiiiiel zu langsam) beschwerten, konnte ich mich nur schwer gewöhnen.
 

Ja, ich muss zugeben: All Inclusive hat auch viele Vorteile…
© Kali Richter

Der Selbstversorger-Städte-Trip: Etwas später ging es mit Kind und Freund nach Portugal, erst Lissabon, dann Porto. Billig-Airline, Privat-Wohnungen. Morgens verließen wir die Unterkunft, streiften den ganzen Tag durch die Stadt und fielen dann abends mit platten Füßen und tausend neuen Eindrücken ins Bett. Wir (die Erwachsenen) waren begeistert. Der damals Vierjährige aber streikte regelmäßig. Keinen Schritt weiter wollte er gehen. In Porto weigerte er sich dann, überhaupt noch die Wohnung zu verlassen. Wir (die Erwachsenen) haben viel gewartet, das Kind verbrachte jede Menge Zeit bockig in der Horizontalen auf diversen Pflastersteinen. Und den Rest auf den Schultern seiner männlichen Urlaubsbegleitung. Nach der Reise hatte mein Freund einen Nacken wie Arnold Schwarzenegger zu seinen besten Bodybuilder-Zeiten.

Hach, du schönes Porto, was für ein Sonnenuntergang. Seufz.
© Kali Richter

Mein Fazit: Beide Urlaube hatten etwas für sich, aber genau so würde ich sie nicht wiederholen wollen. Ich will nicht wieder laute, geistlose Popmusik oder Zimmernachbarn ertragen, die über das Personal rassistisch herziehen. Aber auch keine Schreianfälle, weil mein Sohn einfach nicht mehr diese verdammten Hügel rauf und runter laufen möchte, sondern lieber irgendwo plantschen.

Herz über Kopf: Abenteuer und Kultur vs. Entspannung und TÜV-Siegel

Es ist ein Dilemma: Mein Herz will Kultur und auch, dass mein Kind ein bisschen davon mitnimmt. Denn ich bin meinen Eltern im Nachhinein für die “Quälereien” dankbar, sie haben mir die Augen und das Herz für Geschichte, Kunst, Musik, Städte, Länder und Menschen geöffnet. Aber mein Kopf erinnert mich daran, dass ich für mich und mein Kind auch Entspannung möchte.

Mein Herz schreit nach Abenteuer, blickt auf meine Vor-dem-Kind-Rucksack-Reisen zurück und schwelgt in Erinnerungen. Mein Kopf fragt sich, ob ich denn vollkommen irre war. Völlig abgebrannt im kambodschanischen Nirgendwo an hölzernen Bushaltestellen zu übernachten. In altersschwache Rostlauben einzusteigen, die anderswo ausgemustert wurden, weil nicht mehr verkehrssicher. Zu siebt in einen Fünfsitzer. Durch Schlaglöcher so groß wie ein Nilpferdbaby und mit einem Tempo, dass der Kopf jedes verdammte Mal ans blanke Metall des Autodachs knallte. Ja ja, es war einmal. Mit Kind geht das so nicht mehr. Mein Kopf will TÜV-Plaketten, Sitzerhöhungen, Sicherheitsgurte. Verlangt nach akzeptablen Hygienestandards und einem gut ausgebauten Gesundheitssystem.

Also doch lieber All-Inklusive? Nicht einkaufen, nicht kochen, nicht aufräumen, nicht putzen. Spielplatz und Schwimmbad direkt vor der Tür. Mit Glück sogar andere nette Kinder und eine Betreuerin, die die Kleinen bespaßt. Hurra, schreit der Kopf. Och nee, nicht schon wieder, jammert das Herz und zieht eine Schnute.

Auf der Suche nach dem goldenen Mittelweg

Aber gibt es nur Entweder/Oder? Nein, natürlich nicht. Der gute alte Kompromiss muss her. Ich habe mir unzählige Nächte um die Ohren geschlagen. Günstige Flüge, erträgliche Bahn- oder Busrouten, familiäre, bezahlbare Hotels gesucht. (An dieser Stelle bitte ich um eine Schweigeminute für die vielen versäumten Stunden Schlaf.)

Aber: Ich habe jetzt eine Lösung gefunden, die Herz, Kopf, Kind und sogar den Geldbeutel befriedigen könnte. Sowas wie ein Abenteuer light. Bahnfahrt nach Italien (abenteuerlich!), und dann auf einen entspannten Campingplatz am Meer. Mit Spielplatz und Pool. Von dem auch locker ein Tagesausflug zu tollen Städten oder antiken Ruinen möglich ist. Ha!

Für alle, die sich auch in ein Abenteuer stürzen (und das ist das Reisen mit Kind ja fast immer), hier noch eine kleine Packliste mit Dingen, die ich unbedingt mitnehme, wenn ich mit dem Kind auf große Fahrt gehe:

  • MP3-Player (Ich habe ein Vorläufer-Modell des Sony MP3-Players und bin sehr zufrieden. Läuft seit Jahren.) und Kinderkopfhörer (Haben das Kind schon ein Jahr überlebt!): Nimmt wenig Platz weg, bietet aber viel Raum für Unmengen an Kinderliedern und Hörspielen. Verkürzt Flüge, Bus- und Bahnfahrten und alle sonstigen Wartezeiten. Im diesem ominösen Internet gibt es einige Seiten mit kostenlosen Märchen, Geschichten und Co. (zum Beispiel hier bei OHRKA e.V.). 
  • Eins dieser Multifunktionsbücher/-Hefte + Buntstifte + Schere + Klebestift: Geschichten, Bilder zum Ausmalen, Rätsel und Aufklebergedöns. Platzsparende Beschäftigungstherapie. (Mein Sohn hat sich dieses mit Dinos ausgesucht, ich finde aber auch das hier schön.)
  • Aufblasbare Nackenhörnchen für beide: Wenn ich Urlaub habe, versuche ich möglichst viel zu schlafen. Überall. Schnarch.
  • Lärmschutz-Ohrstöpsel: Siehe vorherigen Punkt. (Ich schwöre übrigens auf die von Hansaplast!)
  • Ein reisetaugliches Spiel, wir haben zum Beispiel diese Pantomime-Karten von Haba: Braucht keinen Tisch oder sonstiges Zubehör, daher super praktisch für unterwegs. Und lustig auch für alle anderen Mitreisenden, wenn Mutti den Affen vormacht.
  • Feuchttücher: Dein Freund und Helfer in allen Situationen! Pipi, Kacka, Eiscreme, Blut, Schweiß und Tränen.
  • Pflaster: Falls Feuchttücher nicht reichen.
  • Einen kleinen Plastik-Zip-Beutel: Für Fundstücke wie Muscheln, Steine, Bierdeckel oder was das Kind sonst so findet und uuuuunbedingt mitnehmen muss. (Nein, Käfer, Fische oder Katzenbabys darf er natürlich nicht einpacken.)
  • Ein paar von diesen bunten Ikea-Plastik-Bechern: Platzsparende Alternative zu Eimer, Schaufel, Sandförmchen und co.

So, in Gedanken ist der Koffer (oder doch lieber der Rucksack?) schon gepackt und ich am Strand (im Museum?). Jetzt muss ich nur noch dem Sohn schonend beibringen, dass wir nach Italien fahren und doch nicht ins Schwimmbad.

Über die Autorin

Redakteurin © Kali Richter Kali Richter studiert Journalistik und Kommunikationswissenschaft an der Universität Hamburg. Sie schreibt nicht nur gerne über sondern auch für Kinder. Das gebürtige Nordlicht hat in Hamburg seine Heimat gefunden, fühlt sich aber in der Welt zu Hause, ihr Rucksack war dabei lange ihr liebster Begleiter. Seit sie 2011 Mutter eines Sohnes wurde, darf es aber auch mal Pauschalurlaub sein.

Kolumne von Eltern für Eltern 

Im Wechsel schreiben Blogger und Journalisten über Themen, die Eltern bewegen. Lesen Sie hier Geschichten und Beispiele aus der wunderbar chaotischen Welt des Lernens und Lebens. Alle Kolumnen ansehen.

Katharina Looks

Katharina Looks ist Brand Manager und Redakteurin bei scoyo. Ihr Herzensthema ist es, mehr Leichtigkeit in den Familien-Schul-Alltag zu bringen und Impulse für eine entspannte Lernatmosphäre zu setzen.