Schenken oder nicht schenken? Digitales auf dem Wunschzettel

Katharina Looks

Was steht dieses Jahr auf dem Wunschzettel?
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Weihnachtszeit ist Wunschzettelzeit. Die Kinder schreiben oder malen, was ihr Herz begehrt. Oft finden sich Smartphones, Tablets oder Computerspiele darunter. Was nun? Eine Kolumne von Katja Reim, Journalistin und Bloggerin.

Kolumne von Katja Reim

Von guten und bösen Geschenken

Wenn Eltern die Wunschzettel ihrer Kinder heimlich oder offen lesen, werten sie oft unbewusst: Buch und Hörspiel – gut für die Fantasie. Stifte und Farben – wichtig für die Kreativität. Puppen und Autos – hervorragend zum Spielen. Brett- und Kartenspiele – hilfreich, um miteinander zu lernen.

Konsolen und Computerspiele – können abhängig und aggressiv machen. Smartphones und Tablets – können zum Zeitfresser und sogar zur Mobbingfalle werden.

Gute Dinge, böse Dinge. Schon stecken die Weihnachtsmannhelfer im Dilemma. Dabei sind es alles erst einmal nur Wünsche.

Elekronische Geschenke – ja, nein, vielleicht?

“Ist es dafür nicht zu früh?”, ist eine Frage, die häufig gestellt wird, wenn Kinder elektronisches Spielzeug haben wollen. Die Antwort darauf fällt unterschiedlich aus. Je nachdem, wen man fragt.

Es gibt Experten, Lehrer und Eltern, die meinen, Bytes & Co sollten aus der Kindheit verbannt werden. Weil es wichtiger ist, Erfahrungen in der realen Welt zu sammeln, draußen zu spielen, sich mit Freunden zu treffen oder sich einfach mal zu langweilen.

Und es gibt Experten, Lehrer und Eltern, die denken, dass Computer sehr wohl in Kinderhände gehören. Ich zähle mich zu letzteren. Nicht, weil ich draußen spielen oder Freunde treffen unwichtig finde. Im Gegenteil. Aber ich glaube, dass die Digitalisierung im Leben unserer Kinder eine immens wichtige Rolle spielen wird. “Wir bereiten Kinder auf Berufe vor, die es noch gar nicht gibt; Technologien nutzend, die noch nicht erfunden sind; um Probleme zu lösen, die wir heute noch nicht kennen”, meint dazu der US-Pädagoge Karl Fisch in “Shift Happens”.

Außerdem wird jedes Kind spätestens als Teenager mit dem Internet in der Hosentasche herumspazieren. Und die Pubertät – in diesem Punkt sind sich glaube ich alle einig – ist ein schwieriges Alter. Für Kinder und Eltern. Deren Ratschläge werden dann vom Nachwuchs in den Wind geschossen, was entwicklungstechnisch sogar ein gutes Zeichen sein soll.

Abgrenzung von den Eltern gehört für Teenager zum Erwachsenwerden, wie die digitale Welt zum 21. Jahrhundert. Nur, dass man beide zur gleichen Zeit erstmals aufeinander loslassen sollte, halte ich persönlich für gewagt.

Aber wann genau ist der richtige Zeitpunkt, seinem Kind die Werkzeuge fürs Virtuelle in die Hand zu geben? Und welche? Ich weiß es nicht. Und ich kann’s nicht wissen. Denn jedes Kind ist einzigartig. Jedes Kind hat seine eigenen Bedürfnisse. Deshalb sind die Eltern gefragt. Der einzige Rat, den ich geben kann ist:

Bevor Sie entscheiden, sollten Sie drei Dinge tun:

1.) Selbst einen Wunschzettel schreiben,

2.) Ihr Kind fragen und

3.) zuhören.

Zu 1.): Am schwierigsten ist, glaube ich, der Wunschzettel. Schreiben Sie – gerne an den Weihnachtsmann – was Sie sich für Ihr Kind in der virtuellen Welt wünschen. Keine “Nicht”-Liste, im Sinne von: Nicht so lange am Smartphone hängen, nicht süchtig werden, nicht zum Einsiedler verkommen etc.

Nein, ich meine einen wirklichen Wunschzettel. Was wünschen Sie sich für ihr Kind, wenn es durch die Tür hinaus in die virtuelle Welt tritt? Welche Werte soll es im Gepäck haben? Welche Entdeckungen machen? Welche Abenteuer soll es erleben? Welche Kieselsteine sollen ihm den Weg nach Hause weisen?

Jetzt denken Sie vielleicht, wozu einen Wunschzettel? Den Weihnachtsmann gibt es nicht, und das World Wide Web ist kein Märchenwald. Stimmt! In der virtuellen Welt lauern Gefahren, kann es hart, bösartig und ungerecht zugehen. Wie im realen Leben. Aber davor können wir Kinder nicht bewahren.

Kaum jemand verbietet seinem Kind das Radfahren, weil es stürzen oder im schlimmsten Fall sogar von einem Auto angefahren werden könnte. Niemand überträgt seine eigenen Ängste so weit auf das Kind, dass er es einsperrt und es sich nur heimlich aus der Wohnung schleichen kann.

Stattdessen versuchen Eltern, ihre Kinder so gut es geht auf die Unwägbarkeiten des Lebens vorzubereiten. Ihnen Selbstvertrauen, Neugierde, Empathie, Gespür für Situationen und Regeln mit auf den Weg zu geben. Warum nicht auch für die virtuelle Welt? Der Wunschzettel kann dabei hilfreich sein. Als ganz persönlicher Erziehungsleitfaden.

Zu 2.) und 3.): Danach fragen Sie Ihr Kind, warum es sich diesen speziellen Schlüssel zur den digitalen Weiten wünscht. Was es sich verspricht. Was mögliche Alternativen wären. Werten Sie nicht! Hören Sie nur zu! Und lassen Sie sich die Lieblingsspielplätze zeigen. Versuchen Sie, sich hineinzuversetzen und auch die Faszination zu sehen, nicht nur die Gefahr.

Danach legen Sie Ihren Wunschzettel neben den Ihres Kindes, und Sie werden wissen, ob es zu früh ist. Ob Ihr Kind ausreichend vorbereitet ist. Und wenn nicht, was Sie noch vorher beibringen müssen.

Wie auch immer Sie sich entscheiden – eines sollten Sie Ihrem Kind auf jeden Fall schenken: Zeit. Zeit mit Ihnen. Um miteinander zu reden, miteinander zu spielen, miteinander zu entdecken. Egal in welcher Welt.

Weitere Tipps hier im scoyo ELTERN! Magazin:

Über die Autorin Katja Reim

Die Journalistin Katja Reim (*1974) lebt in Berlin und ist Ressortleiterin bei der Tageszeitung ‘Berliner Kurier’. Zuvor arbeitete sie unter anderem in Mexiko für die Online-Nachrichtenagentur Cimac und studierte in Barcelona Politik- und Sozialwissenschaften. Als Mutter setzt sich Katja Reim intensiv mit dem Thema digitale Bildung auseinander. Sie ist überzeugt, dass Kindern schon früh Werte, Normen und Ratschläge mit auf den digitalen Weg gegeben werden sollten. In ihrem Blog meincomputerkind.de schreibt sie über die Medienerziehung ihrer achtjährigen Tochter. Sie moderiert Diskussionsrunden und hält Vorträge darüber, wie Eltern analoge Werte in die virtuelle Welt übertragen können. Damit die Kinder die Grundregeln im World Wide Web lernen, bevor sie sich mit dem Smartphone verpuppen und im Kokon der Pubertät zu Erwachsenen heranreifen.

Katja Reim im Netz:

Kolumne – von Eltern für Eltern 

Im Wechsel schreiben Blogger und Journalisten über Themen, die Eltern bewegen. Lesen Sie hier Geschichten und Beispiele aus der wunderbar chaotischen Welt des Lernens und Lebens: → Alle Kolumnen ansehen.

Warum Eltern lausige Nachhilfelehrer für ihre Kinder sind

Katharina Looks

Wenn Eltern ihren Kindern bei den Hausaufgaben helfen, kann es auch mal gewaltig krachen. Warum sie oft nicht die beste Wahl für den Job des Nachhilfelehrers sind, erklärt Bildungsunternehmerin Béa Beste in ihrer Kolumne.

07.07.2016, Kolumne von Béa Beste

Zu Schulzeiten habe ich mein Taschengeld aufgebessert, indem ich Nachhilfe gegeben habe. Ich war gut in Mathe und Physik, ich konnte anständig erklären – also lag es auf der Hand, dass ich daraus etwas machen würde.

Die Kohle war natürlich super. Aber vor allem befriedigte mich daran, zu merken, wie sich meine “Küken” entwickelten … Plötzlich stellten sie smarte Fragen und konnten Lösungswege selbst entwickeln. Mir schwellt heute noch die Brust vor Stolz, wenn ich daran denke.

Nun lag es auf der Hand, Jahre später, dass ich meinem eigenen Kind in der Schule helfen würde, wann immer es das braucht. Hm. Die Erfahrungen, die ich mit der jungen Dame in den diversen Phasen ihrer Schulentwicklung gemacht habe, sind doch recht gemischt:

Stufe 1: Aufdrängen, wo es gar nicht Not tut

Ich mit Blick auf die Hausaufgaben: “Bruchrechnung, ihr habt endlich Bruchrechnung? Yeah.”

Meine Tochter, augenrollend: “Ja, Mama.”

Ich, begeistert, augenleuchtend, Knete aus dem Schrank kramend: “Schau mal, ich erkläre es dir mal, wie ich das früher meinen Nachhilfeschülern erklärt habe! Eine super Methode!!! Schau mal, das ist zum Beispiel ein Kuchen, das teilen wir in … bla…bla…bla.”

Tochter, nach höflichem Zuhören: “OK, Mama, wenn du das noch brauchst, kannst du das so visualisieren. Mir reicht es völlig, die Brüche mit Zahlen hinzuschreiben, das ist nicht so schwer, sich da Teile eines Ganzen vorzustellen…”

Ich: “…”

Stufe 2: Thanks for oversharing

Meine Tochter: “Mama, kannst du mir bitte kurz helfen, ist die Aufgabe hier korrekt gelöst?”

Ich, augenleuchtend: “Ja, aber es gibt noch drei andere Wege, sie auch zu lösen, schau mal … bla… bla… bla…”

Tochter, nach höflichem Zuhören: “Mama, mir ist langweilig. Und ich habe noch viel auf. Kann ich jetzt einfach die anderen Aufgaben lösen, wie ich die erste gemacht haben, wenn es richtig ist?”

Ich: “…”

Stufe 3: Andere Zeiten, andere Lösungswege

Ich: “Hausaufgaben fertig?”

Meine Tochter: “Nee, ich kann die eine Aufgabe nicht …”

Ich: “Lass mal sehen … So und so geht das … … bla… bla… bla…”
Meine Tochter: “Nein, so haben wir das nicht gemacht, das ging anders, du hast gar keine Ahnung.”

Ich: “Natürlich habe ich Ahnung, schreib das so hin, das wird gut sein, glaub mir.”

Sie: “Nein, das haben wir so nicht gelernt, das darf ich nicht!”
Ich: *Vortrag über Bildung*

Sie: *Verlässt genervt den Raum*

Die Stufen 4 bis ungefähr 7 verbleiben vertrauliche Familiengeschichten mit Friedensstörungshintergrund.

Es ist schwer, liebe Leute, seinen eigenen Kinder in der Schule und beim Lernen zu helfen!

Dabei würde es helfen und bares Geld sparen. Eine Studie der Bertelsmann-Stiftung, die für die Infratest dimap im Schuljahr 2014/15 bundesweit 4300 Elternteile befragt hat, ergab: Eltern, deren Kinder Nachhilfe bekommen, geben demnach monatlich im Schnitt 87 Euro aus, insgesamt fließen jährlich 879 Millionen Euro in den Nachhilfesektor. Das ist eine Menge Knete – aber auch der einzelne Betrag für eine Familie ist viel! Daher liegt es auf der Hand, lieber selbst erklären zu wollen.

Die Eltern-Ich-Kind-Ich-Falle

Aber meistens endet dies in einem Fiasko, denn kleine und große Menschen begeben sich damit, psychologisch gesehen, in eine komisch verhedderte Eltern-Ich und Kind-Ich Konstellation. Auf der einen Seite ist sie normal: Die Eltern habe die Eltern-Ich-Rolle und die Kinder die Kind-Ich-Rolle. Soweit alles klar.

Aber es ist auch umgekehrt: Das Kind fühlt, dass Schule und Hausaufgaben sein Job sind, worüber es am liebsten Kontrolle hätte. Es beansprucht die Eltern-Ich-Rolle also auch ein wenig für sich. Und Eltern kommen damit nicht klar, dass sie eigentlich nicht “im Lead” sind, sondern, dass sie dies dem Kind überlassen sollten. Peng! Jetzt knallt es und alle sind frustriert.

Was ist die Lösung?

Am einfachsten ist es, wenn Eltern wenig Ahnung haben und sich auf eine Lern-Entdeckungsreise mit dem Kind begeben. Also nicht, wenn Mama und Papa so viel Wissen und Tricks ins arme Kind “reinkippen” wollen, sondern eher, wenn sie selbst auch noch für sich Wissen entdecken. Co-Learning nennt man das.

Also: Ein Team bilden und sich gleichermaßen neugierig und offen auf einen Pfad begeben, der für beide unbekannt ist. Das kann funktionieren. Alles andere nicht. Auch wenn es sich unlogisch anhört: Je mehr Ahnung Sie von einem Fach haben, desto eher sollten Sie es an jemand anderen delegieren.

Eine Kolumne von Béa Beste.

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Über Béa Beste

Bildungsunternehmerin © Béa Beste Béa Beste ist Bildungsunternehmerin und Mutter einer großen Tochter, die sich schon im Studium befindet. Im Zukunftsdialog der Bundeskanzlerin plädierte Béa Beste als Expertin im Bereich „Wie wollen wir lernen?“ für eine Lernkultur der Potenzialentfaltung und mehr Heiterkeit in der Bildung. Béa gründete 2006 die bilingualen Phorms Schulen. Nach sechs Jahren als CEO ging sie 2011 auf Bildungsexpedition durch Indien, Australien, Indonesien und die USA. Inspiriert von internationalen Bildungsinnovationen entwickelte sie das Playducation Konzept: Was wäre, wenn sich Lernen wie Spielen anfühlt? Leider setzte sich das Produkt, die monatliche Tollabox mit Materialien und Ideen für Familien mit Kindern ab drei Jahren, nicht am Markt durch, sodass Béa derzeit neue Ideen entwickelt, um das Konzept digital umzusetzen. Sie führt den Kreativ-Blog der Tollabox als ‘Tollabea’ weiter

Webseite: www.tollabea.de | Facebook: facebook.com/tollabea

Twitter: @TOLLABEA | twitter.com/TOLLABEA

Erstklässler-Schulstart leicht gemacht – 5 Tipps

Katharina Looks

Wer ein Schulkind zu Hause hat, den erwarten ungeahnte Herausforderungen. Christian Hanne vom Blog Familienbetrieb hat seine wirkungsvollsten Tipps aufgeschrieben. Speichern Sie schon einmal Frau Merkel auf der Kurzwahltaste.

15.09.2016, Kolumne von Christian Hanne, Blog Familienbetrieb

In fast ganz Deutschland hat die Schule wieder begonnen und für Hundertausende von Erstklässlern beginnt nun ein neuer Lebensabschnitt. Aber wenn Sie Eltern eines ABC-Schützlings sind, stehen Sie ebenfalls vor vielfältigen Herausforderungen.

Daher ist es möglicherweise nützlich, von einem Vater, dessen beide Kinder die Grundschule halbwegs unbeschadet hinter sich gebracht haben, einige hilfreiche Tipps zu erhalten, wie Sie den neuen Schulalltag mit Ihrem Kind erfolgreich meistern können.

1. Die Schultüte

Vielleicht möchten Sie Ihre besondere Wertschätzung für Ihr Kind durch eine selbstgebastelte Schultüte ausdrücken, die Sie liebevoll zurechtschneiden, akkurat zusammenkleben und mit allerlei bunten Motiven verzieren. Ihr Kind wird sich wie Bolle freuen und Sie für die besten Eltern der Welt halten. Bis am ersten Schultag ein anderes Kind den Klassenraum mit einer gekauften Star-Wars-Schultüte betritt und von da an der Allercoolste in der Klasse sein wird. Dann wird Ihr Kind seine Eltern für naive Hippies halten, die durch selbstproduzierten Tand dem kapitalistischen Konsumterror die Stirn bieten wollen und dadurch das arme Kind zum Mobbingkandidaten Nr. 1 machen.

Also, geben Sie sich dem kommerziellen Mainstream hin, kaufen Sie eine Schultüte und sichern Sie Ihrem Kind uneingeschränkte Beliebtheit. Bis zum Abitur.

2. Das Schulmaterial

Zum Schuljahresanfang erhalten Sie einen Katalog vom Umfang des Berliner Telefonbuchs. In diesem sind alle Materialien aufgelistet, die Sie unverzüglich zu besorgen haben, damit die Schule ihren Bildungsauftrag erfüllen und Ihr Kind für den gnadenlosen Wettbewerb auf dem globalisierten Arbeitsmarkt fit machen kann. Sofern sie nicht kürzlich einen siebenstelligen Betrag im Lotto gewonnen haben, sollten Sie sich jetzt schleunigst mit dem Thema Privatinsolvenz auseinandersetzen.

3. Das Pausenbrot

Für Schulkinder ist das Pausenbrot eine essenzielle Mahlzeit. Es verleiht ihnen die nötige Energie, um sich im Unterricht zu konzentrieren, die Lerninhalte wie ein Schwamm aufzusaugen und dann vierzig Jahre später den Chemie-Nobelpreis entgegenzunehmen. Das einzige Problem: Ihr Kind wird sein Pausenbrot nicht essen. Egal, was Sie auf das Brot machen, es wird nach der Schule nahezu unberührt wieder nach Hause gebracht. Außer Sie beschmieren die Stulle daumendick mit Nutella.

Ich habe bei der Pausenbrot-Gestaltung sehr gute Erfahrungen gemacht, wenn ich es mit ein paar dünnen Scheiben Pastrami und Emmentaler sowie Tomaten und eingelegten Gurken belege und geschmacklich mit ein wenig Honigsenf abrunde. Selbstverständlich isst Ihr Kind das auch nicht, aber dafür haben Sie ein leckeres Sandwich zum Abendbrot. Am besten verzehren Sie es aber gleich morgens. Dann ist es noch schön frisch und Ihr Kind muss es nicht unnötig in die Schule schleppen.

Mehr Informationen zum Thema Schulstart gibt es hier! Jetzt gleich reinhören:

4. Die Autoritätsprobleme

Als Eltern eines Kindergartenkindes konnten Sie sich in prekären erzieherischen Situationen verschiedener Behelfsautoritäten bedienen: Der Nikolaus goutierte das Abends-ohne-Theater-ins-Bett-gehen, die Schnullerfee belohnte die Aufgabe des Nuckels oder der Osterhase zeigte sich erfreut über das Essen von Obst. Mit Eintritt in die Grundschule wird ihr Kind den Spieß umdrehen und bei jeder Gelegenheit auf die Klassenlehrerin verweisen, deren Wort ein Gewicht hat, von denen absolutistische Herrscher nur träumen können. „Frau Meier hat wirklich gesagt, Kinder dürfen so viel Schokolade essen, wie sie wollen?“ Ihr Kind wird so heftig nicken, dass der Kopf fast vom Hals abfällt.

Da bleibt Ihnen nur übrig, zum Telefon zu greifen und folgenden Dialog zu führen.

„Guten Abend, Frau Merkel. Ich möchte Sie nicht vom Regieren abhalten, aber haben Sie gehört, was Frau Meier gesagt haben soll?“

„…“

„Genau, das mit der Schokolade.“

„…“

„Ach so, das war nur ein Witz.“

„…“

„Und Schokolade sollten sowieso nur Eltern essen?“

„…“

„Gut, richte ich beides dem Kind aus.“

„…“

„Ihnen auch noch einen schönen Abend, Frau Merkel.“

Damit ist die Schokoladen-Diskussion beendet, denn für Kinder hat die Bundeskanzlerin den Status einer Königin, deren Wort selbstverständlich mehr zählt als das der Grundschullehrerin.

5. Das Aufstehen

Das gleiche Kind, das Sie jahrelang morgens um halb sechs geweckt hat (am Wochenende bereits um fünf), werden Sie mit Eintritt in die Grundschule nicht dazu bringen, das Bett um sieben Uhr zu verlassen, damit es pünktlich in der Schule erscheinen kann. Unschöne Diskussionen, Gezeter und Geschrei sind da jeden Morgen vorprogrammiert.

Sourcen Sie daher das Wecken an einen pensionierten Navy-Seals-Ausbilder aus, der Ihr Kind morgens aus dem Bett schmeißt. Die Beziehung zu Ihrem Kind wird fortan durch widerspruchslose Harmonie und Eintracht gekennzeichnet sein, wie Sie es zuletzt erlebten, als es noch gesäugt wurde. Und das Honorar für den Drill-Sergeant können sie obendrein als haushaltsnahe Dienstleistung von der Steuer absetzen.

Weitere Kolumnen von Christian Hanne hier im ELTERN! Magazin:

Über den Autor

Christian Hanne, Jahrgang 1975, ist im Westerwald aufgewachsen und hat als Kind zu viel von Ephraim Kishon gelesen und zu viel „Nackte Kanone“ geschaut. Inzwischen lebt er mit seiner Frau und seinen beiden Kindern in Berlin-Moabit. Auf seinem Blog „Familienbetrieb“, auf Twitter und Facebook schreibt er über den ganz normalen Alltagswahnsinn. Kulinarisch pflegt er eine obsessive Leidenschaft für Käsekuchen. Sogar mit Rosinen. Ansonsten ist er mental einigermaßen stabil.

Im September ist sein Buch “Wenn’s ein Junge wird, nennen wir ihn Judith” im Seitenstraßenverlag erschienen. In zwölf gar nicht mal so kurzen Kurzgeschichten schreibt er darüber, wie Schwangerschaft, Marathongeburten und nachtaktive Babys eine moderne, gleichberechtigte Partnerschaft auf die Probe stellen.

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Kolumne von Eltern für Eltern 

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Adventskalender-Tipps für jedes Kinderalter. Und für den schmalen Geldbeutel

Katharina Looks

Glaubt man Weihnachtsmythen wurde der Adventskalender von Eltern erfunden, die die Frage nicht mehr hören konnten, wann denn nun endlich Weihnachten ist
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So ein Adventskalender kann ganz schön was kosten. Damit Sie und Ihre hyperaktiven Backenhörnchen zu Weihnachten kein Knäckebrot mümmeln müssen, hat Kolumnist Christian Hanne Adventskalender-Tipps für jeden Geldbeutel.

Die Adventszeit. Zeit der Besinnung, des Weihnachtsgebäcks und des billigen Glühweins, von dem man immer so fürchterliche Kopfschmerzen bekommt. Und die Zeit, in der die Kinder einen so lange fragen, wie lange es noch bis Weihnachten ist und wann endlich der Weihnachtsmann die Geschenke bringt, bis man kurz davor ist, sich heißen Kerzenwachs ins Ohr zu träufeln.

Glücklicherweise gibt es aber den Adventskalender, der wahrscheinlich von einem Elternteil erfunden wurde, das kurz davor war, sein Kind anzubrüllen: “DER VERDAMMTE WEIHNACHTSMANN KOMMT, WENN ER KOMMT!” Adventskalender vermitteln kleinen Kindern, die noch kein Gefühl für Zahlen und Zeit haben, oder größeren Kindern, die sehr schlecht in Mathe sind, wie viele Tage es noch bis Weihnachten sind.

Während für die Kinder der Adventskalender ein Highlight der Vorweihnachtszeit ist, stehen Eltern vor der schwierigen Herausforderung, ihn zu planen, zu gestalten und zu bestücken. Das ist gar nicht so einfach, denn schließlich müssen die 24 Überraschungen im Adventskalender dem Alter des Kindes angemessen sein und einen außerdem nicht in den finanziellen Ruin stürzen, so dass die Familie an Heiligabend Knäckebrot mümmeln muss, weil das gesamtes Dezembergehalt inklusive Weihnachtsgeld in den Adventskalender geflossen ist.

Freuen Sie sich daher über die folgenden Tipps zu Adventskalendern für jedes Alter, die auch noch überaus preiswert sind.

1 – 2 Jahre: Der Quality-Time-Kalender

Wenn Ihr Kind noch recht klein ist, das heißt so ungefähr anderthalb bis zwei Jahre, glauben Sie vielleicht, dass es noch keinen Adventskalender braucht. Damit haben Sie einerseits recht, denn in diesem Alter bewegt sich ihr Nachwuchs intellektuell ungefähr auf dem Niveau eines Schimpansenbabys und kann mit dem Konzept Adventskalender noch nichts anfangen. Andererseits wird es aber ähnlich wie ein Schimpansenbaby Gefallen daran finden, kleine Schachteln oder Tüten zu öffnen und mit raschelndem Verpackungsmaterial zu spielen.

Daher sollten Sie Ihrem Kind unbedingt einen Adventskalender basteln. Nicht um dem Kind, sondern um sich selbst eine Freude zu bereiten. Der Kleinkind-Kalender ist weder besonders aufwändig, noch sonderlich teuer. Besorgen Sie einfach 24 kleine Schachteln, in die Sie jeweils ein zerknülltes Papiertaschentuch stecken. Im Dezember geben Sie Ihrem Kind jeden Morgen eines der Schächtelchen und werden sehen, wie es sich ausgiebig damit beschäftigt, die Schachtel zu öffnen, das Taschentuch herauszuholen, es zurückzustecken und die Schachtel zu verschließen. Dann geht das Ganze wieder von vorne los. Sie können diese Beschäftigungstherapie Ihres Kindes nutzen, um sich eine Viertelstunde For-Me-Time zu gönnen, in der Sie entspannt Kaffee trinken. Oder ungestört aufs Klo gehen.

3 – 4 Jahre: Der pragmatische Alltags-Kalender

Im Grunde ist es dem Nachwuchs ganz egal, was in den Advents-Geschenken drin ist, solange es eben Geschenke gibt! Praktisch, um den Unterhosen-Vorrat aufzustocken
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Wenn Ihr Kind etwas älter ist und kognitiv dem Primatenstatus allmählich entwachsen ist, wird es leider etwas anspruchsvoller, was den Adventskalender angeht und lässt sich nicht mehr so einfach mit Kartons und Taschentüchern abspeisen lassen. Ganz im Gegenteil wird es im Alter von drei bis vier Jahren ganz versessen auf Geschenke sein und kann gar nicht genug davon bekommen. Diese maßlose Gier, die man sonst allenfalls von Wall-Street-Bankern kennt, führt zum Glück auch dazu, dass es Kindern vollkommen egal ist, welche Überraschungen der Adventskalender bereithält, so lange sie nur irgendetwas auspacken können.

Machen Sie sich dieses materialistische Verlangen zunutze, indem Sie einfach Dinge des täglichen Bedarfs in den Kalender packen, die Sie ohnehin für das Kind anschaffen müssen. Zum Beispiel neue Handschuhe, ein Paar Socken, eine Zahnbürste, ein Schlafanzug oder Ähnliches. Ihrer Phantasie sind hierbei keine Grenzen gesetzt.

Die Kosten für so einen Kalender erscheinen auf den ersten Blick relativ hoch zu sein. Insbesondere wenn es am 24. neue Winterschuhe gibt, für die Sie Ihre Niere im Internet versteigern mussten. Da Sie diese Sachen aber sowieso irgendwann kaufen müssen, bekommen Sie den Kalender quasi zum Nulltarif. Und weil Sie sonst nichts für die täglichen Überraschungen ausgeben müssen, haben Sie mit dem Adventskalender sogar noch Geld gespart. Das soll Ihnen erstmal einer nachmachen!

5 – 6 Jahre: Der Drei-Geschenke-Rotations-Kalender

Im Alter von fünf bis sechs Jahren bekommt Ihr Kind dann allerdings mit, was seine Spielkameraden in ihren Adventskalendern haben. Dadurch entstehen neue Begehrlichkeiten und die morgendliche Freude Ihres Kindes über eine praktische Unterbuchse wird sich in Grenzen halten. Stattdessen verlangt es nach Spielzeug in seinem Adventskalender.

Der Gedanke an die Kosten für einen Spielzeug-Kalender treibt Ihnen womöglich den finanziellen Angstschweiß auf die Stirn. Doch keine Sorge, glücklicherweise verlieren Kinder in diesem Alter andauernd ihre Sachen. Somit benötigen Sie eigentlich nur drei kleine Überraschungen, mit denen Sie durch ein geschicktes Rotationsprinzip den kompletten Kalender befüllen können.

Am ersten Tag gibt es einen Flummi, den das Kind spätestens am dritten Tag verbummelt hat und den Sie ihm dann für den vierten Tag wieder in den Kalender stecken. Da Fünf- bis Sechsjährige über die Aufmerksamkeitsspanne eines hyperaktiven Backenhörnchens verfügen, wird Ihr Kind das gar nicht merken, sondern sich wie Bolle über die neue Überraschung freuen. Am fünften Tag bekommt es erneut die Knete vom zweiten Tag, am sechsten das kleine Puzzle von Tag Drei, bevor es dann am siebten Tag wieder den Flummi erhält. Ich denke, Sie haben das Prinzip verstanden.

Folglich müssen Sie nicht mehr als zehn Euro für den Spielzeug-Kalender ausgeben und das Kind hat trotzdem jeden Tag Spaß. Mehr Win-Win-Situation geht nicht!

7 – 9 Jahre: Der Gutschein-Kalender

Gutscheine für den Adventskalender klingen erst einmal nach einer guten Idee – bis ständige Kinobesuche mitsamt tonnenweiser Popcornanschaffung die Familie in die Armut treiben
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Besucht Ihr Kind erstmal die Grundschule, werden Sie mit dem Drei-Geschenke-Rotations-Adventskalender leider nicht mehr durchkommen. Hat das Kind aber erstmal lesen gelernt, eröffnen sich für den Adventskalender ganz neue Möglichkeiten: Gutscheine!

Anstatt 24 kostspielige Geschenke und Überraschungen zu besorgen, für die Sie Ihren Bausparvertrag kündigen müssen, bereiten Sie einfach für jeden Tag einen Gutschein vor. Diese haben den unschätzbaren Vorteil, dass sie häufig überhaupt nicht eingelöst werden und dadurch das Haushaltsbudget nicht sonderlich belasten.

Dennoch sollten Sie nicht unvorsichtig sein und Kino-, Zoo- oder Freizeitpark-Gutscheine ausstellen, was Sie sehr schnell in den Dispo-Abgrund stürzen kann. In einem Moment sitzen Sie noch mit der ganzen Familie in einem Multiplex-Cinema, wo Sie einen Trog Popcorn verputzen und eine Badewanne voll Softdrinks trinken, und im nächsten erklärt Ihnen Peter Zwegat in Ihrer Küche an seinem Flipchart, dass Sie künftig auf Smartphone, Streaming-Dienst, WLAN sowie Obst und Gemüse verzichten müssen, um die Privatinsolvenz zu verhindern. Kein schönes Szenario so kurz vor Weihnachten.

Verschenken Sie deswegen lieber Gutscheine für Ihre alltäglichen familiären Verrichtungen und Dienstleistungen. Zum Beispiel für “1x Abendbrot”, “1x Wäsche waschen” oder “1x Hausaufgaben kontrollieren”. Diese Gutscheine sind nicht nur billig, sondern Ihr Kind wird ziemlich schnell so angeödet davon sein, dass es nach spätestens einer Woche auf das Öffnen der Gutscheine verzichtet.

10 – 12 Jahre: Der Süßigkeiten-Kalender

Die (natürlich selbstgestrickten!) Jutebeutelchen und ihre (natürlich vegane, gluten-, laktose- und zuckerfreie!) Keksfüllung sind die reinste Augenzierde und jeden noch so großen Aufwand wert!
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Ist Ihr Kind dem Grundschulalter entwachsen, können Sie den Adventskalender endlich mit Süßigkeiten befüllen. Bei kleineren Kindern ist das noch problematisch, weil man sich da immer gegenseitig mit anderen Eltern versichert, dass die Kinder nur in ganz seltenen Ausnahmefällen Süßigkeiten essen. Da kommt es dann nicht so gut, wenn Ihr Kind jeden Morgen mit Schokolade verschmiertem Mund in der Kita oder Grundschule erscheint.

Bei Kindern, die eine weiterführende Schule besuchen, sind die Ansichten über den Konsum von Süßigkeiten glücklicherweise nicht mehr ganz so rigide, was die Adventskalendergestaltung erheblich erleichtert. Allerdings sollten Sie nicht den Fehler machen und einen Schoko-Adventskalender im Supermarkt kaufen. Die enthalten nämlich meistens eklige Pressschokolade, die schmeckt als sei sie ein Abfallprodukt, das bei der Erdölgewinnung entsteht. Außerdem sind gekaufte Schoko-Kalender unter Eltern absolut verpönt. Wenn Sie rumerzählen, dass Ihr Kind einen Kauf-Kalender bekommt, werden Sie von anderen Eltern Reaktionen ernten, als hätten Sie gerade verkündet, demnächst bei RTL2-Frauentausch mitzumachen.

Daher müssen Sie sich schon ein wenig mehr Mühe mit dem Süßigkeiten-Adventskalender geben. Am besten wäre es natürlich, Sie nähten 24 kleine Jutebeutelchen, die sie mt Filzzahlen und -sternen verzieren und mit selbstgebackenen veganen, gluten-, laktose- und zuckerfreien Keksen befüllen. Höchstwahrscheinlich fehlen Ihnen aber Zeit und vor allem Talent für die Herstellung eines repräsentablen Do-it-yourself Kalenders. Dann nehmen Sie einfach 24 Butterbrottüten und lassen sie diese gegen ein kleines Honorar vom Nachbarskind mit Sternen bemalen und Zahlen beschriften. Nun kaufen Sie Marzipan, Nougat, Blätterkrokant und Weihnachtsmandeln, mit denen Sie die Tüten individuell bestücken. Das ist zwar etwas mehr Arbeit, als einfach 24 Überraschungseier in die Tüten zu stopfen, aber es bleiben sicherlich einige Süßigkeiten übrig, die Sie dann selbst essen können. So haben Sie wenigstens auch etwas von dem Adventskalender-Stress.

Die Post-Adventskalender-Ära

Irgendwann wird sich das Thema Adventskalender erledigt haben. Voraussichtlich im gehobenen Teenager-Alter wird Ihr Kind das albern finden und auf einen Adventskalender verzichten. Zumindest war das bei mir so.

Wenn man dann allerdings etwas älter ist und einen Adventskalender eigentlich wieder ganz schön fände, bekommt man keinen mehr. Meine Eltern haben mir beispielsweise seit Jahrzehnten keinen Adventskalender mehr geschenkt. Also, Mutter und Vater, falls ihr diese Kolumne lest: Ihr habt noch eine Woche Zeit. Ich freue mich auch über Gutscheine. Zum Beispiel für “1x am Sonntag telefonieren”.

Weitere Kolumnen von Christian Hanne hier im ELTERN! Magazin:

Kolumne von Eltern für Eltern 

Im Wechsel schreiben Blogger und Journalisten über Themen, die Eltern bewegen. Lesen Sie hier Geschichten und Beispiele aus der wunderbar chaotischen Welt des Lernens und Lebens. Alle Kolumnen ansehen.

Über den Autor

Christian Hanne, Jahrgang 1975, ist im Westerwald aufgewachsen und hat als Kind zu viel von Ephraim Kishon gelesen und zu viel „Nackte Kanone“ geschaut. Inzwischen lebt er mit seiner Frau und ihren beiden Kindern in Berlin-Moabit. Auf seinem Blog „Familienbetrieb“, auf Twitter und Facebook schreibt er über den ganz normalen Alltagswahnsinn. Kulinarisch pflegt er eine obsessive Leidenschaft für Käsekuchen. Sogar mit Rosinen. Ansonsten ist er mental einigermaßen stabil.

Im September ist sein Buch “Wenn’s ein Junge wird, nennen wir ihn Judith” im Seitenstraßenverlag erschienen. In zwölf gar nicht mal so kurzen Kurzgeschichten sinniert er darüber, wie Schwangerschaft, Marathongeburten und nachtaktive Babys eine moderne, gleichberechtigte Partnerschaft auf die Probe stellen.

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Fünf Tipps, wie Ihnen Ostern nicht auf die Eier geht

Katharina Looks

Ostern kann schneller als erwartet zum stressigen Nervenkrieg werden
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Schon wieder Ostern! Das heißt: Eiersuche, Ostermusik und Co. Damit es ein möglichst relaxtes Fest wird, hat Christian Hanne fünf Ostertipps gesammelt. Spoiler: Bleiben Sie Conni und Rolf Zuckowski fern!

Eine Kolumne von Christian Hanne, Blog Familienbetrieb.

Ostern steht vor der Tür und die Vorfreude der Kinder auf Ostereier, Schokohasen und Geschenkesuchen kennt keine Grenzen. Eltern müssen dagegen aufpassen, dass die Vorbereitung des Osterfestes nicht in puren Stress ausartet. Daher verrate ich Ihnen fünf ultimative, praxiserprobte Tipps, die Sie vor dem Oster-Burnout bewahren sollen.

1. Vorsicht vor dem Stups

“Stups, der Osterhase” in Dauerschleife ist für jeden Menschen unter 8 eine Folter
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Möglicherweise kommen (kamen) Sie (schon) auf die leichtsinnige Idee, Ihrem Kind eine Oster-CD von Rolf Zuckowski zu kaufen, damit es sich die Wartezeit bis Ostern verkürzt. Tun Sie es nicht! Auf keinen Fall! Ansonsten droht Ihnen in den Tagen vor Jesus‘ Auferstehung eine wahrlich unerträgliche ‘Stups, der kleine Osterhase’-Folter.

Die sich dazu noch heimtückisch anbahnt! Denn beim ersten Hören werden Sie das Lied ganz okay finden und auch beim zweiten Mal noch erträglich. Da Kleinkinder aber das Erinnerungsvermögen einer Amöbe haben, werden die Kids das Lied in der Osterzeit eine Millionen Mal abspielen. Wenn Sie also den Fehler schon begangen haben, ihren Nachwuchs mit der Rolf-Zuckowski-Oster-Parade beglückt zu haben und noch bevor Sie einen Nervenzusammenbruch erleiden und Hass-Mails an den netten Kinderliedermacher schreiben, bleibt Ihnen ein Ausweg: Lassen Sie die CD in einem unaufmerksamen Moment Ihres Kindes – d.h., wenn es schläft – verschwinden.

An Ostern servieren Sie dann einen Hasenbraten und fragen während des Essens: “Darf ich vorstellen? Stups, der kleine Osterhase.” Damit werden Sie zwar nicht Mutter oder Vater des Jahres, aber Sie werden künftig von dem unsäglichen Folterlied verschont.

2. Finger weg von Conni

Möglicherweise wollen Sie nach dem Stups-Fiasko Ihre Grausamkeit gutmachen und Ihr Kind mit einem “Conni und der Osterhase”-Buch beglücken. Auch das sollten Sie tunlichst unterlassen.

Nicht alleine, dass einen das ringelbehemdete Gör, das seine eine Trilliarden Hobbys alle mühelos beherrscht und nie Ärger macht, tierisch nervt. In besagtem Osterbuch wird auch noch die Existenz des Osterhasen angezweifelt. Und das geht entschieden zu weit. Denn es erschwert das Familienleben erheblich, wenn Ihre Kinder diesen wichtigen Erziehungshelfer infrage stellen. Dann glauben sie Ihnen nicht länger, dass der Osterhase das Aufräumen des Kinderzimmers mit Süßigkeiten goutiert.

Sorgen Sie also dafür, dass Ihre Kind nie in Kontakt mit dieser Schundliteratur kommt. Sollten die Kleinen das Buch bei Freunden lesen und behaupten, es gäbe keinen Osterhasen, erklären Sie ihnen, dass Conni-Bücher alle Fake News sind und man der Lügen-Conni nichts glauben dürfe.

3. Mit Kampfkunst der Einkaufsapokalypse trotzen

Legionäre auf dem Weg zu ihrem größten Gefecht: Ostersamstageinkäufe
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Da sowohl Karfreitag als auch Ostermontag Feiertage sind, stürmen die Menschen samstags die Supermärkte, als stünde die Zombie-Apokalypse unmittelbar bevor. (Ein Gedanke, der auch gar nicht so abwegig ist, wo Jesus doch Ostersonntag von den Toten aufersteht.) Dabei spielen sich Szenen ab, gegen die die Schlacht um Helms Klamm in ‚Herr der Ringe‘ wie die Zusammenkunft friedliebender Hippies anmutet.

Bereiten Sie sich also tunlichst auf den Ostereinkauf vor. Ziehen Sie sich am besten für ein halbes Jahr in ein Shaolin-Kloster zurück, wo Sie sich in die Kunst des Kung-Fu einweisen lassen. Nur derart geschult können Sie sich ostersamstags im Supermarkt gegen gewaltbereite Hausfrauen und Rentner durchsetzen.

Sollte es Ihnen an Geschick, Beweglichkeit und Fleiß zum Erlernen asiatischer Kampfsportarten mangeln, können Sie immer noch einen Trupp nahkampferprobter Fremdenlegionäre rekrutieren, der Ihre Einkäufe erledigt. Alternativ könnten Sie auch mit Weitsicht bereits am Donnerstag einkaufen. Aber dieser Ratschlag erscheint mir doch zu unrealistisch.

4. Posaunisten und Kunststudenten als Osterhelfer

Wenn es an eigener Kreativität mangelt, sollte man Hilfe von außen hinzuziehen
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Das Bemalen von Eiern zählt zu den größten Freuden von Kindern in der Osterzeit. Für Sie als Eltern eher nicht. Denn Sie müssen dazu Dutzende von Eiern auspusten, bis sämtliche Ihrer Lungenbläschen zerplatzen und Ihre Augen aus den Höhlen fliegen. Sie können sich dies aber durch Blasfix erleichtern.

Allerdings ist Vorsicht geboten, wenn Sie im Supermarkt danach fragen: Das Verkaufspersonal könnte Blasfix für ein perverses Sex-Toy halten und Ihnen Hausverbot erteilen. Um dies zu vermeiden, engagieren Sie einen professionellen Posaunisten, der Ihnen gegen einen kleinen Obolus eine Stiege Eier auspustet.

Aber damit ist die Gefahr noch nicht gebannt: Beim Bemalen der Eier zeigen Kinder meist wenig Geschick. Ihr größtes Talent besteht darin, innerhalb kürzester Zeit, dezente Pastellfarben in ein unansehnliches Braun zu vermischen. Die derart verunstalteten Eier eignen sich allenfalls für ein Osterfest bei einem Bundeswehrmanöver, aber nicht als Dekoration in Ihrem Wohnzimmer.

Bezahlen Sie daher ein paar Studierende einer renommierten Kunstakademie, die Eier zu bemalen, und tauschen Sie die Camouflage-Eier Ihrer Kinder gegen diese kunstvoll verzierten Eier aus. Da Kinder an Ostern aufgrund des überhöhten Zuckerkonsums vollkommen überdreht sind, wird ihnen der Austausch nicht auffallen.

5. Wer suchet, der nicht immer findet

Das Suchen der Ostereier ist für Kinder der Höhepunkt des Osterfestes. Bei gutem Wetter möchten Sie die Eier vielleicht draußen verstecken. Dies birgt aber die Gefahr, dass die Schokolade in der Sonne schmilzt. Angesichts der entgangenen Schokolade wird Ihr Kind einen Tobsuchtsanfall bekommen und in Ihrem Garten werden sich ganz unösterliche Szenen abspielen (im Vergleich scheint auch hier die Schlacht um Helms Klamm wie ein friedliches Happening).

Lassen Sie sich daher vom Wetterdienst für Ostersonntag zwischen 10 und 11 Uhr ein meteorologisches Profil erstellen, das für jeden Quadratzentimeter Ihres Gartens detailliert Temperatur, Sonnenstrahlenintensität und Luftfeuchtigkeit angibt, damit Sie die optimalen Schokoeier-Verstecke auswählen können. Oder Sie verhindern einfach, dass die Kinder am Vortag aufessen. Dann gibt es schlechtes Wetter und Sie können die Eier in der Wohnung verstecken.

Dort sollten Sie die Süßigkeiten möglichst raffiniert verstecken, um zu verhindern, dass die Kinder jedes Ei finden und damit zu viel Schokolade essen. Außerdem werden Sie sich freuen, wenn Sie beim nächsten Großreinemachen ein paar Schokoeier finden. Tatsächlich ist die Hoffnung auf ein paar Süßigkeiten überhaupt der einzige Anreiz fürs Großreinemachen.

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Sollten Sie nicht in der Lage sein, diese Tipps zu befolgen, und ein ganz stressiges Osterfest haben, sorgen Sie dafür, dass Sie ausreichend Eierlikör im Haus haben. Und erfreuen Sie sich wenigstens an dem Gedanken, dass Wham! keinen Osterhit geschrieben haben. In diesem Sinne: Frohe Ostern!

Weitere Kolumnen von Christian Hanne im ELTERN! Magazin:

Kolumne von Eltern für Eltern 

Im Wechsel schreiben Blogger und Journalisten über Themen, die Eltern bewegen. Lesen Sie hier Geschichten und Beispiele aus der wunderbar chaotischen Welt der Kinder und des Lernens & Lebens. Alle Kolumnen ansehen.

Über den Autor Christian Hanne

Christian Hanne, Jahrgang 1975, ist im Westerwald aufgewachsen und hat als Kind zu viel von Ephraim Kishon gelesen und zu viel ‘Nackte Kanone’ geschaut. Inzwischen lebt er mit seiner Frau und seinen beiden Kindern in Berlin-Moabit. Auf seinem Blog ‘Familienbetrieb’, auf Twitter und Facebook schreibt er über den ganz normalen Alltagswahnsinn. Kulinarisch pflegt er eine obsessive Leidenschaft für Käsekuchen. Sogar mit Rosinen. Ansonsten ist er mental einigermaßen stabil.

Im September ist sein Buch “Wenn’s ein Junge wird, nennen wir ihn Judith” im Seitenstraßenverlag erschienen. In zwölf gar nicht mal so kurzen Kurzgeschichten schreibt er darüber, wie Schwangerschaft, Marathongeburten und nachtaktive Babys eine moderne, gleichberechtigte Partnerschaft auf die Probe stellen.

Im Netz:

Kinder und Digitalisierung: 10 Alltags-Tipps für die „digitale Erziehung“

Katharina Looks

Kinder und Digitalisierung: 10 Tipps für die digitale Erziehung
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Der Tag, an dem Kinder Smartphone, Tablet und Co. entdecken, kommt erschreckend schnell. 10 Tipps, wie Sie als Eltern von Anfang an die Orientierung behalten und Ihr Kind in der Digitalisierung hilfreich begleiten können.

In diesem Artikel

Spätestens im Schulkindalter beschäftigt alle Eltern ein Thema gleichermaßen: Kinder und die Digitalisierung – sprich, (wie) kann ich mein Kind mit gutem Gewissen auf digitale Medien und Technologien loslassen? Ab wann und wie lange ist die Nutzung von Smartphone, Tablet und Co. okay? Auf einen Erfahrungsschatz, wie es ihn zu den meisten anderen Erziehungsthemen gibt, lässt sich hier nicht zurückgreifen. Damit ist die Digitalisierung mit Kindern tatsächlich das #neuland, von dem Angela Merkel 2013 sprach.

Gleichzeitig sind Eltern bei dem Thema von Anfang gefragt, findet der erste Kontakt mit digitalen Geräten doch zuhause statt.

Dabei gibt es viele wichtige Fragen zu klären, wie z. B.:

  • Wie schütze ich mein Kind vor ungeeigneten Bildern oder Videos?
  • Wie kann ich Mobbing vorbeugen?
  • Wie kann ich verhindern, dass mein Kind private Daten weitergibt?
  • Was bringt online lernen?
  • Wie lange sollten Kinder vor Bildschirmen sitzen?
Smartphone und Co. fesseln Kinder, aber wie lange ist gut für sie?
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Weil aller Anfang schwer ist, haben wir uns in Kooperation mit Wonder Workshop am 8. scoyo Elternabend im Netz gemeinsam mit vier ExpertInnen auf die Suche nach Antworten auf diese und weitere Fragen gemacht. Herausgekommen sind viele tolle Tipps, die wir natürlich niemandem vorenthalten wollen und die Eltern eine Orientierung geben, wie sie die digitalgewordene Kindheit gut begleiten können.

Beim Elternabend selbst haben sich im Gespräch folgende vier Schwerpunkte ergeben, die sich Eltern einzeln vornehmen können:

  1. Kinder und Digitalisierung: Wo können sich Eltern schlau machen?
  2. Kinder und Digitalisierung: Müssen wirklich alle Kinder Programmieren lernen oder: Welche (digitalen) Kompetenzen brauchen Kinder wirklich?
  3. Kinder und Digitalisierung: Ab wann und was sind mögliche erste Schritte?
  4. Kinder und Digitalisierung: Wie können Eltern ihr Kind schützen?

Dem vierten Themenblock rund um „sicheres Surfen“ widmet das scoyo ELTERN! Magazin mit verschiedenen Artikeln bereits ein besonderes Augenmerk:

Wir wissen aber auch, dass neben ganz konkreten Tipps zur Sicherheit im Netz, Eltern beim Thema „Kinder und Digitalisierung“ gar nicht wissen, wo anfangen und wie im Alltag die Digitalkompetenz der Kinder (und von einem selbst) stärken.

Deshalb hat die scoyo ELTERN!-Magazin-Redaktion die 10 wichtigsten Alltags-Tipps zusammengeschrieben, mit denen Eltern die Orientierung in der „digitalen Erziehung“ behalten können:

Nicht jedes Kind muss programmieren können. Grundlegendes Verständnis für Algorithmen ist aber hilfreich.
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1. Aufatmen: Nicht jedes Kind muss Profi-Programmierer werden!

Für Kinder in der Digitalisierung ist es dennoch wichtig, ein grundsätzliches Verständnis für digitale Technologien und ihre Funktionsweisen zu schärfen. Denn Digitalkompetenz oder Medienkompetenz bedeutet nicht, Tablet, Smartphone und Co. grundsätzlich bedienen zu können. Vielmehr ist es wichtig zu wissen, was im Netz mit persönlichen Daten passieren kann, wie Unternehmen im digitalen Raum Geld verdienen (Daten sind die neue Währung) oder auf welchen Link man lieber nicht klicken sollte. Alles in allem geht es darum, das Kind mit Selbstbewusstsein auszustatten, damit es souverän im digitalen Raum unterwegs sein kann – ohne Berührungsängste.

2. Selbst bei Elternbloggern und Initiativen schlau machen.

Gerade Elternblogger geben einen wunderbaren Einblick in ihren Alltag, in dem auch sie sich tagtäglich mit der „digitalen Erziehung“ herumschlagen. Artikel über Regeln, die funktionieren oder hilfreiches “Elternwissen” über Apps und neue Programme, finden sich zahlreich:

  • Katja Reim zeigt auf ihrem Blog meincomputerkind.de tolle Ideen für die “Medienerziehung”; zum Beispiel, wie sie ein Puppenfoto auf die Reise im WWW schickte, um ihrer Tochter zu zeigen, wie schnell sich Daten und Bilder (auch verfälscht) verbreiten können.
  • Die absoluten App-Hits bei Kindern und Jugendlichen, „Instagram“ und „Muiscal.ly“, nehmen berlinmittemom.com und minimenschlein unter die Lupe, erklären alles Wissenswerte und haben die Regeln aufgeschrieben, die bei ihnen funktionieren.
  • Die scoyo ELTERN!-Magazin-Redaktion hat sich die App „Snapchat“ vorgenommen und erklärt Eltern die wichtigsten Einstellungen und Funktionen.
  • Tolle DIY-Ideen mit und für digitale Geräte gibt es auf digitalparents.at – zum Beispiel, wie man die Digitalkamera mit dem Kind erkunden und dabei gleichzeitig den Sinn für sogenannte „fake news“ schärfen kann.
  • Auch die Initiative des Bundesfamilienministeriums, ARD, ZDF und TV Spielfilm, SCHAU HIN! bietet auf ihrer Webseite viele hilfreiche Allgemeininformationen sowie alltagstaugliche Tipps und Empfehlungen.
Elternblogger verraten viele tolle Tipps, wie Kinder digital mündig werden können
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3. Medienerziehung ist wie Verkehrserziehung.

Kinder müssen von klein auf lernen, wie neue Medien funktionieren und welche Regeln es zu beachten gibt. Denn auch die sogenannten digital natives sind nicht von Geburt an echte Profis, was kritische und aufgeklärte Mediennutzung angeht. Das „Surfschein-Quiz des Internet-ABCs“ für Grundschulkinder ist hier ein guter Anfang, um das Kind für Chancen und Gefahren zu sensibilisieren. Ein Einsteiger-Wissens-Paket sozusagen, kindgerecht erklärt.

4. Es gibt keine „Goldenen Regeln“ für die Mediennutzung, lediglich Orientierungshilfen.

Denn Regeln können sich immer nur am Entwicklungs- und Wissensstand des Kindes orientieren, wenn sie vom Kind wirklich als gerecht empfunden werden können und damit funktionieren. Die Regeln müssen also individuell und von Kind zu Kind angepasst werden. Das scoyo ELTERN! Magazin hat mit der Initiative SCHAU HIN! einen Mediennutzungs- und -kompetenztest entwickelt, der Eltern dabei hilft, ihr Kind in Bezug auf seine Medienkompetenz einzuschätzen, um darauf basierend Regeln zu erstellen. Ein Nutzungsvertrag kann dabei helfen, dass sich alle an die Regeln halten. Eine von der Redaktion entwickelte Vorlage finden Sie hier.

5. Vertrauen schaffen, um das Selbstvertrauen zu stärken.

Nur mit einer Portion Souveränität können wir alle auf unvorhergesehene Situationen reagieren. Und diese werden Ihrem Kind sowohl in der analogen als auch der digitalen Welt begegnen. Indem Sie als Eltern für Ihr Kind immer ein vertrauensvoller Ansprechpartner sind, geben Sie Ihrem Kind das Gefühl, dass es immer zu Ihnen kommen kann. Auch wenn es Mist gebaut hat. So nehmen Sie Ihrem Kind die Angst, die das hilfreiche, intuitive Bauchgefühl oftmals überdeckt.

Grundlegende Werte helfen Kindern, sich sicher in vielleicht auch ungewohnten Situationen zu verhalten.
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6. Soziale Kompetenzen fördern, Werte bilden

Kommunikation und Handlung sind im digitalen Raum nicht mehr richtig „greifbar“ und werden abstrakt. Im Online-Shop legen wir zunächst imaginäre Waren in den Warenkorb und bestellen sie, in Chatgruppen kommunizieren wir mit anderen Personen, sehen und hören sie aber nicht mehr direkt. Deshalb ist es wichtig, Kindern grundsätzliche Werte für alle Handlungen – on-&offline – mitzugeben. Zum Beispiel: Wie behandle ich andere Menschen, wie möchte ich selbst behandelt werden? Wo liegt die Grenze zwischen „verarschen“ und „mobben“?

Wichtig in dem Zusammenhang ist es auch, Kinder für den Wert digitaler Geräte und deren Wertschätzung zu sensibilisieren. Bloggerin Alu von grossekoepfe hat es mit ihrer Tochter beispielsweise so gehandhabt, dass sie sich ihr erstes Smartphone selbst kaufen musste.

7. Mit den Kindern gemeinsam lernen.

In der „digitalen Erziehung“ können und müssen Sie nicht immer der allwissende Superheld sein. Ihr Kind wird schnell merken, wenn Sie keine Ahnung haben. Dann schwindet das Vertrauen. Was allen hilft, ist gemeinsam zu lernen. Lassen Sie sich von Ihrem Kind erzählen, welche Apps und Programme gerade angesagt sind, was daran so faszinierend ist und was Ihr Kind genau damit machen möchte. Dabei können Sie gemeinsam Vor- und Nachteile besprechen und so Ihr Kind stärken.

8. Kindern beibringen, zu priorisieren und Entscheidungen zu treffen

Nur weil die Kommunikation über verschiedenste Kanäle heute in Echtzeit ablaufen KANN, MUSS sie nicht auch in Echtzeit beantwortet werden. Ist auch nicht möglich. Deshalb ist es wichtig, dass Kinder lernen, Wichtiges von Unwichtigem zu trennen, Prioritäten zu setzen und auch mal etwas sein zu lassen. Zum Beispiel, nicht sofort auf die WhatsApp im Klassenchat zu antworten, sondern weiter das Buch zu lesen oder mit Geschwistern oder Freunden zu spielen. Andernfalls sind Kinder von klein auf 24 Stunden minus Schlafenszeit gestresst und können sich nicht konzentrieren.

Das richtige Toolkit für Kinder in der Digitalisierung beinhaltet vor allem viele soft skills wie Priorisieren können und Selbstvertrauen entwickeln.
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9. Vorbild sein

Gerade in Bezug auf Wertebildung, Priorisieren und Regeln hilft es immens, selbst mit gutem Beispiel voran zu gehen. Gleichzeitig können Sie Ihrem Kind den klugen Einsatz der vielen digitalen Helferlein ganz natürlich beibringen, sodass es digitale Technologien von Beginn an aktiv für sich nutzen lernt.

10. Experten fragen, selbst Elternabende organisieren

Auch wenn es Ihnen vielleicht manchmal so vorkommen mag: Sie sind nicht allein mit den Herausforderungen, die Kindererziehung in der Digitalisierung mit sich bringt. Es gibt viele Experten, die genau darauf spezialisiert sind, Eltern bei dem Thema an die Hand zu nehmen. Warum also nicht selbst einen Elternabend organisieren? Die Schule wird sich über Ihre Initiative wahrscheinlich freuen, andere Eltern mindestens genauso sehr. Die Initiative klicksafe hat auf ihrer Webseite eine Übersicht für Anlaufstellen in den verschiedenen Bundesländern zusammengestellt.

Internet für Kinder: 7 Dinge, die Eltern mit Kindern besprechen sollten

Katharina Looks

Kinder sollten mit dem Internet vertraut gemacht werden.
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In Zeiten der Digitalisierung ist es heute wichtiger denn je, Kinder mit dem Internet vertraut zu machen. Doch was ist besonders wichtig, was müssen sie wissen, um sich im Netz zurechtzufinden? Wir geben 7 Tipps.

Ein Reflex von uns Eltern ist oft, all diese Gefahren am liebsten so weit wie möglich von unseren Kindern fernhalten zu wollen. Klar. Aber, die Zukunft ist digital und macht zugegeben auch vieles leichter (z.B im Familienmanagement 2.0). Wie jeden Fortschritt können wir die technologische Entwicklung auch als Chance begreifen. Und unsere Kinder so gut wie möglich aufklären, vorbereiten. Damit das Internet für Kinder ein so sicherer Ort wie möglich ist, haben wir Ihnen 7 Tipps zusammengestellt, wie Sie Ihrem Kind auf ein umsichtiges Verhalten im Internet vorbereiten können.

In diesem Artikel

1. Erklären Sie Ihrem Kind mögliche Geschäftsmodelle im Internet und wofür Unternehmen persönliche Daten nutzen.

Geld verdienen ist für die meisten Anbieter im Netz das Ziel. Auch, wenn es erst nicht so aussieht.
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Stichwort „Daten sind die neue Währung“. Wenn Ihr Kind versteht, dass Firmen mit dem Sammeln und Auswerten von Daten Geld verdienen und Spiele und Apps nicht gratis anbieten, weil sie so nett sind, dann wird es wahrscheinlich genauer überlegen, wo es persönliche Daten preisgeben will. Ebenso wird Ihr Kind genauer überlegen, welche Kommentare und Fotos es weitergibt, wenn es gesehen hat, wie schnell Informationen im Netz verwendet und manipuliert werden können.  

2. Stellen Sie gemeinsam Jugendschutz-Einstellungen ein.


Kinder sollen die digitale Welt erkunden und ihre Erfahrungen sammeln. Sie können Sie aber – wie mit einem Helm – vor dem Schlimmsten schützen, indem Sie relativ einfache Vorkehrungen treffen. Dies gilt für Browser-Einstellungen am Laptop oder PC ebenso wie für Smartphones und Tablets mit Zugang zu einem App-Store. Die Kommission für Jugendmedienschutz empfiehlt das Programm JuSProg, mit dem Eltern entweder nur einzelne Seiten zulassen oder anhand spezieller Filterkriterien bestimmte Arten von Seiten sperren können. In sicherer Umgebung suchen Kinder mit speziellen Kinder-Suchmaschinen wie FragFinn. Unser Tipp: Treffen Sie die Vorkehrungen mit Ihrem Kind gemeinsam. Dann können Sie Ihre Entscheidungen direkt erklären und reflektieren, was im Internet für Kinder wichtig ist. Gleichzeitig entstehen so keine Verbote, die Kinder nicht verstehen und von denen sie sich bevormundet fühlen, sondern eine Art Vertrag, der gemeinsam geschlossen wird. Das gibt Kindern das Gefühl, dass Sie ihre Bedürfnisse und Sichtweisen ernst nehmen und verstehen.

3. Achten Sie auf die Privatsphäre-Einstellungen im Appstore.

Ihr Kind weiß nun, dass die bewusste Weitergabe von Daten im Internet gefährlich werden kann. Aber was ist mit Daten, die unbeabsichtigt weitergegeben werden, wo Nutzer ausgetrickst werden? Diese Falle lauert zum Beispiel bei den unendlich vielen kostenlosen Apps, die mehr oder weniger versteckte Zugriffsberechtigungen erhalten, sobald der Download aktiv wird. So kann es passieren, dass eine App automatisch Zugang zu Kamera, Mikrofon, Adressbuch (!) und GPS bekommt. Sie erinnern sich an das Stichwort „Daten sind die neue Währung“. Prüfen Sie also gemeinsam mit Ihrem Kind vor jedem Download genau, welche Rechte man welchem Programm einräumt, ob man diese Rechte einschränken kann und ob diese App den Preis, den man mit seinen Daten zahlt, wirklich wert ist.

Die Zugriffsrechte können Sie bei Android-Geräten unter „Einstellungen à Apps“ und mit Klick auf die jeweilige App eingesehen und teilweise eingeschränkt werden. Bei Apple geht das unter „Einstellungen à Datenschutz“, wo Sie eine Liste der Dienste finden, auf die Apps zugreifen.

4. Löschen Sie regelmäßig Cookies

Cookies hören sich harmlos an und die meisten Menschen klicken mittlerweile nur noch auf den „Akzeptiert“-Button, wenn die obligatorische Benachrichtigung über den Gebrauch von Cookies auf einer Website auftaucht. Aber auch viele Eltern wissen gar nicht, zu was sie da eigentlich ihre Zustimmung geben.

Cookies sind kleine Textdateien, die jede Website, die Sie über den Browser geöffnet haben, mitsamt der IP-Adresse, des Datums und der Uhrzeit speichern. Je mehr Cookies gespeichert werden, desto genauer wird das Nutzerprofil, welches von Ihnen erstellt werden kann. Also quasi das genaue Gegenteil von dem, was Sie errreichen möchten. Wenn Sie regelmässig die Cookies auf Ihrem PC löschen, verhindern Sie, dass ein so exaktes Nutzerprofil erstellt werden kann und diese Informationen für Werbung genutzt werden. Am besten machen Sie dies mit Ihrem Kind gemeinsam.
Zum besseren Verständnis können Sie auch einmal schauen, wie das Surfen im Netz ohne deaktivierte Cookies aussieht. Besuchen Sie zum Beispiel mal einen Onlineshop, schließen Sie danach das Fenster und öffnen einige andere Seiten. Mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit werden Sie dort Werbung für eben jenen besuchten Onlineshop entdecken. Das zeigt Ihrem Kind ganz praxisnah, wie wichtig es ist, nicht zu viele Spuren im Netz zu hinterlassen.
Ein generelles blockieren von Cookies ist übrigens nicht empfehlenswert, da dies die Nutzung von vielen Websites beeinträchtigt. Machen Sie es sich einfach zur Gewohnheit, vor dem Schließen des Browsers den Verlauf zu löschen.

5. Sprechen Sie über eigene Rechte und über die Rechte anderer.

Ihr Kind hat Rechte im Internet. Alle anderen aber auch. Nur so gelingt gemeinsames kommunizieren und Spaß haben
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Das Internet ist kein rechtsfreier Raum. Und jeder Mensch hat Rechte, die eingehalten werden müssen. Im Netz muss niemand Angaben über Daten machen, die er nicht preisgeben möchte. Niemand kann dazu gezwungen werden, seine Adresse oder sein Geburtsdatum herauszugeben. Sind diese zwingend für ein Angebot abzugeben, heißt es, abzuwägen, was es mir wert ist – mit wieviel persönlichen Angaben ich also bezahlen möchte – um ein Spiel oder eine App zu nutzen. Heißt auch, dass keine dritte Person Informationen oder Bilder von mir teilen darf, ohne meine Zustimmung. Das gilt aber auch andersherum: Auch ich selber muss die Rechte von anderen schützen – darf also keine Bilder von meinen Freunden, Klassenkameraden, Geschwistern (!) verbreiten, ohne vorher zu fragen. Übrigens gilt dies nicht nur für öffentliche Seiten, sondern auch für Messenger-Dienste wie WhatsApp oder für E-Mails. Persönliche Daten von Dritten dürfen ohne Einverständnis nicht weitergegeben werden! Machen Sie das Ihrem Kind bewusst.

6. Ein gutes Passwort ist der wichtigste Kinderschutz im Internet

Wie oben bereits angesprochen: Verwenden Sie möglichst sichere Passwörter für soziale Netzwerke, E-Mail-Konten und andere Profile, um Datenklau so schwer wie möglich zu machen. Ideal sind Passwörter aus mindestens 8 Zeichen, die Buchstaben (klein und groß), Sonderzeichen und Zahlen enthalten. Der eigene Name, das Geburtsdatum oder passwort123 sind also keine so gute Idee. Es ist zwar umständlich, aber am besten denkt man sich einfach eine Kombination aus Buchstaben und Zahlen aus, die für Außenstehende keinen Sinn macht. Zum Beispiel die Anfangsbuchstaben der Eltern und/oder Geschwister + Sonderzeichen + Zahlen. Vielleicht hat Ihr Kind ja sogar Spaß daran, sich eine möglichst unsinnige Reihe auszudenken. In Verschlüsselungsprogrammen wie Keypass können Sie die Passwörter für alle Plattformen speichern. Denn: jeden Dienst sollte man im Sinne eines guten mit einem anderen Passwort sichern.

7. Seien Sie ein vertrauensvoller Ansprechpartner.

Kindern lernen von uns Eltern.
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Kinder lernen umsichtigen von Vorbildern, also von uns Eltern. Heißt also, auch wir sollten unsere Kinder zum Beispiel fragen, bevor wir Bilder von ihnen online stellen, ebenso wie wir sichere Passwörter für unsere Accounts nutzen sollten (auch wenn es lästig ist). Gleichzeitig ist es hilfreich, digitale Technologien immer wachsam zu nutzen und mit Ihrem Kind zu teilen, was Ihnen auffällt. Das schafft wichtiges Vertrauen und ist wichtig, damit Ihr Kind sich mit Fragen an Sie wendet und nicht versucht etwas allein zu lösen. Béa Beste nennt das „Co-Learning“, das Konzept: In der „digitalen Erziehung“ können und müssen Sie nicht immer der allwissende Superheld sein.

Mit diesen 7 Tipps zur digitalen Erziehung können Sie Ihren Nachwuchs optimal auf die ersten eigenen Erfahrungen im Internet vorbereiten. Ergänzend dazu empfehlen wir unseren Artikel “Sicheres Internet für Kinder: Warum Datenschutz auch für die Kleinen ein großes Thema ist” Und wir sind uns ganz sicher: Schon bald werden sich Ihre Kinder im Internet fast ebenso gut auskennen und mit so viel Vorsicht unterwegs sein wie Sie selbst.

Interview mit Stefan Schellenberg von JusProg: Filterschutz für ein sicheres Internet

Katharina Looks

JusProg schützt vor Erotik- und Gewaltinhalten im Internet
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JusProg ist das erste Filterschutzprogramm, das den Kritierien des Jugendmedienstaatsvertrags entspricht. Wir sprachen mit dem Mitgründer Stefan Schellenberg über JusProg und Jugendschutz im Internet.

scoyo: Herzlichen Glückwunsch zu der positiven Bewertung Ihrer Filterschutz-Software JusProg durch die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM). Das war ein großer Schritt in Richtung einer offiziellen Anerkennung. Was hat Sie dazu bewogen eine Filterschutzsoftware für Kinder zu entwickeln?

Schellenberg: Wenn man mit den Augen der Eltern guckt, dann sind Jugendschutzprogramme das wirksamste technische Mittel zur Unterstützung der Medienerziehung der Kinder. Ich habe selbst zwei Kinder im entsprechenden Alter und weiß, dass Eltern zunächst ziemlich egal ist, in welchem Land eine Website betrieben wird, ob sie im Einzugs- bereich deutscher Jugendschutzgesetzgebung und in Reichweite deutscher Aufsicht liegt und was es sonst noch an politischen Interessen gibt. Viele Eltern wünschen sich schlicht ein technisches Tool, das funktioniert und möglichst kostenfrei ist – das können derzeit nur Jugendschutzprogramme leisten. Dieses Tool zu schaffen und anzubieten ist die Idee von JusProg und übrigens auch ein wesentliches Ziel des gültigen Jugendmedienschutzstaatsvertrags aus dem Jahr 2003.

scoyo: Es gibt unterschiedliche Filter-Verfahren im Internet. Es gibt White- und Blacklist- verfahren, bei denen eine manuelle Auswahl von Websites vorgenommen werden und es algorithmusbasierte Verfahren, bei denen Websites auf Basis von Keywordanalysen beurteilt werden. Wie funktioniert JusProg?

Schellenberg: Mit einem Verfahren allein lässt sich kein wirksames Jugendschutz- programm machen, deshalb kombiniert das JusProg-Jugendschutzprogramm alle diese Systeme. Wesentlich ist dabei die Priorität: Ganz oben steht die Eltern-Entscheidung, denn Eltern können für ihre Kinder mit eigenen individuellen White-/Blacklists in der Software Websites freigeben oder sperren, egal was das System sonst tun würde. Dann kommt die Altersklassifizierung, die der Website-Betreiber ggf. selbst für seine Website vorgenommen hat (dafür gibt es ein spezielles Label, das sogenannte age-de.xml), denn er kennt seine Inhalte am besten und ist bei potenziell problematischen Inhalten in Deutschland verpflichtet, sich von einem Jugendschutzbeauftragten beraten zu lassen. Erst wenn weder Eltern noch der Anbieter selbst die Website bewertet haben, dann kommt die JusProg-Filterliste zum Tragen. Der Vollständigkeit halber: Auch die Indizierungsliste der Bundesprüfstelle BPjM ist integriert.

In der Altersgruppe bis 12 Jahren werden nur die Websites erlaubt, die auf der von Medienpädagogen betreuten Kindersuchmaschine fragFINN eingetragen sind. Ab der Altersstufe 12 ist der Surfraum weit größer, dann werden alle Websites angezeigt, die nicht mit höherer Alterseinstufung auf der JusProg-Filterliste stehen. Die Filterliste ist mittlerweile ziemlich groß und wird permanent sowohl von menschlichen Netagents als auch von automatisierten Spidern gepflegt. Die Spider arbeiten mit verschiedenen Algorithmen, aber sind naturgemäß nicht fehlerfrei – deshalb hat die menschliche Bewertung immer Vorrang.

Übrigens: Eltern dürfen und sollen die Altersklasse wählen, die zu ihrem Kind und zu ihren medienpädagogischen Zielen passt – das muss nicht unbedingt dem tatsächlichen Alter entsprechen. Es gibt viele Eltern, die auch für jüngere Kinder die Altersstufe 16 wählen, da sie nur die ganz harten Fälle aus dem Netz gefiltert bekommen wollen und über alle anderen lieber mit Ihrem Kind sprechen. Andererseits ist mancher 13jährige noch besser bei der fragFINN-Suchmaschine aufgehoben. Diese Entscheidung können Eltern am besten treffen.

scoyo: Der starke Arm des Gesetzes verliert rapide an Kraft jenseits der bundesdeutschen Grenze. Das Internet macht aber nicht Halt vor Landesgrenzen. Müssen wir uns damit abfinden, dass der Staat seine Rolle als oberster Jugendschützer sukzessive einbüßen wird?

Schellenberg: Der Staat ist in unserem Rechtssystem ohnehin nicht der oberste Jugendschützer und wird es hoffentlich auch nie werden. Nach Grundgesetz und auch nach allen Jugendschutzgesetzen liegt die Erziehungshoheit bei den Eltern, und das ist gut so. Jugendschutz im Internet muss immer so funktionieren, dass er Eltern bei der Wahrnehmung ihrer Aufgabe unterstützt – statt Eltern oder Kinder zu bevormunden. Auf dieser Grundlage arbeitet das JusProg-Jugendschutzprogramm und kümmert sich dabei natürlich um problematische Websites völlig unabhängig von ihrem Serverstandort.

scoyo: Sie wurden in den vergangenen Wochen u.a. von der taz scharf attackiert. Ihnen wurde vorgeworfen, Sie betrieben mit JusProg Klientelpolitik der Erotikanbieter, und das Blacklisting-Verfahren sei intransparent. Was sagen Sie zu diesen Vorwürfen?

Schellenberg: Leider werden Jugendschutz-Themen im Internet sehr emotional diskutiert und es werden häufig schneller Halbwahrheiten im Netz verbreitet als richtig recherchiert – bei JusProg hat die taz z. B. nicht nachgefragt. Wer wie z. B. Heise.de sich mit den Fragen fachlich auseinandersetzt, kommt zwangsläufig zu einem differenzierteren und meist auch inhaltlich zutreffenderem Bild. Aber zum Kern der Frage: JusProg e.V. ist ein seit 2003 gemeinnützig arbeitender Verein, der von Internet-Unternehmen verschiedenster Branchen getragen und finanziert wird. Zu den Mitgliedern gehören der weltgrößte Computerspiele-Anbieter, zwei der größten deutschen Zeitschriften- und Zeitungsverlage, einer der größten deutschen Online-Payment-Anbieter, um nur einige Beispiele zu nennen. Natürlich leisten auch namhafte seriöse Erotik-Unternehmen ihren Beitrag – aber was ist daran verwerflich, wenn diese wie die anderen Unternehmen mit der Finanzierung des JusProg-Jugendschutzprogramms ihren Verpflichtungen aus dem Jugendmedien- schutzstaatsvertrag nachkommen? Aufbau und Betrieb des JusProg-Jugendschutz- programms haben bereits einen 7-stelligen Euro-Betrag gekostet – und trotzdem wird das System gebühren- und werbefrei an Eltern, Lehrer usw. verschenkt. Wirksamer Jugendschutz mit Eltern als höchstem Souverän, darum geht es.

Wer für seine Kinder das Internet als rechtsfreien Raum ohne jede Schranke und jeden Schutz begreifen will oder rein auf die Medienkompetenz seiner Kinder setzt, der braucht die JusProg-Software nicht zu installieren. Aber es gibt in Deutschland sehr viele Eltern, die ihre Medienerziehung mit einem wirksamen Tool unterstützen möchten. Denen schenken wir das JusProg-Jugendschutzprogramm mit kostenlosem Download und kostenlosen täglichen Updates der Filterlisten.

Download der JusProg-Jugendschutzsoftware hier
Link: https://www.jugendschutzprogramm.de/download-2/

Über Stefan Schellenberg

Mitbegründer des JusProg e. V. © Stefan Schellenberg Stefan Schellenberg ist Mitbegründer des JusProg e. V. Der Verein hat sich zum Ziel gesetzt, eine Filtersoftware, die dem Jugend- medienschutzstaatsvertrag entspricht, zu entwickeln und kostenfrei zur Verfügung zu stellen.

Im August diesen Jahres verkündete die Kommission für Jugendschutz, dass JusProg den Kriterien des Staatsvertrags enspricht und offiziell anerkannt wird, sobald das Filterschutzprogramm „faktisch umgesetzt” ist.

 

Kinder und Computer – wie viel Medienzeit ist gesund?

Katharina Looks

Viele Eltern sind unsicher, was den optimalen Medienkonsum angeht.
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Kinder und Computer ist ein Thema mit Konfliktpotenzial. Wie lange ist zu viel und wie löst man Reibereien, wenn die Kids am liebsten den ganzen Nachmittag vor dem PC sitzen würden?

In diesem Artikel

5 Tipps für Eltern: Worauf achten beim Thema “Kinder, Computer und Medienzeiten”? 

Kinder & Medien: Wie sieht es zu Hause aus?

Wir von scoyo haben Eltern gefragt, wie ihre Kinder Medien nutzen dürfen. Das Ergebnis: Eltern geraten unter Druck, wenn es um die Mediennutzung geht. In jedem dritten Haushalt belasten Konflikte über den Umgang mit dem Computer das Familienleben.*

Außerdem wollten wir wissen, wie Eltern die Mediennutzung handhaben. Geben sie Regeln vor? Die Studie zeigt, dass 95 Prozent der Befragten* “voll und ganz” der Meinung sind, dass die Computerzeit begrenzt sein sollte.

Unsicherheit dagegen herrscht bei der Frage, wie eng Eltern ihre Kinder beim Umgang mit Computer und Laptop begleiten sollten: 71 Prozent der Befragten meinen, Kinder zwischen 6 und 12 Jahren sollten den Computer nur im Beisein ihrer Elter nutzen. Immerhin 41 Prozent sind jedoch der Ansicht, dass Kinder auch alleine Zeit vor dem Computer verbringen sollten, um eigene Erfahrungen zu sammeln.

5 Tipps vom Experten: Worauf Eltern achten sollten, wenn es um Kinder und Computer geht

Wir haben den Medienpädagogen und Erziehungswissenschaftler Prof. Dr. Norbert Neuss um Rat gefragt. Prof. Neuss leitet den Studiengang “Bildung und Förderung in der Kindheit” der Universität Gießen und ist Gründungsmitglied und Beisitzer im Vorstand des Blickwechsel e.V.. Er hat zahlreiche medienpädagogische Forschungsprojekte und Publikationen veröffentlicht und ist selbst Vater von zwei Kindern, die in die vierte und fünfte Klasse gehen.

In dem Interview haben sich vor allem fünf Tipps des Medienexperten als wertvoll und wichtig herauskristallisiert:

Tipp 1: Zeiten festlegen – je nach Alter und Nutzung ein bestimmtes Budget

Regeln aufstellen, z. B. mit einem Eltern-Kind-Vertrag

Prof. Dr. Norbert Neuss empfiehlt Eltern, mit ihren Kindern feste Zeiten zu vereinbaren, in denen Medien wie Fernsehen, Computer und Internet genutzt werden können. “Am wirksamsten sind solche Regeln, wenn sie gemeinsam ausgehandelt werden”, sagt der Pädagoge.

Folgende Mediennutzungszeiten geben einen Orientierungswert für verschiedene Altersklassen:

  • 4 – 6 Jahre: ca. 20-30 Minuten pro Tag
  • 7 – 10 Jahre: ca. 30-45 Minuten pro Tag
  • 11 – 13 Jahre: ca. 60 Minuten pro Tag

“Bei Heranwachsenden ab 14 Jahren kann das Bewusstsein für die medialen Aktivitäten durch ein gemeinsam verabredetes Medienbudget pro Woche geschärft werden”, sagt Prof. Neuss. Dabei bringe es aber nichts, Medien einfach zu verbieten, ohne die Freizeit anders zu füllen.

“Man muss die Computernutzung im Zusammenhang mit anderen Bedingungen des Aufwachsens von Kindern betrachten. In einer erlebnisarmen, autodominierten Lebenswelt erzeugen Medien einen großen Reiz”, fasst der Experte die Faszination, die von Medien ausgeht, zusammen. “Zeitliche Einschränkungen sind richtig, wenn Kindern dann auch ansprechende Handlungsalternativen angeboten werden“, so Neuss.

Nutzung in den Blick nehmen: Es kommt auch darauf an, was die Kinder online machen

Wenn sie für die Schule lernen, Kurzgeschichten schreiben oder Plakate entwerfen, könnte auch eine Extra-Zeit vereinbart werden. Um herauszufinden, wie gut Ihr Kind schon mit Medien umgehen kann, können Sie auch den scoyo-Medienkompetenz-Test nutzen. Nach Beantwortung der Fragen erhalten Sie individuelle Hilfestellung für die Medienerziehung bei sich zuhause.

Mit der scoyo Lernapp lernen Kinder selbstständig in über 35.000 interaktiven Übungen nach Lehrplan. Und darüber hinaus. Im scoyo Fach “Extrawurst” lernen Kinder zum Beispiel etwas über den Klimaschutz oder verschiedene Kulturen.

Leichter Regeln aufstellen:

Welche Regeln zur Mediennutzung sind wirklich sinnvoll und wie setzt man sie durch? Diese und weitere Fragen stellten wir Kindern, Eltern und Medienpädagogen auf unserem 5. scoyo-Elternabend. Hier können Sie die Diskussion noch einmal online ansehen und erhalten viele praktische Tipps von unseren Experten.

Eine Zusammenfassung in Textform gibt es hier: Leichter Internet-Regeln für Kinder aufstellen

Tipp 2: Medien sinnvoll nutzen

Die Welt der Medien ist heutzutage fast unbegrenzt. Informationen sind immer verfügbar. Umso wichtiger wird die eigene Medienkompetenz und dass Kinder lernen, mit dem üppigen Angebot umzugehen. “Unsere Aufgabe in dieser mediendurchsetzten Informationswelt ist es, Information als Rohmaterial zu begreifen”, sagt Prof. Neuss.

“Wir Erwachsenen selbst, aber auch Heranwachsende, müssen lernen, diese Informationen eigensinnig und eigenständig zu verarbeiten. Bei Kindern geschieht das beispielsweise durch Sprechen, Zeichnen, Nachlesen, Ausdrucken, Beschriften und so weiter.” Dabei sind nicht alle Medieninhalte gleich wertvoll.

“Wenn Kinder Spaß mit Wissens- oder Lerninhalten haben, ist das großartig”, findet Professor Neuss. “Damit Lerninhalte für Kinder möglichst viel zur Entwicklung beitragen, ist es wichtig, dass sie an vorhandenes Vorwissen anschließen und als Informationen verarbeitet werden können”, so der Pädagoge. “Egal, ob es um digitale oder analoge Lerninhalte geht. Kinder müssen in der Lage sein, die Information zu verarbeiten!”

Deshalb ist es insbesondere für Grundschulkinder wichtig, dass das Online-Lernprogramm kindgerecht gestaltet ist, damit die Schüler motiviert dranbleiben. Außerdem sollte die Lernumgebung werbefrei sein – verschiedene Siegel weisen auf die Qualität des Angebots hin.

Tipp 3: Auf eine geschützte Umgebung achten (Filtersoftware und Familiencomputer)

Unterscheiden zwischen Online- und Offline-Medien

In der Umfrage zur Computernutzung von forsa und scoyo zeigte sich, dass viele Eltern verunsichert sind, wenn es um die Computernutzung ihrer Kinder geht. “Es kommt auch darauf an, ob der Computer online oder offline genutzt wird”, findet Prof. Neuss. Bei der Offline-Nutzung sei es den Eltern in der Regel bekannt, welche Spiele oder Anwendungen das Kind nutzt. “Daher ist eine selbstständige Nutzung durch das Kind leichter verantwortbar”, findet der Erziehungswissenschaftler.

Sobald das Internet ins Spiel kommt, wird es komplizierter. “Wird der Rechner zum Surfen im Internet genutzt, kann es leicht passieren, dass Kinder auf entwicklungsbeeinträchtigende Seiten gelangen. Um das zu verhindern, können Eltern eine Filtersoftware installieren”, empfiehlt Prof. Neuss. Das Programm lässt dann nur bestimmte Aufrufe auf diesem Computer zu.

Geeignete Filter:

  1. Die kostenlose Filtersoftware JuSProg, die über www.jugendschutzprogramm.de kostenlos als Download bereitsteht.
  2. Die Software des Anbieters t-online, die das Festlegen eines Kinderprofils und das Einrichten eines Surfzeit-Budgets ermöglicht.

“Beide Filterprogramme wurden von der Kommission für Jugendmedienschutz der Landesmedienanstalten (KJM) 2012 als Jugendschutzprogramm gemäß § 11 Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV) anerkannt”, so der Experte. Sie gelten also als sicher und können die Einhaltung des Jugendschutzes gewährleisten.

Neuss rät zu einem gemeinsamen Familiencomputer

“Kinder sollten möglichst lange keinen eigenen Computer besitzen”, rät der Professor. Die Erfahrung zeige, dass beispielsweise ein eigener Fernseher im Kinderzimmer eher schade. “Ein eigener Fernseher ist mit drei fragwürdigen Konsequenzen verbunden: die Nutzungszeiten verlängern sich erheblich, die Kinder nutzen das Gerät zu späteren Tageszeiten und unkontrolliert”, fasst Prof. Neuss zusammen. Sein Fazit: “Dies ist auch beim Computer zu erwarten und sollte vermieden werden.”

Tipp 4: Auf Gefahren hinweisen 

“Den meisten Eltern ist ihre Verantwortung, Kinder bei der Computernutzung zu begleiten, sehr bewusst”, fasst Prof. Neuss zusammen. Neben den zeitlichen Nutzungsgrenzen und der gemeinsamen Nutzung des Computers sieht er zwei wichtige Aufgaben in der familiären Medienerziehung:

“Es kommt darauf an, dass Eltern ihren Kindern gerade bei der Internetnutzung verschiedene Regeln und Gefahren verdeutlichen, wie etwa beim Chatten oder in sozialen Netzwerken“, findet Prof. Neuss. “Ich würde Eltern empfehlen, mit ihrem Kind gemeinsam die Profileinstellungen in sozialen Netzwerken durchzugehen. Mein Rat: Das persönliche Profil nur dem engsten Freundeskreis zugänglich machen und möglichst wenig persönliche Daten und Fotos im Profil ablegen!”, sagt Prof. Neuss.

Tipp 5: Selbst ein gutes Vorbild sein

In Zeiten von Facebook und Internet sorgt das Thema Medienzeit zu Hause zunehmend für Streit. Was rät also ein Experte wie Professor Neuss Eltern von heute? “Wie eine Studie vor Kurzem gezeigt hat, besteht ein gewisses Medien-Suchtpotenzial“, berichtet der Medienexperte. “Das Suchtpotenzial vergrößert sich, wenn Kinder aus sozial schwächeren Schichten kommen, in denen ein negatives Familienklima herrscht und wenn Kinder ohne Regeln früh eigene Laptops, Spielkonsolen und Smartphones besitzen.”

Dabei ist der Umgang mit Medien heutzutage ein wichtiger Bestandteil der Erziehung: “Wie in anderen Erziehungsfragen auch geht es darum, auf der Basis einer vertrauensvollen Beziehung gemeinsame Verabredungen zu treffen und klare Regeln einzuhalten”, sagt Prof. Neuss. “Dies kann aber nur gelingen, wenn die Eltern selbst auch einen kontrollierten Medienumgang pflegen”, hebt er hervor. “Frei nach dem Motto: „Wenn die Eltern glotzen bis in die Puppen, wollen das die Kinder auch.”

Der beste Weg zu einer gesunden und förderlichen Mediennutzung liegt also in der Hand der gesamten Familie. Das zeigte auch eine FACT-Umfrage unter 1.014 Kindern und Jugendlichen zwischen sechs und 14 Jahren im Auftrag von scoyo in Kooperation mit dem Kindermagazin ZEIT LEO. 89 Prozent der Befragten finden Regeln zur Medienzeit nämlich völlig in Ordnung – wenn diese für alle Familienmitglieder gelten.

Weitere Tipps & Infos zur Medienzeit und -nutzung

Prof. Dr. Norbert Neuss © F. Tilemann Prof. Dr. Norbert Neuss empfiehlt folgende Informationsangebote für Eltern und Familien:

Fernsehsendungen für Kinder: www.flimmo.de

Informationen zur Kinder- und Jugendliteratur und Kinder- und Jugendmedien: www.kinderundjugendmedien.de

Kindgerechte Nutzung des Internets: www.blinde-kuh.dewww.seitenstark.de und www.internet-abc.de

Ratschläge zur Medienerziehung: www.schau-hin.info

Prof. Dr. Norbert Neuss: Professor Neuss persönlicher Tipp für Eltern und Lehrer: “Vielleicht ist es sinnvoll, im Kindergarten oder in der Grundschule mal einen Informationsabend zu diesem Thema zu organisieren. Hierzu empfehle ich einen Referenten unseres medienpädagogischen Vereins “Blickwechsel” (www.blickwechsel.org).”

*Die Zahlen sind das Ergebnis repräsentativer Umfragen, die forsa im Auftrag von scoyo durchführte. Befragt wurden jeweils 1001 Personen im Alter von 25 bis 59 Jahren mit Kindern unter 18 Jahren im Haushalt.

Interview: Digitale Medien ab der Grundschule? Unbedingt!

Katharina Looks

Neue Medien bringen neue Impulse und Möglichkeiten
© contrastwerkstatt – Fotolia.com

Die Bundesregierung will die Digitalisierung in Schulen vorantreiben und hat dafür unlängst einen Gesetzesentwurf ausgearbeitet. Gegner schieben Panik. scoyo-Geschäftsführer Daniel Bialecki hält das für Unsinn.

“Die Bundesregierung fordert Computer für den Unterricht”, heißt es auf Spiegel Online. Regeln soll das ein Länderstaatsvertrag. Breitband-Internet für alle Schulen, Informatik ab der Grundschule und Algorithmen als Pflichtkurs wären die Folge. Was halten Sie davon?

Daniel Bialecki: Ich finde das prinzipiell gut, weil sich etwas bewegt. Auch finde ich gut, dass der Bund sich einschaltet, denn der Föderalismus ist schlichtweg ein Problem in unserem Bildungssystem. Gleichzeitig mache ich mir aber ein wenig Sorgen um die Umsetzung: Bis ein Staatsvertrag durch ist, kann es noch eine ganze Weile dauern. 

Interessant finde ich dabei aber vor allem, was das im Umkehrschluss bedeutet: “Von allein geht’s nicht!” Das heißt, der Staat muss eingreifen, um uns aus dem Mittelfeld im internationalen Vergleich herauszubringen. Allein aus den Schulen heraus funktioniert das nicht. Das hat sicherlich viel mit den zur Verfügung stehenden finanziellen Mitteln zu tun. Ohne eine gute Lehrerausbildung wird das Ganze jedoch ebenso wenig funktionieren. Vor allem hieran sollte gearbeitet werden. Und schneller sollte, nein, muss es gehen.

Warum ist es Ihrer Meinung nach so wichtig, die Digitalisierung in Schulen voranzutreiben?

Daniel Bialecki: Das Internet und die digitalen Medien generell sind aus der zukünftigen Entwicklung nicht mehr wegzudenken. Sie sind das größte Kulturgut unserer Zeit, und sie bergen enorm viele Vorteile. Wir können mit digitalen Medien unter anderem besser Zusammenhänge verdeutlichen, als es ein Buch je können wird. Aber natürlich werden auch Neue Medien allein nicht funktionieren. Der Mix macht’s. Und wenn wir irgendwann den besten Nutzen aus diesem Kulturgut ziehen wollen, müssen wir die jüngeren Generationen an die Neuen Medien heranführen.

Nun gibt es auch einige, die gegen digitalen Medien in Grundschulen sind. Ganz vorn dabei sind die Autoren Gerald Lemke und Ingo Leipner („Die Lüge der digitalen Bildung – Warum unsere Kinder das Lernen verlernen“). Sie behaupten, dass digitale Hilfsmittel bis zum 12. Lebensjahr keine nennenswerten positiven Effekte haben – Kinder würden sich nur “Wischkompetenzen” aneignen, aber kein Wissen.

Daniel Bialecki: Das ist totaler Quatsch. Zum einen glaube ich das schlichtweg nicht. Echte Beweise bleiben die Autoren nämlich schuldig. Zum anderen halte ich generell nichts von Regeln à la “ab zehn Jahren das machen, ab zwölf Jahren ist das erlaubt”. Entwicklungspsychologisch macht das keinen Sinn, denn jedes Kind ist anders und nimmt Dinge unterschiedlich schnell und gut auf. Letztendlich sind wir Eltern, Schulen und Bildungsanbieter dafür zuständig, Kinder an digitale Medien heranzuführen und sowohl Möglichkeiten als auch Risiken aufzuzeigen. 

Nehmen wir mal das Beispiel des Autofahrens: Jugendliche dürfen erst mit 18 Jahren ihren Führerschein machen. Das ist natürlich gut so. Trotzdem kommen sie vorher schon ihr ganzes Leben mit Verkehrsmitteln in Berührung und lernen so nach und nach, was es mit Regeln auf sich hat, wie man reagieren sollte, welche Gefahren es gibt und so weiter. Das heißt, wir lassen unsere Kinder schon früh am Straßenverkehr (passiv) teilnehmen, besprechen Erlebtes mit ihnen und zeigen auch Risiken auf.

Genau das könnte man auch auf den Bereich der digitalen Medien übertragen. Im Übrigen wäre es sehr sinnvoll, eine Art Prüfung für Medienkompetenz in der Schule einzuführen.

Auch der Journalist Christian Füller schreibt in einer Kolumne für das scoyo-ELTERN! Magazin, dass vor allem das Lernen mit Tablets viele Nachteile birgt, weil die Chat-Funktion oder das Online-Spiel nur einen Finger breit entfernt sind.

Daniel Bialecki: Die Kritik setzt an einer falschen Stelle an. Es geht hier gar nicht darum, aufgrund von Gefahren alles zu verbieten, sondern sich dieser Nachteile bewusst zu sein und die eigenen Kinder darauf vorzubereiten. Natürlich sind alle Medien faszinierend, besonders die digitalen.

In Sichtweite steht doch auch immer der Fernseher, womöglich ein Smart-TV, mit dem Kinder ebenso problemlos ins Internet gehen können und die Wahl zwischen hunderten von Sendern haben. Da gehen wir als Eltern ja aber auch nicht davon aus, dass das Kind gleich wahllos alles konsumiert und nur noch vor dem Fernseher hängt. Bzw. setzen wir dann bestimmte Regeln fest, an die sich unsere Kinder halten müssen.

Was raten Sie also Eltern und Schulen?

Daniel Bialecki: Gezielte Begleitung ist hier mein Tipp, und zwar schon dann, wenn sich das Kind für digitale Medien zu interessieren beginnt. Dafür haben wir zum Beispiel einen Smartphonevertrag erstellt. Den können Eltern ihrem Kind mit dem ersten Handy überreichen und so das Gespräch über die Risiken fördern und Bewusstsein für Gefahren schaffen. 

Um dem Nachwuchs nicht völlig freie Bahn zu lassen (was man im Übrigen niemals tun sollte), gibt es allerhand Instrumente, die Schulen wie auch Eltern nutzen können: von Filtern und Kinder-Suchmaschinen über spezielle Sperrfunktionen von Tablets oder Kinderzugänge mit CodesDie Möglichkeiten sind vielfältig und dienen als Schutz wie der Helm beim Fahrradfahren. Wir müssen sie nur nutzen und uns informieren. 

Ich denke, dass viele von uns Eltern auch Angst vor den Möglichkeiten haben, die das Internet bietet. Es sind ja wirklich unzählige. Und dann kommen immer wieder neue Negativschlagzeilen hinzu, und zwar mehr als positive Meldungen. Da ist viel Stimmungsmache dabei, gerade von Seiten der Medien. Klar, dass das verunsichert.

Über Daniel Bialecki

Daniel Bialecki © scoyo Der gelernte Diplom-Ingenieur ist Geschäftsführer von scoyo, der Online-Lernplattform für Kinder, und seit über 13 Jahren im Bereich der digitalen Wissensvermittlung tätig. Gemeinsam mit Pädagogen und renommierten Geschichtenentwicklern baute er die virtuelle Lernumgebung von scoyo maßgeblich mit auf. Den dreifachen Vater beschäftigt vor allem, mit welchen Methoden bzw. Mitteln man Kindern den Spaß am Lernen erhalten kann. 

Sie möchten Ihren Kindern digitale Medien näherbringen? Diese Artikel könnten Ihnen weiterhelfen:

  1. Medienkompetenz von Kindern beurteilen und individuelle Tipps erhalten: Der große Medienkompetenz-Test!

  2. Digitaler scoyo-Elternabend im Netz (Video): Experten diskutieren über Medienerziehung: Hier das komplette Video anschauen (ca. 50 Minuten) oder die Zusammenfassung inklusive der besten Tipps für die Medienerziehung für Eltern (Schritt für Schritt)

  3. Schritt für Schritt Internet kindersicher machen: So geht´s!

  4. Online lernen mit den richtigen Angeboten: Daran erkennen Sie gute Online-Lernangebote (inklusive Checkliste zum Ausdrucken)

  5. Kinder & Neue Medien – was Eltern alles beachten sollten und woran sie sich orientieren können: Expertentipps von Mediencoach Kristin Langer

Kolumnen zum Thema “digitale Medien in der Grundschule”

Auch Bildungsunternehmerin Béa Beste und Journalist Christian Füller haben sich in der Kolumne “Die Elternflüsterer” mit dem Thema digitale Medien im Unterricht auseinandergesetzt. Hier können Sie die Texte nachlesen:

Blog-Parade digitaler Fortschritt: Fluch oder Segen für unser(e) Bildung(ssystem)?

Auf dem Blog von Flexperto läuft eine Blogparade unter dem Titel “Digitaler Fortschritt – Fluch oder Segen für unser(e) Bildung(ssysteme)?”. Verschiedene Autoren schreiben zum Thema ihre Meinung und verlinken ihren Text unter dem Aufruf. Sehr spannend zu sehen, welch unterschiedliche Blickrichtungen es gibt.